Freitag, 29. Juni 2018

Die Fantastischen Vier feat. Clueso:
Zusammen

Reden wir also über Fußball. Äh nee - is ja seit letzten MIttwoch eigentlich kein Thema mehr. Die deutsche Mannschaft fährt nach Hause und ein bisschen ist schon fast Staatstrauer angesagt, zum Glück gibt es ja grad politisch ordentlich Zoff...

Also reden wir vielleicht über den Fußballsong, den Das Erste für seine Match-Übertragungen ausgewählt hat. Der ist nämlich einigermaßen überraschend. Da wo sonst Heroismus und gern auch eine Prise männlich-überheblicher Stolz von Andreas Bourani bis zu den Toten Hosen den Ton angab ist es im Jahr 2018 irgendwie leichter, flockiger. Und sogar einen Hauch ironisch. Hat natürlich auch damit zu tun, wie Die Fantastischen Vier ihre Zusammenarbeit mit Clueso vor dem ganzen Fußball-Spektakel schon vermarktet haben.

Im Gegensatz zu den Lyrics will es im Video zwischen den Jungs nämlich so gar nicht funktionieren. Die Opas von den Fantas kommen überhaupt nicht damit zu recht, dass der nun auch nicht mehr wirklich junge Star ihrer Karriere nochmal einen Kick geben soll. Das ist tasächlich lustig. Schon allein, weil es durchaus auch einen Hauch von Wahrheit haben könnte. Immerhin haben die Fantas ja auch Herbert Grönemeyer zu einem Chorus eingeladen und sich im Nachhinein ordentlich kaputt gelacht, dass dieser die Einladung so ernst genommen hat.



Fun rules im deutschen PopHipHop-Business. Das ist wirklich keine neue Botschaft. Neu ist maximal, dass dieser Fun in 2018 für so etwas Ernstes wie Fußball als Untermalung genommen wird. Da hat sich wohl doch einiges getan.

Für mich klingt das ganz positiv. Diese übersteigerte Engzeichnung auf nichts anderes als den Sieg und das Abfeiern der eigenen Superkräfte langweilt mich nicht erst seit dem massivem Erfolg von deutschem Straßen-Rap enorm. Da mag ich die Feier des Wir und der Gemeinsamkeit wesentlich mehr. Vielleicht kann die Freude an einem Sportereignis tatsächlich Brücken bauen und zu einem unbeschwerten Fest werden.

Bevor dann aber der völlige Friedenstauben-Pathos angeschwappert kommt, geht's mit viel Augenzwinkern dann doch zurück auf den Boden der Realität. Clueso und die Fanta 4 gehen dann doch getrennte Wege. Und irgendwie ist das gerade cool, dass es eben nicht das nonplusultra feature-Hypeding ist, sondern einfach eine kalkulierte Kolaboration.

PS: Sind ja auf dem Album Captain Fantastic noch ein paar mehr Features drauf. Wenn's dazu auch so hübsche Stories gibt, dann kann ich nur sagen: Nicht schlecht, wie sich so eine alte Band dann doch erfolgreich weigert in den Greisenstatus zu wechseln.

Freitag, 22. Juni 2018

Clean Bandit featuring Demi Lovato:
Solo



Wir schaffen es also immer noch nicht mit Trennungen umzugehen, allein zu leben, nach einer Affäre weiter zu machen. Das erzählt uns Solo in einem schmissig-lustiigem Popsong. Tanzen, tanzen - das geht schon irgendwie - aber eigentlich ist alles nur Fassade. Hin und hergerissen zwischen den Gefühlswalliungen und Bedürfnissen torkelt das Ich dahin, unfähig das Leben wieder auf die Reihe zu kriegen.

Diesen Moment gibt es tatsächlich. Manchmal auch etwas länger. Die ganz romantischen Märchen erzählen sogar davon, dass nach dem einen Richtigen nie wieder jemand kommt. So wie angeblich Schwanenpartner nie wieder eine andere Beziehung eingehen.

