Freitag, 29. November 2019
REGARD: Ride it.
Uuuh ist das ein hässliches Cover! - Also komplett. Da stimmt gar nichts. Eine Schrift und Gestaltung, die ich einer B- bis C-Produktion aus den 80ern zutraue ... und dieses Revival ist auch schon ordentlich lang vorbei.
Geschenkt!
Ride it. hat seine Popularität nicht durch Art-Work bekommen, sondern viral durch eine TikTok-Challenge. Die ich leider auch eher so semi finde. Also ja, da gab's schon die eine oder andere lustige Sequenz. Aber hey, das hatten wir alles auch schon schmissiger ... Nun ja, Memes sind sowas von subjektiv. Da hab ich mich doch neulich sogar mit Typen gestritten, deren Meinung mir eigentlich völlig egal sein sollte. Und dabei geht's doch eigentlich sowieso um nichts. - Denkt man. Ist aber nicht so.
Die kleinen Snippets erzählen nämlich alles über uns und unser Sein. Da stehen meine Freuden, meine Sorgen, meine Kreativität, meine Einsamkeit, mein Leben ziemlich ungeschminkt in der Welt ... auch wenn ich mich noch so sehr unter Albernheit und Ironie verstecke. Wahrscheinlich haben genau deshalb dann doch eher viele Hemmungen sich dort auszutoben. Erfolgreich ist es trotzdem.
Wenn ich also gar nichts aus dieser ganzen Challenge mitgenommen habe, aber den Sound, den hab ich danach definitiv im Ohr. Eigentlich ist die Hook ja sogar schon ordentlich alt. 2008 wurde sie von Jay Sean in die Welt gesetzt. Sogar mit ordentlich Coolness und überraschenden Rhythmusbreak, was man jetzt nicht so von allen Produktionen dieses Sängers behaupten kann.
11 Jahre später. Deep House ist eigentlich vorvorgestern. Irgendwie fühlt es sich trotzdem gut an. So hat das mal geklungen und uns hat's Spaß gemacht. Das ist so dieses besoffene Oktoberfest- und Weihnachtsmarktgefühl, wo ich sogar sentimental bei Modern Talking mitwippe und mich freue, dass ich das alles so in und auswendig kenne.
Tatsächlich finde ich Ride it. subtiler, hypnotischer, besser als nahezu alles, was uns vor dreivierfünf Jahren auf der ganz großen DeepHouse-Welle so angeboten wurde. Hat vermutlich was damit zu tun, dass nicht jede Produktion, die ein bisschen auf Schubidu macht, gleich ein Hit wird. Heute muss man sich doch anstrengen und irgendwie eine Idee haben, um mit dem Lounge-Dance-Sound eine Masse zu erreichen. Hat hier funktioniert.
Mit dem Track kann ich also eine ganze Menge anfangen, was dann aber Ministry of Sound mit dem Video gemacht hat, das ist echt schon ganz schön abartig. Ok - wir wollen so richtig krasses Zeug in die Welt blasen. Muss ja auffallen. Und wir wollen auch zeigen, wie unorthodox die Dance-Jünger sind. Trotzdem sind so viele Bilder in dem Clip eher fragwürdig bis daneben.
Was ist nochmal das Erstrebenswerte an Prostitution? Frauen, die für Geld jedes nur erdenkliche Klischee vorspielen. Und warum nochmal Lesben-Erotik im Hotel? Der zugedröhnte Typ dazwischen, wird am Ende rausgeschmissen, weil er völlig auf seinem eigenen Trip ist...
Faszinierend ist natürlich schon, wie geil der Kumpel ausrastet. Bisschen schade, dass das halt nur auf Droge geht. "Ride it." mal nicht sexuell konotiert sondern chemisch. Ach ja, ein Auto fährt auch noch fleißig durch den Clip - auch eine Form von Riding. Wie gesagt, das was sich Meji Alabi da ausgedacht hat, ist einigermaßen krank. Schön gefilmt - absolut. Und sowas von oberflächlich.
Am Ende liegt der Typ am Boden. The party is over. Er ist jedenfalls glücklich. Dieser Trip hat sich gelohnt. Wenigstens das Gefühl kann ich feiern - raste aus bis du nicht mehr kannst, egal was das Morgen bringt. Leider finde ich den Weg dahin nicht egal.
Freitag, 22. November 2019
Bausa Joshi Mizu Maxwell Produced By The Cratez:
Skifahren
Ich wiederhole mich: So richtig verstehe ich die Kombination von Acts nicht. Zum Beispiel diese hier. Was hat der gutsituierte Middleclass Rapper Bausa eigentlich mit Maxwell zu tun? Beide haben Hits gelandet und gehören zur deutschen HipHop-Creme. Das isses dann auch schon. Es reicht offenbar.
