Freitag, 3. Februar 2017

ZAYN | Taylor Swift:
I Don't Wanna Live Forever (Fifty Shades Darker)



Shades Of Grey und die dazugehörigen Verfilmungen scheinen also eines der bestimmenden Werke der 2010er zu sein. Das war für mich schon im Jahr 2011 reichlich unverständlich. Was genau ist an der Geschichte so aufregend, dass es MIllionen von Menschen dazu treibt, geradezu manisch die Bücher und Filme zu konsumieren? – Fast scheint es ja, als seien all die Leser*innen (angeblich mehrheitlich Frauen – wer weiß) wie Hauptfigur Ana gleichermaßen elektrisiert und naiv verblendet, immer mit der Hoffnung (dem Wissen?), hier gäbe es ein romantisches Familien-Happy End.

Eva Illouz findet eine ganz schöne Erläuterung: In Fifty Shades werden Beziehungen mehr oder weniger als Vertrag inszeniert, also einem Regelwerk, mit dem wir in allen Bereichen versuchen unser Zusammenleben zu definieren. Mit dieser Interpretation im Kopf, geht es in der Grey-Geschichte viel weniger um Emotionen, Verlangen und Gefühle als eher um Vertragsbruch, nicht geregelte Aspekte und die Unsicherheit/Angst, die entsteht, wenn etwas nicht auf- und unterschrieben ist. In den Romanen und Filmen wird das Ganze dann noch schön mit einer psychoanalytischen Komponente versehen – irgendwie auch wunderbar, wie hier Ursache und Wirkung sich ineinander verschlingen, die Rollen wechseln und ein großes Durcheinander verschiedenster Ebenen verursachen. Wer war zuerst da: Das Huhn oder das Ei? – Die Erklärung von Ängsten oder das Angstgefühl?

Shades Of Grey kann uns also auch zeigen, wie wir gerade miteinander leben und wie in einer kapitalistischen Welt Gefühle instrumentalisiert bzw. sortiert werden. Und natürlich erzählt es auch davon, was in diesem System irgendwie doch nicht so richtig funktioniert.

Ganz am Ende steht natürlich die Heirat und die traute Familie. Auch das keine große Überraschung, wenn auch reichlich ernüchternd. Eine Vision die sagt: Tobe dich ruhig aus, irgendwann landest du trotzdem in der Glücks-Normalität.
Mich würde ja jetzt schon interessieren, wie so ein Teil 4 aussehen könnte, wenn das ganze Einfamilienkartenhaus vielleicht ein paar Risse bekommt.

Nun also ist der zweite Teil als Verfilmung da. Und mit ihm auch ein Soundtrack, der eine hübsche Mischung angesagter Namen präsentiert: SIA, Halsey, Kygo, The Avener, John Legend ... und natürlich ZAYN & Taylor Swift. Die beiden präsentieren mit I Don't Wanna Live Forever (Fifty Shades Darker) so etwas wie den Signature-Song zum Film. Zwischen sparsam lasziver, elektronisch angehauchter Instrumentierung, flehendem Falsett-Gesang und irgendwie auch stadionmäßigen "Ohoho"-Gesängen platziert sich der Titel als musikalische Umsetzung eines Verlangens, eines Wunsches, der irgendwie nicht so einfach zu erreichen ist.

Eigentlich ist es ganz einfach: Er warted darauf, dass sie anruft, sie ist sich nicht sicher ob ihre Entscheidung, den Kontakt abzubrechen, wirklich richtig war. Das ist die Ausgangssituation zum zweiten Teil der Grey-Trilogie.
Gleichzeitig sind sich beide aber auch sicher: I don't wanna fit wherever I just wanna keep calling your name until you come back home
Das Warten, das Verlangen, das ist unaushaltbar und etwas, das definitiv nicht der Lebensinhalt der beiden sein sollte.

Ein bisschen grundsätzliche Verzweiflung schwingt in dem Song mit, da ja scheinbar der Ausgangspunkt dieses Klagens die Annahme des ewigen Lebens ist.
I Don't Wanna Live Forever – Mach' bloß, dass dieses unnütze Leben irgendwann aufhört. Und sei es erst nach 1.000 Jahren.

Umgekehrt angeschaut: Wenn du also zurück kommst zu mir, nach Hause (!), ich mir deiner Nähe und Gegenwart sicher bin, dann könnte ich mir das mit dem ewigen Leben schon vorstellen. Denn dann müsste ich mich ja auch nicht mehr so sehnen und verzehren …


Ich weiß nicht, ob wir alle diese Vision teilen – zumindest für Ana und Christian geht die Geschichte ja in eine Richtung, welche einen geringeren Emotions-Schmerzpegel verspricht. Sie steigt ins Taxi und fährt zu ihm …
Wie gesagt: Teil 4 steht noch aus.



Verglichen mit Earned It, einem der zentralen Songs aus Teil I, ist I Don't Wanna Live Forever um einiges existenzieller, vielleicht auch verzweifelter. Oder unszeniert sich zumindest so. Bei Earned It ging es einfach nur um lustvolles Verlangen und die Steigerung ins möglichst Extreme. Love Me Like You Do holte zum überbordenden Genuss aus – I Don't Wanna Live Forever ist dagegen das Leiden pur. Ana und Christian haben nun tatsächlich mit ihren Gefühlen zu kämpfen. Oder müssen erstmal rauskriegen, was diese überhaupt sind. Es wird also kompliziert.

Nicht umsonst steht das reichlich oft in Statuszeilen sozialer Netzwerke. Bei allen Freiheiten und Vertragsklauseln – einfacher ist das Beziehungsleben in den 2010ern auf keinen Fall geworden.

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