Das muss man natürlich alles glauben. Geht wahrscheinlich auch nicht so schwer, weil es ja unglaublich schön und rosa ist und zum Heulen kitschig. Da stehen schon ziemlich viele drauf. Das klassische Fernsehen und die Uralt-Klatschzeitungen (die ja eigentlich niemand mehr konsumiert) sind voll davon. Warum sollen also junge moderne Menschen nicht anfällig für diese Version des Liebeslebensentwurfs anfällig sein? Die anderen Geschichten aus dem wirklichen Leben, die erzählt eben leider kaum jemand. Die sind irgendwie bäh und unromantisch. Scheinbar voll mit Kompromissen.

Demi Lovato hat also nicht verwunden, dass Sie mit ihrem Lover nichts mehr hat. Shit! Und weil es ja offenbar wirklich der Eine war, ist dieser Verlust echt nicht wieder gut zu machen. Und sie flucht. Denn sie würde gern Party machen und v*** und Spaß haben - aber da steht ihr die Erinnerung an kürzlich zu sehr im Weg.

Schön ist, dass sie trotz der Vergewisserung Can't Do It Solo am Ende doch zu der Aussage kommt: I Do It Solo.
Bleibt ihr ja auch nichts anderes übrig. Umbringen ist ja keine Lösung.

Irgendwie also ein lebensbejahendes Lied. Und vielleicht ist es genau deshalb auch so witzig produziert: lockerer Discobeat, leicht in Richtung aktueller Reggea-Hits getrieben, mit Sampling und Vocoder gespickt. So unglücklich klingt Demi Lovato am Ende gar nicht - glaubt ihr ohnehin keiner, dass sie wirklich in endlose Trauer verfällt.
Hier wird der Moment beschrieben, an dem es doch wieder weiter geht mit dem Leben. Auch wenn einem irgendein Gefühl weis machen will, dass das doch eigentlich gar nicht geht.



Richtig bescheuert ist dagegen das Video. Grace Chatto erträgt es nicht, dass sie ständig mit ihrem Lover streitet, ordert einen Zaubertrank und verwandelt ihn in ein kleines Schmusehündchen, das ihr auf's Wort gehorcht und sich Kraulen lässt, wenn sie das Bedürfnis hat. Ja - auch diese Geschichte hat ihren emanzipatorischen Moment. Grace Chatto nimmt ihr Leben selbst in die Hand, sie tut etwas. Dass es nun ausgerechnet Hexenmagie sein muss ... naja, so selbstverwirklicht sind junge Frauen heutzutage offenbar nicht, dass sie auch eigene Lösungen kreieren können.

Und das nun ausgerechnet der Streithammel zum Schoßhündchen gemacht werden muss ... uiuiui. Warum schießt sie den Typen eigentlich nicht zum Mond und sucht sich einen neuen? Longboard fahren allein macht noch keine coole Frau, solange sie es nicht schafft, die neidvollen, herrischen Machos einfach links liegen zu lassen und wirklich eigene Wege zu gehen.

Wahrscheinlich ist es genau dieses inkonsequente Video, dass mich zweifeln lässt, ob Solo wirklich ein cooles Lied ist. Für mich schwingt da doch immer noch eine gehörige Portion Spießigkeit mit. Passt ganz gut zu mehreren Erfahrungen, die ich gerade mit Vertretern der sehr jungen Generation zwischen 16 und 22 mache. Ich hoffe einfach mal, dass es auch unter denen genügend andere gibt, die eigene Wege ausprobieren.

Freitag, 15. Juni 2018

Capital Bra: Berlin lebt



Capital Bra ist nun also der Superstar der Szene. Vierte Nummer 1 in Folge - innerhalb von nur zwei Monaten. Gibt sich selbst die Krone in die Hand. Und jetzt wirklich wieder ein richtiger Gangster-Track mit Diss und Blingbling und Ich-bin-der-Coolste-Sprüchen.

Aber dann doch aufrichtig genug um zwar den PS-starken AMG300 und Diamanten abzufeiern, gleichzeitig aber auf den ganzen Anerkennungsmist zu spucken: Bratan ht n Schaden ... Meine Bras sind Psychopathen. - auch mit Nummer 1-Hits in der Tasche und einem Konto voller Para bleiben Bra und seine Gang Outlaws. Im Video sind mehrheitlich nicht Fitnessstudiogestählte Hengste sondern durch Drogen verlebte Kids, die weiter durchs Strobolicht springen. Gefeiert wird, dass der Antrag auf den deutschen Pass abgelehnt wird. Wer will hier schon leben mit vollen Rechten? Dieses Team ist echt krank.

