Samstag, 20. Februar 2016

jonas Blue featuring Dakota: Fast Car



Ehrlich gesagt konnte ich schon das Original nicht besonders leiden. – Es war 1988 und Nelson Mandela wurde zu seinem 70. Geburtstag mit einer Riesen-Tribute-Show geehrt. Unter anderem trat dort auch Tracy Chapman auf und gab ihren Song zum Besten. Danach war das Lied ein Hit.

Mit reduzierter Gitarrenbegleitung im Liedermacher-Stil war Tracy Chapman eine viel beachtete Ausnahme im kommerziellen Business. House schwappte gerade über und Stock Aitken Waterman hatten eine weltweite Hitfabrik am Laufen. Dazu war der handgemachte Sound ohne überbordende Produktion von Tracy Chapman die Antithese. Und ihre Geschichten erzählten von einem anderen Leben als dem in der Neighbours-Welt.

Fast Car ist eine sehr traurige Geschichte über Hoffnung, Aufbruch und Desillusion. Ein schnelles Auto scheint zu genügen, um dem tristen Leben und engen, armen Verhältnissen zu entfliehen. Alles scheint möglich, der Aufbruch ist perfekt. Am Ende wiederholen sich die Stereotype: Billiglohnjob, Alkohol, kein Ort zum Fliehen. Das schnelle Auto allein reicht eben doch nicht.

Was wird daraus 2015/16?
Tropical House löst endgültig Deep House ab.
Und zu Tropical House passen keine Stories, die in der Verzweiflung enden. Tropical House will träumen. Zum Beispiel das Märchen vom Biker-Girl und dem Cowboy. Auch das hat natürlich seine dramturgischen Wendungen und fatalen Schläge. Aber zwischen all den vielsagenden Blicken und Traumvisionen in der Filmkulissen-Wüstenlandschaft gibt es immer auch eine Hoffnung, ein Wissen, dass das Gefühl, die Liebe, der Kitsch siegt. Überhaupt ist doch alles hier ordentlich abgesichert. Wer ein schnelles Auto (Motorrad) hat, der hat auch eine Kreditkarte und eine Lebensversicherung.

Und schwups wechselt Fast Car die Seiten. Die letzten Zeilen des Originals werden einfach gelöscht. Und schon ist aus dem Song, der sich das eigene Scheitern eingesteht, die realistischen Verhältnisse anerkennt – aus diesem Song ist eine traumverliebte, einlullende Schnulze geworden. Fast Car 2016 wiederholt die Selbstversicherung: ein schnelles Auto reicht! – Die Zukunft kann nur positiv und rosa sein. Es gibt ein Leben außerhalb des Supermarkts-Gefängnisses. Optimismus pur: Wir schaffen das! Und sei es nur durch die Flucht iun virtuelle Traumwelten.

Den bitteren Beigeschmack eines solchen Mantras kennen wir mittlerweile auch. Träume erreicht man nicht einfach so, da gehört Arbeit dazu, Anstrengung, Auseinandersetzung und auch der eine oder andere Verzicht. Und die Vision braucht auch einen klaren Blick und ein Ziel. Ein bisschen melancholisches Augenklimpern reicht da nicht.

Aber das ist natürlich nichts, was in einen Popsong im Tropical-House-Stil gehört. Fast Car von jonas Blue spielt lieber weiter Sommer 2015.

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