Freitag, 15. November 2013
EMINEM FT. Rihanna The Monster
Es gab eine Zeit, da schien der klassische HipHop sich gnadenlos selbst überholt zu haben, quasi tot gelaufen in immer den selben Ausdrucksformen. Das ist noch gar nicht so lang her – sechs oder sieben Jahre vielleicht. Dann gab es sehr spannende Weiterentwicklungen und Fusionen: von Grime bis hin zu Rap über Electro-Tracks oder gar reingemogelt in niedliche Popsongs. Und dann kehrte der Master zurück. 2010 katapultierte sich EMINEM zurück ins Bewusstsein der Menschen. An der Seite hatte er Rihanna und mit ihr zusammen landete er einen Klassiker: Love The Way You Lie. - Das Unglaubliche an diesem Hit war, dass er so unfassbar zeitlos daher kam. Er klang genau so als wäre er zehn Jahre zuvor schon aufgenommen worden und jetzt in einer verstaubten Schublade wiederentdeckt worden. Ein Beispiel der mittlerweile massiv grassierenden Atemporalität war das bereits.
Heute, drei Jahre später, ist dieser Begriff, diese Haltung noch viel ausgeprägter. Und deshalb kann EMINEM tatsächlich The Marshall Mathers LP II auf den Markt bringen, 13 Jahre nachdem Version 1 zum globalen Millionenseller geworden war. Warum er so lange damit gewartet hat, ist gar nicht richtig klar. Denn die Fortsetzung ist genau das: eine Fortsetzung. Keine Weiterentwicklung, kein überraschendes Update. Vielleicht eine Rückschau der Art: Was ich damals vergaß zu sagen.
Und so ist auch die vierte Single des Albums, The Monster, kein wahnsinnig aufregendes Stück mit den allerletzten Produktionstricks oder Soundexperimenten – es ist das komplette Gegenteil: erwartbarer Sound, klassische Rhymes, Rihanna wie wir sie von gefühlten 1000 anderen Stücken kennen - im besten Falle nenne ich so etwas OldSchool.
Warum dieser Sound dann immer noch so erfolgreich ist, liegt vielleicht auch daran, dass die vor 15 Jahren jungen Menschen zwar älter geworden sind, sich aber nicht so fühlen und auch nicht so benehmen. Sie kaufen immer noch Musik – jetzt haben sie ja sogar richtig Geld um sich auch wirklich eine physische CD zuzulegen. Das mit dem illegalen Download und den mp3s, das ist was für die Kids. Und klar stehen sie immer noch auf den Sound von früher. Je originaler umso besser. Denn die Zeit der Jugend, das war doch die beste Zeit ...
Mit dieser Einstellung sind die Konsumenten recht nah an ihrem Idol dran. Denn mit The Monster schaut EMINEM ein bisschen auf seine Karriere und resümiert, was da so in den letzten 15 Jahren passiert ist. Allerdings fällt diese Zusammenfassung eher ernüchternd aus. Der Ruhm und das Geld haben ihm nicht unbedingt Glück und Zufriedenheit gebracht. Stattdessen durfte er auch die negativen Seiten des Startums kosten: Kein Privatleben mehr, ständiger Erfolgsdruck und keine Chance auf ein Zurück. Das kann schon ordentlich verrückt machen.
Vielleicht ist das die Geschichte, in der sich die etwas älteren Musikkäufer wiederfinden. Auch sie haben mittlerweile ein geregeltes Leben, in dem sie funktionieren müssen. Auch sie fühlen sich zerrissen zwischen dem was sie gern wären und dem was sie doch täglich erfüllen müssen. Und der Luxus, den sie als Ausgleich konsumieren können, der ist dann doch nicht alles.
So ist sie also, die Welt. Ungerecht und böse wie eh und je. Und man kann nichts dagegen tun – Selbstmitleid ist das Gefühl, das dieser Haltung entspricht. Und das ist nicht weit von dem entfernt, was auch vor 15 Jahren schon Grundkonsens war. Ich komme aus harten Verhältnissen, niemand hat mir etwas geschenkt, ich musste immer für alles kämpfen, ich musste mich durchsetzen. Damals, da war die Haltung noch sehr viel kämpferischer, da hieß es eben auch: Stellt Euch mir nicht in den Weg, ich haue drauf, denn ich will raus aus diesem Dreck hier. - 2013, da herrscht dann eher Resignation vor. Vielleicht gibt es noch einen Funken Hoffnung. Vielleicht werde ich doch eines Tages ein Leben führen, das mich glücklich macht. Aber diese Hoffnung ist nicht sehr groß.
Hat sich also doch was getan in 13 Jahren. Wenn auch nichts, was ich eine positive Entwicklung nennen würde. Was mich irgendwie auch zu dem Verdacht bringt, dass EMINEM und seine Fans auch in weiteren 15 Jahren nicht wirklich weiter gekommen sein werden. Auch dann wird es vor allem darum gehen, was die Verhältnisse mit einem anstellen. Auch dann wird es heißen: Ich bin schon ein ziemlich armes Schwein. Glück haben eher die anderen. Zumindest aber wird wohl auch dann noch ordentlich Aufmerksamkeit und Erfolg fließen bei diesen Ergüssen.
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