
Was treibt eine junge Independent- oder Alternative-Band dazu Musik zu machen? Welches Bedürfnis sich zu äußern besteht für diese Band heutzutage?
Zynisch könnte ich behaupten: Indie-Rock ist momentan sehr gefragt – Ruhm und Reichtum könnten also sicher ein Antrieb sein. Trotz großem Jammern in der Branche lässt sich ja offenbar noch ganz gut verdienen mit Musik und Veröffentlichungen. Das könnte der Grund sein, warum Bastille doch recht fix den angebotenen Major-Vertrag unterschrieben haben und sich mittlerweile breit vermarkten lassen.
Etwas weniger abgeklärt behaupte ich an dieser Stelle: es gibt da wohl eine Leerstelle bei den vorhandenen Geschichten und Gefühlen, die eben noch nicht erzählt sind. Sich zusammen ins Studio stellen, Songs schreiben und einspielen – das ist auch Arbeit. Der Antrieb dazu ist eventuell das Gefühl, die eigene Gedankenwelt nicht ausreichend wiedergegeben zu erleben in der doch recht großen Masse von kulturellen Produkten. Also schauen wir mal, was haben uns Bastille mit ihrem Song Pompeii Neues und Eigenes zu erzählen.
Erste Erkenntnis: gar nicht so viel. – Pompeii beschreibt in wenigen Zeilen ein Horrorszenario. Es beginnt mit einer Art kommunikativem Blackout – Einsamkeit: “I was left to my own devices / Many days fell away with nothing to show”
Was immer es ist, was dieses Exil, dieses Abgeschnittensein verursachte – es ist die absolute Hölle. Für Menschen, die in jeder Minute mit anderen connected sind, ihre Mikrogefühle und Kleinsterlebnisse teilen, in der globalen Familie zu Hause und geborgen sind, für diese Menschen ist der Verlust von Kontakten oder auch von Mitteilbarem vermutlich das Schlimmste auf der Welt. (Nebenbei bemerkt: Kontaktverluste, Einsamkeit, Kommunikationslosigkeit war auch früher schon etwas Schlimmes, wenn nicht gar Tödliches. Nur die Relevanz dessen wurde noch nicht so stark hervorgehoben.)
In dieser Situation also werden die Bilder sämtlicher Apokalypsen der Welt erfahrbar. Die Katastrophe von Pompeji steht als Sinnbild dafür: einstürzende Wände, Staub und Asche, dunkle Wolken und der endgültige Verlust der Stadt, der Umgebung, wie sie geliebt und gelebt wurde. Dass eine Band wie Bastille auf dieses Bild zurückgreift ist an dieser Stelle schon beachtenswert. Gern steht in Zeitungen und Untersuchungen, dass die neue Generation Internet sich nicht mehr um Geschichte kümmert – Halbwissen und Weichspülerei im Soapformat allüberall. Durch einen Titel wie Pompeii wird das sicher nicht behoben. Eher wird auch hier ein antiker Fakt zum Popspektakel im Breitleinwandformat gemacht. Antike Tragödien sind nach wie vor ein beliebtes Thema. Auch, weil vor zweitausend Jahren ja alles so überschaubar und einfach schien.
Bastille sind also mit ihrer Geschichte, ihrer Erzählung enorm nah dran am Mainstream. Da wird wenig gebrochen oder in Frage gestellt. Auch musikalisch wird dieser Eindruck durch den doch eher gefälligen Sound verstärkt. Oh-weh-oh-Chöre sind schon recht nah am Fußballmassenspektakel gebaut. Wohlfühlstimmung unter Gleichgesinnten inklusive.
Oder ist es hier eher die Diskrepanz zwischen eher resignierendem Text und Gute-Laune-Sound, die bewusst herbeigeführt wurde um Aufmerksamkeit zu erzeugen? Anders als bei OneRepublic/Ryan Tedder habe ich bei Dan Smith durchaus das Gefühl, dass er an der Welt und deren Dauer-Unterhaltungsmodus leidet. Gleichzeitig weiß er wohl um seine Position und Rolle. Das Leben als verspinnerter Eigenbrötler zu führen ist für ihn kein Ausweg.
So verständlich diese Haltung ist, sie bietet auch keinen Ausweg, keine Alternative an. Independent/Alternative – das sind seit mehr als 10 Jahren leere Begriffe. Die Musik, die damit beschrieben wird geht diesen Weg ebenfalls beständig weiter. Mal mehr und mal weniger deutlich. Bastille haben gute Chancen schon recht bald zum Allerweltszombie zu mutieren. In ihrem Video zu Pompeii machen sie das schonmal schön vor. Angesichts dieser Resignation kann man nur einstimmen in den Refrain: “How am I gonna be an optimist about this?”
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