Ich muss natürlich auch nicht alles verstehen. Wenn alle drei gern Skifahren, dann sollen sie es halt tun. Das Musikconsumervolk hat Freude dran. Ist ja auch schön stromlinienförmig produziert. Dancehall-Beat, Marimba, Vocoder, Lyrics die den Überfluss predigen. Gehört natürlich auch in die Kategorie: Große Jungs träumen. Und deutsche Jungs träumen offenbar gern und viel - nicht nur im HipHop.
Logisch gehört auch der Rausch dazu. Der hilft die Unbill des Lebens zu vergessen. Dafür steht Skifahren: Nimm's nich so schwer, hab Spaß und genieße das, was Du kriegen kannst. Nicht fragen, ob es Sinn macht. Heute leben wir.
Passend zum 08/15-Sound-Lyrics-Gemisch das Video. 90er Style. Ätzend dämliche Grafiken. Videotext-Ästhetik (was nochmal war Videotext?) Dass sich HipHop auch hier so 1:1 zu dem bekennt was mal war ohne eigene Idee vom heute oder morgen ... schon ganz schön traurig. Da hilft es auch nicht, dass teure Designer wie J.W. Anderson diese Einfallslosigkeit adeln. Wobei der ja noch einigermaßen hinkriegt seine Inspirationen ins heute zu transportieren.
Eigentlich fällt mir zu Skifahren auch nicht viel mehr ein als Drogen zu nehmen. Oder doch: Ich zieh mir einfach den Scheiß von TJ_beastboy rein. Der hat wenigstens ne Haltung.
Freitag, 15. November 2019
Apache 207: Doch in der Nacht
Das ist schon irgendwie auch erstaunliches Marketing: Apache 207 bringt seine Platte raus ... aber erst zwei Wochen später sind wirklich alle Tracks auch als Einzelstreams/downloads usw. verfügbar. Und obwohl die Komplettsammlung nun schon drei Wochen lang ziemlich weit oben in den Charts rangiert bringt sich Doch in der Nacht als höchster Neuzugang in Stellung. Wohlgemerkt: neben drei anderen Tracks von ihm, die sich schon eine Weile ganz gut halten. Das ist bei allem DeutschRapHype schon einigermaßen ungewöhnlich.
Noch besser: Sogar der selbsternannte Boss Kollegah hat ordentlich das Nachsehen. Ist vielleicht doch nicht nur verkaufsfördernd, wenn man so gar nicht einsichtig ist, dass problematische Lyrics nicht nur was mit Kunstfreiheit zu tun haben.
Apache 207 kommt zumindest bei diesem Track komplett ohne Rüpel-Slang daher. Und deswegen ist seine Geschichte nicht weniger brutal. Zwei, die sich anziehen und abstoßen, die sich brauchen und verlassen ... ein explosives Gemisch, indem die Emotionen hoch und runter kochen. Das fängt Volkan Yaman ganz gut ein. Und schmeißt es - wie durchaus schon einszweimal - auf einen flockigen 90er Jahre Sound.
Bei andern stößt mir das durchaus problematisch auf. Warum immer dieser Rückbezug auf dieses Scheiß-Jahrzehnt, das definitiv auch nicht besser war als das jetzige oder irgendein anderes? Bei Apache finde ich: Och - irgendwie ganz cool. Obwohl es ganz schön nach Snap oder Vorort-Loveparade klingt. Vielleicht ist das der Effekt, den dieser unsägliche Black Eyed Peas Track hervorruft, der super vormacht, wie ich die 90er wirklich auf gar keinen Fall wieder erleben mag. Bei Apache klingt es trotz aller Bezüge und Reminiszenzen doch noch 2019. Vielleicht weil seine eigenwillige Art des Sprechgesangs so vor 25 Jahren einfach nicht vorhanden war?
Oder weil Apache trotz aller Allüren keine Sekunde lang ironisch rüber kommt. Das was er erzählt ist genauso gemeint. Und deshalb trotzdem nicht frei von Widersprüchen. Er schafft es, zu all dem zu stehen. Zu seinen Abfälligkeiten und Gemeinheiten, zu seinen Schwächen und Unsicherheiten. Das ist schon ziemlich groß.
Vielleicht auch, weil Miksu & Macloud es hier einfach mal wieder ordentlich drauf haben: Treibende Background-Melodie, die sofort im Kopf ist und mich nicht mehr loslassen will. Und auch wenn es ein uraltes durchsichtiges Rezept ist - die Breaks und Beateinsätze funktionieren. Immer noch. Hat offenbar mal einen guten Grund gegeben, dass dieser Sound die Massen infizierte.
