Posts mit dem Label J Balvin werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label J Balvin werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 16. August 2019

DJ Snake J. Balvin Tyga:
Loco Contigo



Seit zweidrei Monaten ist der Videoclip zu Loco Contigo ungefähr das angefahrenste, was im Netz zu finden ist. Tanzende Fusselmonster in der Wüste und ein fiktiv-phantastisches Stadttor, eine Arena mit Gestalten zwischen Tradition und exaltiertem Karneval, dazwischen J. Balvin und DJ Snake die in einem rosa(!) Schlitten und den bis dahin farbig coolsten Klamotten der Saison an Riesenschneckenherden und Konfettikanonen vorbei fahren. Klar, dass sich die Wüste dann zu einem Meeresstrand wandelt.



Wer will kann diese 3 min als wunderbares Beispiel für Magischen Realismus betrachten. Und so ganz aus dem Nichts, kommt dieses Feuerwerk an Surrealem nicht. Im Frühjahr haben Madonna und Maluma schonmal einen vorsichtigen Blick in diese Welt gewagt. Colin Tilley geht bei Loco Contigo allerdings noch ein ganzes Stück weiter. Und das sehr konsequent.

Der Clip ist vor allem deshalb so faszinierend, weil es auch beim zehnten Mal noch was zu entdecken gibt. Und tatsächlich finde ich mich wieder, wie ich Lust habe, diesen Stil- und Ausstattungsfasching mitzumachen. Aber ach, wir leben in Mitteleuropa. Schlimmer noch: In Deutschland.

Geht so was nur in den sonnenverwöhnten Regionen dieser Welt? - Dann könnte sich mit fortschreitender Klimaerwärmung ja auch hierzulande einiges ändern. Ich vermute aber mal, dass es nicht einfach nur mehr Sonnenschein und höhere Temperaturen sind, die Farbenfreude zu gesellschaftlicher Akzeptanz verhelfen.

Und schon bin ich versucht zu behaupten, dass es den Südamerikanischen Macho-Männern offenbar kein bisschen was ausmacht, sich zu schmücken und outfittechnisch kaum Grenzen zu akzeptieren. Schaut euch nur den Clip zu China an: Musikalisch unterirdisch - leider auch viel zu viel gezeigter Marken-Blingbling, aber in Sachen Auffälligkeit schlagen die Kerle die Frauen um Längen.



Warum trauen sich deutsche Rapper das nicht? Ja, da darf es auch exaltiert sein, auch mal Pelz - aber insgesamt bleibt es immer schön im biederen Kanon von gediegenem Design. Hauptsache das Logo ist gut erkennbar. - RIN vielleicht mal ausgenommen. Manchmal zumindest.

Ob Loco Contigo nun wegen des Videoclips zum Erfolg geworden ist, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht werden die Bilder auch nur als Spinnerei oder nebensächlich abgetan. Kann sein. Schön ist es in jedem Fall, dass neben dem ganzen Luxus- und Gangster-Einheitsbrei auch so etwas mal stattfindet.

Das wirklich Schöne an Loco Contigo ist, dass die außergewöhnliche Bildsprache einem Sound hinzugefügt wurde, der zumindest ein klein wenig Abseits der Radiostationen-Raggaton-Hits liegt. Der Beat nahezu allein, die Instrumentierung sparsam, das gesungene Hookline-Sample schraubt sich mit jeder Wiederholung mehr ins Ohr - ansonsten vor allem Konzentration auf die Rhymes. Mutig. Einmal mehr beweist DJ Snake, dass es sich lohnt, ausgetretene Pfade zu verlassen und ein bisschen abseits zu grasen.

Freitag, 4. August 2017

J Balvin & Willy William: Mi Gente



Ist das der nächste lateinamerikanisch infizierte Superhit? – Gut möglich.
Und was ist an dieser Produktion besser als an Despacito?

Erstmal, dass Mi Gente auf das kitschig-süßliche Latino-Hit-Umfeld verzichtet. Es gibt da recht wenig schwülstig getragene Gitarrenklänge oder Rumba-Samba-Lambada-Gewäsch. Dagegen mischt die Produktion die durchaus lateinamerikanischen Rhythmen mit zeitgemäßen westlich-europäischen Stilmitteln. Im besten Fall ist das eine Fusion, wie sie durch DJs/Produzenten wie Snake oder Diplo schon eine ganze Weile zelebriert wird. Willy William ist also der nächste in der Riege der mutig Kombinierenden und Mixenden.

Heraus kommt eine Mischung, die sowohl in Kolumbien als auch in Frankreich funktioniert. Spannend ist dabei zu beobachten, dass der Kolumbianer sich insgesamt viel westlich-europäischer inszeniert, als wir das aus den vielen verklärten Reportagen und Reiseberichten gewohnt sind. Und der Franzose Willy William zitiert ganz fröhlich eine Folklore, die nicht wirklich seine ist. Sehr hübsch wie in einer globalisierten und sich mehr und mehr mischenden Welt die Verweise und traditionellen Bedeutungen verschwimmen und auflösen. Ist das nun afrikanisch, europäisch, lateinamerikanisch?



Konsequenterweise fehlt im Video zu Mi Gente auch weitestgehend das karibische Palmen- und Strandgedöns. Statt ständig heißer Tag am Strand ist es auch mal Nacht. Der Danceclub ersetzt die Latino-Disco. Und die folkloristische Wandbemalung ist lediglich digital animiert und mit einem Fingerschnipsen weg.

Hier entsteht eine dunkle Welt, die an Blade Runner erinnert, und trotzdem wesentlich mehr Spaß und Lebensfreude vermittelt. Warum soll es auch in einer kulturell-durchmischten Welt keine schönen Seiten und Momente geben. Nur weil wir nicht mehr am jahrhundertelangen Paartanz festhalten, heißt das ja nicht, dass es nicht weiterhin um Paarungsrituale geht.

An Mi Gente überzeugt mich am Ende vor allem der sparsame fast minimalistische Einsatz der musikalischen Mittel. Visuell bunt - akustisch auf den Punkt reduziert: Rhythmus, ein paar Percussion-Elemente, Gesang und ein endlos wiederholter Loop. Brauchen wir mehr für eine gute Party?