Freitag, 25. November 2011

FLO RIDA: Good Feeling

Bang! Gerade habe ich hier Taio Cruz als den Pop-Act der Stunde abgefeiert, da legt sein letzter Single-Partner mit einem fetten Hit nach und verdient mindestens die gleichen Attribute, wenn nicht sogar gleich die ganze Krone. Letztendlich hängt die Entscheidung davon ab, welche Statistik man jetzt für den Nachweis des Erfolges bemüht … Aber sei’s geschenkt. (Der wirklich erfolgreichste Act derzeit ist und bleibt ohnehin erstmal noch David Guetta)

Flo Rida also legt nun endlich mal mit Good Feeling wieder eigenes Material vor. Es ist die Vorabsingle zu seinem Album Only One Rida (Part 2) und – ja, diese Single rockt. Es ist wie eigentlich alles von Flo Rida reiner Good Mood Party Pop. Aber es unterscheidet sich von den Vorgänger-Gastauftritten bei David Guetta und Taio Cruz und das geht ganz entscheidend auf das Konto des Produzenten. Mit AVICII (Tim Bergling) ist das kein Unbekannter, aber eben auch kein zu Tode genudelter. Und es ist einmal mehr ein Europäer. Diese Kombination: amerikanischer Hauptstar, europäischer DJ/Producer ist hier auf dem Kontinent momentan eines der großen Erfolgsrezepte.Von den sechs Usamerikanischen Hits, die es dieses Jahr in Deutschland bis auf Platz 1 schafften, folgen genau drei diesem Schema.Im Jahr davor war es lediglich Lady Gaga, die dieses Prinzip einführte. Bleibt also spannend zu beobachten, ob sich dieser Trend fortsetzt bzw. wie lange da frische Sounds herausgeholt werden können. In einigen Fällen lässt sich ja durchaus eine gewisse Müdigkeit feststellen.

Also – Good Feeling das ist garantiert nicht die Neuerfindung des Pophits. Es ist auch relativ weit entfernt von einem genialen Wurf. Aber es ist ein sehr gut funktionierender Tageshit. Tim Bergling bedient sich dabei deutlich hörbar noch einmal der Formel und des Grundmaterials, welches er schon bei seinem letzten eigenen Hit Levels benutzt hat. Im Moment ist das egal. Wie oft so etwas geht, das frage ich hier aber mal noch nicht.




Betrachtet man das Video zum Song findet sich die gleiche Mischung: US amerikanischer Rapper, der alle Stil-Zeichen von fetter Goldkette bis zu muskelbepacktem und tätowiertem Körper aufweist, treibt sich in Europa rum. Hier ist es lustigerweise Paris, was mir irgendwie so gar nicht einleuchtet. Da gibt es doch im Party-Kontext sehr viel coolere Städte in Europa. Neben altbekanntem Product Placement (ohne geht es im Mainstream-Pop offensichtlich gar nicht mehr) find ich die Fitness-Nummer reichlich abstrus. Hier wird zwar irgendwie ebenfalls die unendliche Party zelebriert, aber statt exzessivem Alkohol- und Drogenkonsum, statt Party auf dem Dancefloor ist es der Boxkampf, der Ausdauerlauf (auf der Autobahn – wie beknackt ist das denn) und am Ende der Live-Auftritt, der das „Good Feeling“ konkreter werden lässt. Auf eine gewisse Art ist das zwar erwachsener als der Kindertraum von Taio Cruz – auf der anderen Seite entspricht das aber auch ganz schön dem Klischee vom toughen und harten Rapstar. Auf der Bilderseite hat Flo Rida also nicht wirklich was Neues zu bieten. Anmerkenswert ist höchstens, dass es natürlich schon cool kommt, wenn das abgefahrene Motorrad aus TRON Legacy nochmal rausgeholt wird. Das wär ja eigentlich auch schön gewesen, wenn sich die komplette Geschichte ein wenig mehr Cyber getraut hätte.



Freitag, 18. November 2011

Udo Lindenberg feat. Clueso: Cello

Er gehört zu den fleißigsten und ausdauerndsten deutschen Künstlern der Gegenwart. Seit 1971 veröffentlicht er unter eigenem Namen. 33 Alben gehen auf sein Konto, dazu kommen diverse Live-Alben und Kompilationen, ein Musical mit seinen Hits wird in Berlin gespielt. Udo Lindenberg malt außerdem und vertreibt einen Likör. Allerdings muss man auch sagen, dass dieser Erfolg tatsächlich auf jahrelanger Arbeit beruht. Seine ersten Alben wollte anfangs fast keiner hören. Mit Alles klar auf der Andrea Doria von 1973 änderte sich das langsam. Und obwohl einzelne Titel von seinen Alben tatsächlich so etwas wie Hits waren, dauerte es bis 1981ehe sich erstmals eine Single auch vermarktungsmäßig so gut verkaufen konnte, dass es für eine Platzierung in den Charts reichte. Wozu sind Kriege da war so etwas wie der Stein des Anstoßes, danach folgte Der Sonderzug nach Pankow 1983. Seitdem tauchte Udo Lindenberg immer wieder mal musikalisch auf – den ganz großen kommerziellen Erfolg erlebte er vor drei Jahren als Stark wie zwei auf Anhieb Platz 1 der media control Albumcharts belegte. In diesem Herbst gelang ihm das Gleiche mit dem MTV unplugged – Live aus dem Hotel Atlantic-Album.