Vielleicht bin ich aber einfach auch schon viel zu sehr Fan von Apache. Weil er sich von der Menge der Star-Rapper dann doch genügend abhebt, er selbst ist. Und nicht noch schneller, doofer und brutaler sein muss. Kann ich sehr gut mit leben.
Noch besser: Sogar der selbsternannte Boss Kollegah hat ordentlich das Nachsehen. Ist vielleicht doch nicht nur verkaufsfördernd, wenn man so gar nicht einsichtig ist, dass problematische Lyrics nicht nur was mit Kunstfreiheit zu tun haben.
Apache 207 kommt zumindest bei diesem Track komplett ohne Rüpel-Slang daher. Und deswegen ist seine Geschichte nicht weniger brutal. Zwei, die sich anziehen und abstoßen, die sich brauchen und verlassen ... ein explosives Gemisch, indem die Emotionen hoch und runter kochen. Das fängt Volkan Yaman ganz gut ein. Und schmeißt es - wie durchaus schon einszweimal - auf einen flockigen 90er Jahre Sound.
Bei andern stößt mir das durchaus problematisch auf. Warum immer dieser Rückbezug auf dieses Scheiß-Jahrzehnt, das definitiv auch nicht besser war als das jetzige oder irgendein anderes? Bei Apache finde ich: Och - irgendwie ganz cool. Obwohl es ganz schön nach Snap oder Vorort-Loveparade klingt. Vielleicht ist das der Effekt, den dieser unsägliche Black Eyed Peas Track hervorruft, der super vormacht, wie ich die 90er wirklich auf gar keinen Fall wieder erleben mag. Bei Apache klingt es trotz aller Bezüge und Reminiszenzen doch noch 2019. Vielleicht weil seine eigenwillige Art des Sprechgesangs so vor 25 Jahren einfach nicht vorhanden war?
Oder weil Apache trotz aller Allüren keine Sekunde lang ironisch rüber kommt. Das was er erzählt ist genauso gemeint. Und deshalb trotzdem nicht frei von Widersprüchen. Er schafft es, zu all dem zu stehen. Zu seinen Abfälligkeiten und Gemeinheiten, zu seinen Schwächen und Unsicherheiten. Das ist schon ziemlich groß.
Vielleicht auch, weil Miksu & Macloud es hier einfach mal wieder ordentlich drauf haben: Treibende Background-Melodie, die sofort im Kopf ist und mich nicht mehr loslassen will. Und auch wenn es ein uraltes durchsichtiges Rezept ist - die Breaks und Beateinsätze funktionieren. Immer noch. Hat offenbar mal einen guten Grund gegeben, dass dieser Sound die Massen infizierte.
Vielleicht bin ich aber einfach auch schon viel zu sehr Fan von Apache. Weil er sich von der Menge der Star-Rapper dann doch genügend abhebt, er selbst ist. Und nicht noch schneller, doofer und brutaler sein muss. Kann ich sehr gut mit leben.
Freitag, 8. November 2019
Nimo: Karma
Das Cover ist der pure Kitsch. Männerhände (von Nimo?) mit einer Rose in der Hand. Da fängt Rosamunde Pilcher sofort an zu schluchzen und das ZDF ruft an um eine Vorabendserie draus zu machen. Nimo hat's also geschafft.
Lange Jahre war er ja eher so der Klassenkasper in der Rapper-Liga. Das hat ihm immerhin eine Menge Features eingebracht. Und ganz so unerfolgreich war er auch nicht. Aber klar: Rapper, Frankfurt - da muss noch bisschen mehr geh'n als Ladies mit jungenhaftem Charme rumzukriegen. Also war es nur erwartbar, dass auch Nimo in der Liga "Böse Buben" mitspielte.
Hat er nun eigentlich erkannt, dass das alles nicht sein Ding ist und er doch eher der lieber Schwiegermama-Sohn-Ersatz ist? Wenn ich den Rhymes von Karma folge, dann ist es wohl so. Die zentrale Rolle spielen ja eindeutig die Eltern.
Krass, dass das im Jahr 2019 schon wieder so eine Rolle spielt. Da muss die second Generation sich echt noch ordentlich abnabeln. Lässt sich hervorragend philosophieren, wie gut das möglich ist. Und wie sehr das die Sprößlinge überhaupt wollen. In der Diaspora-Community ist es ja im Allgemeinen eher heimelig.
Nach wie vor: deutscher HipHop und Rap ist nichts, was eine moderne Entwicklung beschreibt. Er verweist auf eigentlich schonmal abgeschaffte Strukturen und Regeln - und kämpft sich nochmal daran ab. Zeigt natürlich auch, dass die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit offenbar noch lange nicht so weit war, wie es die Stars der 90er und 2000er uns weis machen wollten. Und das hat nur bedingt was damit zu tun, das ein Großteil der Rapper Eltern hat, die in anderen Kulturen unterwegs sind. Gefeiert wird das Zeug vom Durchschnitts-Mainstream ... und der sitzt dann offenbar doch noch immer vor dem TV (siehe oben).