Was feiert das deutsche Publikum hier ab? - Immer noch den Typen, der nach wie vor das ablehnt, von dem sich andere Rapper einwickeln lassen? Kerle, die anstandslos und schnoddrig sind, wie es sich die Mehrheit nicht traut, weil Luxus eben doch geiler ist als den ganzen Tag lang Tanke vorm Block? Oder vielleicht auch, dass Rhymes und Bildsprache hier doch noch weitestgehend zusammen passen? Keine geile Inszenierung, eher schroffe Schnitte. Bis auf die dicken Autos und einmal eine fette Armbanduhr bleibt es eben bei Hohenschönhausen. Na gut, ein bisschen Brandeburger Tor ... aber das wars dann auch schon.

Haben die deutschen Musikkäufer jetzt eher Lust auf echtes streetlife als auf Inszenierung?


Freitag, 8. Juni 2018

Namika: Je ne parle pas français - BeatGees Remix



Nimm einen möglichst Raggaton-inspirierten Beat und du hast einen HIt. Soweit das Ärgerliche an diesem Remix. Irgendwie scheint mir das zu einfach zu sein: ein bisschen gebrochener Rhythmus und alle sind glücklich. Wobei dieser Beat natürlich nicht zu hart und krass sein darf. Die Stars aus Südamerika trauen sich das durchaus - aber kaum greift ein europäischer oder deutscher Act darauf zurück regiert eher die Vorsicht, um nicht zu sagen Angst. So krass darf man es dann doch nicht machen. Wär mal auszuprobieren, wie weit das deutsche Publikum mitgeht.

Nun befinden wir uns aber im hart umkämpften Pop-Business. Und auch Namika hat sich vor drei Jahren mit Lieblingsmensch entschieden, eher in der Glitzerwelt mitzuspielen als den unbequemen Fragen nachzugehen.

Dass es auch bei Beziehungsbearbeitung und Liebesdingen keineswegs immer nur sanft zugehen muss, zeigt ihr französischer Partner auf dem Remix. Black M von Sexion d'Assaut ist kantig und ungezähmt - funktioniert auch. Hätt ich mir mehr von gewünscht.

Freitag, 1. Juni 2018

Capital Bra: One Night Stand

Capital Bra: One Night Stand

Süß. Auch Capital Bra ist also verliebt. Nach Bausa und Olexesh und und und haut es auch hier rein. Da hilft kein Kleinkriminellen-Image, da hilft keine Sonnenbrille und Luxus erst recht nicht - Krach macht es und der sonst so harte, drogengestählte MachoMann fragt sich doch tatsächlich, ob es nur ein One Night Stand ist. Allerdings nicht so leichtfüßig und locker wie vor gut einem Jahr Nimo – dem war es tatsächlich egal wie lange die Dame bleibt, der konnte den Moment genießen. Und wenn der länger dauern würde, naja ... schaun wir mal. Capital macht sich da viel längerfristige Gedanken: Weltreise, Träume von mehr, wie kann ich diese Frau nur halten? Hmmm...

Nun ist Capital noch einigermaßen jung und seine Musik vor allem etwas für seine Generation - da können die Alten eigentlich aufatmen: es geht eben doch immer noch um Liebe. Von wegen Gesellschaft, in der nur der Einzelne zählt und alles auf Krieg gebürstet ist. Die Masse der erfolgreichen Hits aus dem Rap/HipHop-Kontext erzählt nicht die Geschichten von Kollegah & Farid Bang. Soweit alles gut also.

Oder eben auch nicht: Was bewegt denn den Gangster eigentlich, jetzt einen auf Kuschelbär zu machen? Hat er doch gar nicht nötig. Zwei Nummer1 Hits in der Tasche – mit Geschichten, die eher auf klassisches Proll-Geprotze setzen. Ist Reichtum und Ruhm doch nicht alles?
Oder hat da ein Manager so lange auf ihn eingeredet, dass es jetzt mal wirklich ein richtiger Mainstream-Erfolg sein muss. Was fürs Radio. Für die Zielgruppe über 25.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass One Night Stand der Track sein wird, der Capital mehr Geld in die Kassen spült als alle anderen zuvor. Weich und eingängig flauscht er so dahin. Hoffentlich ist ihm das nicht irgendwann peinlich.