Was Udo Lindenberg mit seinen Alben widerfuhr, das erlebte er auch mit einzelnen Titeln. Aktuelles Beispiel Cello. Ich kann mich erinnern, dass dieser Titel zum Soundtrack meiner Jugend gehörte, keine zusammengestellte Kassette ohne dieses Lied, und alle konnten mitsingen und träumen. Wie erstaunt war ich, als ich jetzt feststellen musste, dass Cello niemals auf Single erschienen war. Auf dem Andrea Doria-Album 1973 war es der vierte Titel der zweiten Seite, später auf der CD-Veröffentlichung Track 8. Und das war’s.



Wie gesagt, Cello gehört ohne Zweifel zu den „Hits“ von Udo Lindenberg. Deshalb hat es mich auch nicht gewundert, den Titel auch auf dem Unplugged-Album wiederzufinden, jetzt mit Clueso als Partner. Gefreut hab ich mich dann sogar, als der Titel auch per Single veröffentlicht wurde. Sozusagen für alle, die mit Udo Lindenberg dann doch nicht 100% warm werden, aber dieses eine Lied sehr mögen. Überrascht war ich dann, als ich eben jene Single ganz weit oben in den Verkaufscharts wiedergefunden habe: Platz 4. Das ist ordentlich. Für Udo Lindenberg ist es sogar die höchste Platzierung, die er je erreicht hat. Was das nun genau bedeutet, darüber können sich Statistiker und Ökonomen sicher vortrefflich streiten. Auf alle Fälle scheint ein ordentliches Verlangen nach diesem Titel bei einer Menge Menschen auf einmal zu bestehen.



Vielleicht ist die neue Version tatsächlich schöner oder eingängiger. Vielleicht ist sie auch nur eine Variante, die gleichwertig ist. Ich bin mir da nicht sicher. Ist auch egal. – Schön ist in jedem Fall, dass mit der neuen Version so ein Künstler wie Clueso noch einmal ordentlich ins Scheinwerferlicht gerückt wird. Natürlich ist der Erfurter kein Unbekannter mehr. Keinen Zentimeter oder Gewinner sind Titel, die breiter bekannt sein dürften. Dem ganz ganz großen Publikum sagt der Name Clueso allerdings mitunter nichts. Mit Cello könnte sich das vielleicht ein wenig ändern. Und wenn in 30 Jahren Clueso sein Best of unplugged Konzert gibt, dann ist vielleicht auch eine Erinnerung an Cello dabei.




Freitag, 11. November 2011

Taio Cruz Feat. Flo Rida: Hangover

Zu den erfolgreichsten Pop-Artisten des gerade laufenden Jahrzehnts gehört zweifellos Taio Cruz. Sechs Singles hat sein Label in den letzten anderthalb Jahren hierzulande veröffentlicht, fünf davon wurden propere Hits. Die letzte Single Hangover ist nun die Ankündigung seines nächsten Albums TY.O, dessen Veröffentlichung für Januar 2012 geplant ist.

Wie nahezu alle Vorgänger ist auch Hangover ein eher elektro-affiner Party- und Dancetrack, der sich relativ nahtlos in die endlose Reihe von luxusverliebten und konsumfreudigen Hedonismus-Hymnen einreiht. Hier geht es (mal wieder) um den Tag danach, der dann auch gern mal mit ’nem ordentlichen Kater verbunden ist. Taio Cruz’ Mittel dagegen ist: Weiterfeiern! Das passt natürlich ganz hervorragend in ein Leben, das mit Arbeit und Geldverdienen erstmal nichts zu tun hat. Für diejenigen, die das noch nicht erreicht haben (und das dürften nicht wenige sein) ist es zumindest ein erstrebenswertes Ziel.

Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit sind die Konsumenten des Tracks allerdings alles andere als schon für sich selbst verantwortlich – die Teddys und albernen Kostüme, die im Video vorgeführt werden, sprechen da Bände – insofern verdient eine Textzeile besondere Aufmerksamkeit: I don't ever ever want to grow up – Und das zeigt uns Taio Cruz auch gleichmal, wie so ein nicht erwachsener Erwachsener daherkommt. Ziemlich infantil und alles in allem ja doch eher albern.



Mal abgesehen von der Belanglosigkeit und dem fast schon nervenden Product Placement ist das Video an mindestens einer Stelle sogar richtig schlimm. Wenn nämlich Comedian Bobby Lee als Hausangestellter am Ende darum betteln muss, nicht gefeuert zu werden, dann zeigt das nämlich schon ziemlich deutlich, was dieser Luxus auch meint. Klar ist Mr. Taio Cruz kein böser Mensch und findet das höchstens lustig – dass der Hausangestellte sich selbst zur Lachnummer macht, hat allerdings wenig mit Respekt oder Achtung voreinander zu tun. Spätestens hier ist klar, dass diese Art Popmusik nichts weiter macht als die bestehenden Verhältnisse zu wiederholen und damit zu festigen. Unpolitisch ist das ganz und gar nicht.