Nimo schmeißt also seine Lady raus. Nichts geht mehr. Obwohl es Liebe war. So was passiert natürlich. Und darauf lässt sich schon schön effektvoll jammern. Genau das tut Nimo. Und wie Produzent Rahim analysiert, sogar mit ganz schön aufwendig produziertem Grundbeat. Als Effekt kommt der Track besonders pop-rüber. Quasi als musikalische Entsprechung zum Inhalt. Ist so für jeden anschlussfähig, muss jeder mitsingen können. Garantierter Top-Hit: Platz 4 in der ersten Woche. Alles Berechnung.
Genauso inszeniert ist der Videoclip. Schön stilischer, farblich bis ins kleinste Detail abgestimmt und richtig schön gefilmt. Nur zwei oder dreimal krisselt es ein bisschen und wird derber.
Was mir trotzdem überhaupt nicht gefällt ist die schon wieder zur Schau gestellte Jammerigkeit. Immerhin: Nimo ist konsequent und wird ab sofort keinen Kontakt mehr haben und reißt sich seine Gefühle aus dem Herzen. Dass das weh tut ist schon klar - dann ist er aber doch nicht Kerl genug um SIE komplett aus seinem Leben zu streichen, sondern er macht noch einen Song draus. Zelebriert seine Entscheidung und den Schmerz und all die Kacke. Alles zutiefst menschlich. Alles super in Poppudding einzupacken. Immer wieder. Und erst recht passt so ein Wehklagen zu dem kleinen, albernen Jungen, den Nimo ja immer wieder ganz gerne spielt. Jetzt ist das Spielzeug kaputt und der Kleine weint.
Irgendwie ist das nicht meine Vorstellung von Unterhaltung. Sorry. Heul woanders!
Freitag, 1. November 2019
RIN & Bausa:
Keine Liebe
Kollaborationen sind ja derzeit sowas von ein Muss. Egal wer mit wem - egal wie bescheuert, absurd, sinnlos - es muss ein X zwischen zwei Namen her. Featuring war gestern. Heut ist es crossing: X.
RIN & Bausa ist dabei eine Variante, die ganz gut funktioniert. Rein von dem, was die beiden so in den letzten Jahren auf den Markt geworfen haben, ist die Idee sie gemeinsam zu verramschen nicht so abwegig. Der immer ein bisschen planlos albern wirkende Bausa, der am Ende aber ziemlich genau weiß, wie weit man gehen darf um nicht völlig lächerlich zu wirken. Luxus mag er schon. Ein bisschen wenigstens. Cool genug ist er, um das aber immer auch ins Lächerliche zu ziehen.
Dazu RIN - Markenfetischist vom Feinsten. Aber eben solche Marken, die der Gucci-Lover eher nicht kennt. Oder nicht anziehen würde. Hat auch eine gewisse Schnoddrigkeit, die er zelebriert. Was ihn gleichermaßen cool und nahbar macht.
Die beiden haben also miteinander gespielt und sich einen Hit aus dem Jahr 1999 geschnappt: Du trägst keine Liebe in dir. Damals von Echt schön gelangweilt in nachempfundener Britpop-Haltung zelebriert. Der kommerzielle Höhepunkt der Band.
Übrig geblieben ist von dem Song am Ende nicht viel mehr als eine Textzeile. Und auch die Traurigkeit von RIN ist so ziemlich ganz anders im Vergleich zu Echt. Zumal es im musikalischen wie visuellen Gegenschnitt zu Bausas Part gleich mal einen mindetens doppelten Boden mitliefert. Wer ist jetzt der Typ mit den Nike's? Und wieso jammert der auch rum? Besingt er gar sich selbst?
Erkennt man dann noch die visuelle Anspielung auf American Psycho wird's völlig verrückt. Oder extrem eiskalt. Bausa als der selbstverliebte Yuppie, der natürlich nichts von Gefühlen weiß. Sich maximal wundert oder amüsiert darüber, zu welchem Leiden Menschen fähig sind.
Ach ja, Filmzitate. Genius.com weist gleich mal drauf hin, dass auch das Cover eine Reminiszenz ist. An den Mid-90er Film Kids. Auch nicht die fröhlichste Sorte Unterhaltung.
All diese Zutaten in einem Topf - das zeugt von einer unglaublichen Freude am Rummanschen mit Versatzstücken. Am Spielen mit den konsumenten. Versucht uns doch zu entschlüsseln! Und es macht Spaß.
Schön, dass die beiden sich mal so richtig einsam gefühlt haben.
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