Freitag, 22. Juni 2018
Clean Bandit featuring Demi Lovato:
Solo
Wir schaffen es also immer noch nicht mit Trennungen umzugehen, allein zu leben, nach einer Affäre weiter zu machen. Das erzählt uns Solo in einem schmissig-lustiigem Popsong. Tanzen, tanzen - das geht schon irgendwie - aber eigentlich ist alles nur Fassade. Hin und hergerissen zwischen den Gefühlswalliungen und Bedürfnissen torkelt das Ich dahin, unfähig das Leben wieder auf die Reihe zu kriegen.
Diesen Moment gibt es tatsächlich. Manchmal auch etwas länger. Die ganz romantischen Märchen erzählen sogar davon, dass nach dem einen Richtigen nie wieder jemand kommt. So wie angeblich Schwanenpartner nie wieder eine andere Beziehung eingehen.
Das muss man natürlich alles glauben. Geht wahrscheinlich auch nicht so schwer, weil es ja unglaublich schön und rosa ist und zum Heulen kitschig. Da stehen schon ziemlich viele drauf. Das klassische Fernsehen und die Uralt-Klatschzeitungen (die ja eigentlich niemand mehr konsumiert) sind voll davon. Warum sollen also junge moderne Menschen nicht anfällig für diese Version des Liebeslebensentwurfs anfällig sein? Die anderen Geschichten aus dem wirklichen Leben, die erzählt eben leider kaum jemand. Die sind irgendwie bäh und unromantisch. Scheinbar voll mit Kompromissen.
Demi Lovato hat also nicht verwunden, dass Sie mit ihrem Lover nichts mehr hat. Shit! Und weil es ja offenbar wirklich der Eine war, ist dieser Verlust echt nicht wieder gut zu machen. Und sie flucht. Denn sie würde gern Party machen und v*** und Spaß haben - aber da steht ihr die Erinnerung an kürzlich zu sehr im Weg.
Schön ist, dass sie trotz der Vergewisserung Can't Do It Solo am Ende doch zu der Aussage kommt: I Do It Solo.
Bleibt ihr ja auch nichts anderes übrig. Umbringen ist ja keine Lösung.
Irgendwie also ein lebensbejahendes Lied. Und vielleicht ist es genau deshalb auch so witzig produziert: lockerer Discobeat, leicht in Richtung aktueller Reggea-Hits getrieben, mit Sampling und Vocoder gespickt. So unglücklich klingt Demi Lovato am Ende gar nicht - glaubt ihr ohnehin keiner, dass sie wirklich in endlose Trauer verfällt.
Hier wird der Moment beschrieben, an dem es doch wieder weiter geht mit dem Leben. Auch wenn einem irgendein Gefühl weis machen will, dass das doch eigentlich gar nicht geht.
Richtig bescheuert ist dagegen das Video. Grace Chatto erträgt es nicht, dass sie ständig mit ihrem Lover streitet, ordert einen Zaubertrank und verwandelt ihn in ein kleines Schmusehündchen, das ihr auf's Wort gehorcht und sich Kraulen lässt, wenn sie das Bedürfnis hat. Ja - auch diese Geschichte hat ihren emanzipatorischen Moment. Grace Chatto nimmt ihr Leben selbst in die Hand, sie tut etwas. Dass es nun ausgerechnet Hexenmagie sein muss ... naja, so selbstverwirklicht sind junge Frauen heutzutage offenbar nicht, dass sie auch eigene Lösungen kreieren können.
Und das nun ausgerechnet der Streithammel zum Schoßhündchen gemacht werden muss ... uiuiui. Warum schießt sie den Typen eigentlich nicht zum Mond und sucht sich einen neuen? Longboard fahren allein macht noch keine coole Frau, solange sie es nicht schafft, die neidvollen, herrischen Machos einfach links liegen zu lassen und wirklich eigene Wege zu gehen.
Wahrscheinlich ist es genau dieses inkonsequente Video, dass mich zweifeln lässt, ob Solo wirklich ein cooles Lied ist. Für mich schwingt da doch immer noch eine gehörige Portion Spießigkeit mit. Passt ganz gut zu mehreren Erfahrungen, die ich gerade mit Vertretern der sehr jungen Generation zwischen 16 und 22 mache. Ich hoffe einfach mal, dass es auch unter denen genügend andere gibt, die eigene Wege ausprobieren.
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