Donnerstag, 3. November 2011

Aura Dione: Geronimo


Vor zwei Jahren tauchte Aura Dione wie aus dem Nichts mit ihrer Single I Will Love You Monday (365) auf und stürmte in aller Ohren. Das war einigermaßen überraschend und hatte ganz sicher auch was mit dem anstehenden Jahreswechsel und ihrem Auftritt in diversen Jahresendshows zu tun. Dann kam im Frühjahr 2010 noch ein Nachfolgehit – Song For Sophie I Hope She Flies -– der besonders von den Radiostationen geliebt wurde und sich so ebenfalls eine ganz anständige Zeit etablieren konnte. Danach war es dann mehr oder weniger ruhig und im Grunde habe ich Aura Dione schon in eine Kiste gelegt, die da beschriftet ist „One Hit Wonder und Ähnliches“. Das war natürlich dumm von mir. Denn beinahe genauso überraschend wie vor zwei Jahren ist Aura Dione wieder da mit einem neuen Hit.

Geronimo läuft schon eine Weile im Radio – hierzulande gibt es die On Air On Sale-Regelung nicht, da setzen die Musikfirmen doch lieber auf Promotion um dann mit Veröffentlichung der CD ordentlich chartmäßig zuschlagen zu können. Im Falle von Geronimo ist die Rechnung auch absolut aufgegangen – trotzdem bleibt dieser Riesenerfolg auch für eingefleischte Marktbeobachter ein wenig überraschend. Ja, die Radioeinsätze sind wunderbar (von 14 auf 6 steigend) – aber es gibt nicht einmal ein Video. Das heisst, es gibt schon ein Video, nur ist dieses immer noch gesperrt. Eine zutiefst seltsame Taktik, die sich nur damit erklären lässt, dass UNIVERSAL tatsächlich der Meinung ist, veröffentlichte Musikvideos schadeten dem Verkauf. Schon auch sehr eigenartig, oder?

Nun – Radioeinsatz und gezieltes Marketing im Sinne von möglichst wenig Material zusätzlich streuen sind sicher ein gewichtiger Grund für den schnellen Erfolg. Ein anderer dürfte die eigentliche Produktion sein. Im Werbetextlein zum Titel wird fleißig damit geprahlt, dass das neue Album von David Jost und Rick Nowels produziert wurde. Das ist natürlich sehr schön, aber was bedeutet das eigentlich genau? Zum Beispiel, dass Aura Dione gar nicht mehr so richtig nach etwas Eigenem klingt – je nach Produzent ist sie mal die Pop-Queen und mal die authentische Liedermacherin. Anhand von Geronimo wird das ziemlich deutlich. Es fängt nämlich an mit „Gi-Gi-Hi-Gio-Gio-Hu-La-La-Let’s Go Geronimo“ – und im ersten Augenblick denke ich: Huch, ist das die neue Lady Gaga-Single. Einen Moment bleibt dieser Eindruck auch, dann wird es etwas rhythmischer und ich höre da so einen Kehlschlag, den ich aber absolut schon von Shakira kenne. So klingt dann auch ein Großteil des Refrains.

Alles nicht schlimm – aber eben doch auch schade. Denn auch wenn ich I Will Love You Mondays (365) nicht so wahnsinnig überzeugend fand, immerhin war es doch sehr sehr eigen und eben Aura Dione. Beim neuen Hit weiß ich nicht so genau, wer das da eigentlich wirklich singt. Das bringt natürlich eine Menge Erfolg. Lady Gaga und Shakira sind ja nun auch nicht gerade unbeschriebene Blätterm – eher das genaue Gegenteil, das sind zwei der erfolgreichsten Pop-Diven der letzten Jahre. Da lohnt es sich schon mal ein klein wenig auf die Rezepte zu schielen. Heraus kommt dann eine Mixtur, die ordentlich Menschen zum Kaufen bewegt.

Jost & Damien Radio Mix von Geronimo


Ich kann an dieser Stelle aber auch ein paar gute Sachen an der neuen Aura Dione finden. Zum einen ist ihr Album bei weitem vielfältiger und da findet sich schon auch der eine oder andere Song, an dem sich so etwas wie ein eigener Stil, eine eigene Interpretationsweise festmachen lässt. Und dann ist Aura Dione auch nicht ganz so laut wie beispielsweise Lady Gaga – hier ließe sich also vortrefflich über den Unterschied amerikanischer und europäischer Produktionen philosophieren. Sind Europäer tatsächlich etwas feinsinniger?

Aura Dione – gern von ihrem Label als Superstar vermarktet – scheint auf dem besten Wege, tatsächlich einer zu werden. Immerhin ist sie erst die zweite dänische Künstlerin, die zwei Nummer 1 Hits in Deutschland verbuchen kann. Das gelang vor ihr lediglich Gitte Haenning vor ungefähr 50 Jahren.