Freitag, 26. August 2016

mike perry feat. Shy Martin: The Ocean



Aus Schweden kam und kommt immer wieder ganz gute, überraschende und neue Musik. Das ist kein Geheimnis. Und gerade in den letzten dreivier Jahren sind Acts aus Schweden in den deutschen Charts derart präsent, da müssen sich sogar die Briten fast schon vorsehen, dass sie nicht ihre Pop-Vormachtstellung verlieren.

Aber aus Schweden kommt dann manchmal auch reichlich einfältig und langweiliges Zeug. Zum Beispiel in Form von Mike Perry. Dieser junge DJ und Produzent wagt es doch ernsthaft mit The Ocean eine Produktion abzuliefern, die so dicht dran ist am 2016er Überflieger Faded, da bleibt einem schier der Mund offen stehen. Nun gehört das Adaptieren, Zitieren, Kopieren zu den gängigen Kulturtechniken. Es ist nichts Verwerfliches daran. Wenn allerdings völlig die eigene Idee fehlt, dann wird es tatsächlich höchst langweilig.

Und so plätschert The Ocean seicht dahin, hab ich alles schonmal gehört, nicht mal in Nuancen gibt es etwas Aufregendes zu entdecken. Alan Walker hat in seiner Produktion ja wenigstens noch den jugendlichen Weltschmerz versteckt und damit das Gute-Laune-Gefühl sehr schön konterkariert. Dazu ist Mike Perry nicht in der Lage.

Der freut sich einfach an kitschigen Strandlandschaften, hält seine Liebste bei der Hand und schaut zu, wie die Zeit vergeht.



In einer Gesellschaft, in der das Tempo ordentlich hochgepitscht ist, könnte diese Zeitvergessenheit fast schon eine kleine Revolte darstellen – allein die Videobilder sehen derartig nach Urlaubskatalog aus. Das fühlt sich nicht nach Ausstieg an, auch nicht nach dem einzigen Glück – das sieht irgendwie komplett falsch aus.

Dabei könnten die Lyrics gesungen von Shy Martin einiges an Assoziationen hergeben. Die Sehnsucht nach Schutz, Geborgenheit, nach Vertrautheit in einer ansonsten eher fremden Umgebung… Davon ist nichts zu sehen. Alles nur Hochglanzabziehbilder in Sonnenuntergangslicht – vielleicht muss ich die sterbenden Flüchtlinge im Südseegewässer einfach permanent selbst mitdenken, damit ich diese drei Minuten des Glücks genießen kann. Das Schlimme und das Chaos in dieser Welt ist so präsent, das muss ich gar nicht mehr zeigen. Die Sehnsucht nach heiler Inselwelt ist so groß, da darf es keine Störung mehr geben.

Das Ganze klingt ordentlich nach Realitätsflucht. Und gleichzeitig nach völliger Perspektivlosigkeit. In ihrer Sorglosigkeit sind die beiden der nächsten Welle hilflos ausgeliefert – The Ocean ist da nur noch das verzweifelte Flehen, dass alles möglichst schnell vorbei sein möge. Ein sehr schwaches Lebenskonzept.

Freitag, 19. August 2016

DJ Snake Feat. Justin Bieber: Let Me Love You

Muss ich jetzt eigentlich alles noch mal schreiben, was ich schon vor drei Wochen hier wiedergegeben habe? Nach Major Lazer schnappt sich nun auch DJ Snake Mr. Justin Bieber und fabriziert einen leicht ragga-dance orientierten Popsong für's Radio. Und wieder frag' ich mich: Was ist nur dran an diesem Bieber?

Ich steht da nicht allein da. Sogar Recken wie James Masterton sehen da ein wenig alt aus. Justin Bieber bricht alle Rekorde – aber warum eigentlich?

Ich find's mühselig, darüber zu sinnieren und schaue mir also lieber den Global-Wanderer DJ Snake an. Sein Album Encore ist gerade erschienen und macht zumindest in seiner Heimat Frankreich sowie den USA eine ganz gute Figur. In Deutschland dagegen will die Scheibe noch nicht so recht zünden. Warum eigentlich? Ist sein Sound für hiesige Ohren wirklich zu spröde?

Wenn man sich die letzten Veröffentlichungen anhört wie Middle (mit Bipolar Sunshine) oder eben jetzt Let Me Love You, dann würde ich eher sagen: Kann nicht sein. Verglichen mit der Dillon Francis-Kollaboration Get Low sind die neuen Werke nichts anderes als Mainstream. Let Me Love You noch wesentlich mehr als Middle. Auf diesen bedient sich DJ Snake zwar Elemente, die ursprünglich dem weniger kommerziellen Dancefloor entspringen, die vielleicht sogar mal so etwas wie einen Untergrund inspirierten, aber mittlerweile doch zum Kanon des Allgemeingültigen zählen. Für meine Mutter und ein paar andere ist dieser Sound zwar immer noch unanhörbar, aber was interessiert deren Meinung schon im aktuellen Pop-Business?

Also nehme ich Let Me Love You mal als ein bewusst gesetztes Liebäugeln mit dem Massengeschmack. Vielleicht um zu zeigen: Hört mal, auch so kann aktuelle Musik klingen.
Auf meinem Player schmeiße ich mir vor allem Tracks wie Pigalle, Ocho Cinco oder Sahara in die Playlist. Und ich hoffe, ich muss mir nicht so bald einen neuen Helden für etwas gröberen Elektro-Sound suchen.

Freitag, 12. August 2016

Shawn Mendes: Treat You Better




Kürzlich in einem recht mondänen Hotel beim Frühstück. Es läuft Treat You Better im Radio.

* Ich hätte gar nicht gedacht, dass das so ein Hit wird.
* Naja, es ist halt der aktuelle Teenie-Star…
* Aber das ist doch so ein langsames und romantisches Lied.
* Später wird das dann schon noch etwas fulminanter.
* Ja, du hast recht. – Aber eigentlich ist das doch auch nichts anderes als Schlager. Das würde sogar meine Mutter gut finden.
* Weiß nicht ... Pop – ja. Aber Schlager ...?
* Du hast recht, die kitschigen ABBA-Melodien fehlen...
* Ich find ja auch, das ist viel zu sehr gebrochen. Das ist schon voll Kitsch – aber schwups, ist da auch ein Break und ein Rhythmus, der mich völlig wieder aus dem Gefühl rausreißt.
* Es bleibt aber ohne Überraschungen. Langweilig.


Freitag, 5. August 2016

Felix Jaehn Feat. ALMA: Bonfire



Es ist schon nachvollziehbar, warum sich Felix Jaehn innerhalb von knapp 18 Monaten zum erfolgreichsten deutschen DJ und Produzenten gemausert hat. Ich schaue nur mal auf die Liste seiner Charteinträge: ein Reggae-Remix, zwei sehr poporientierte Produktionen, eine als cleveres Cover mit upcoming Jasmine Thompson und einer völlig unbekannten Polina, eine Kollaboration mit dem neuen deutschen SingerSongwriter-Helden Mark Forster (als EFF) und sogar die moderne Inszenierung eines Herbert Grönemeyer – wenn das nicht Vielseitigkeit beweist. Nun also die finnische Sängerin ALMA (/Miettinen), die ebenfalls hierzulande überhaupt niemand kennt. In Finnland, da hat sie immerhin schon ein wenig Aufmerksamkeit als Finalistin bei Idols erhalten.

Die Stimme der Sängerin pendelt sehr hübsch zwischen der leicht rotzig-frechen Art von SIA und dem eher Independent-Sound von Alessia Cara (und weil das mit den Vergleichen sowieso immer hinkt und nicht stimmt, könnte ich hier gleich noch drei bis sechs andere Namen nennen). Und sie traut sich auch, einfach mal ein rauhes Kratzen zuzulassen, oder sogar verhaucht ins Mikrofon zu singen. Das ist dann doch reichlich weit weg von den allerorts hochgeladenen Schönsing-Versuchen, die vor allem unlebendig klingen. Kein Wunder also, dass sie es dann am Ende doch nur bis zu Platz 5 im Casting geschafft hat. Und auch gut. Denn so kann sie von Felix Jaehn jetzt entdeckt werden und ich wende mich nicht sofort genervt ab in der Art: Klar musste der auch noch die ins Studio holen.

Zu der nicht ganz so glatten Stimme kombiniert der Produzent einen ebenfalls nicht ganz so lieblichen Sound. Klar, die Glöckchen aus Ain't Nobody (Loves You Better) dürfen nochmal herhalten und mir eine schöne Erinnerung an den Sommer 2015 bescheren. Dazu gesellt sich aber der quakende Entengesang, der durch Produzenten wie DJ Snake und Diplo bereits ordentlich populär gemacht wurde. Und so entsteht eine ganz hübsche Mischung aus einem flauschigen Sommertagssong, der auch nachts im Club noch seine Potenziale entfalten kann.

Kann man zum Ende dieses ansonsten auch musikalisch nicht so wahnsinnig aufregenden Sommers schonmal machen.