Freitag, 10. Juni 2016
The Chainsmokers Ft. Daya: Don't Let Me Down
Manchmal tauchen Namen wie aus dem Nichts auf und sind plötzlich völlig der Hype – da weiß ich mitunter gar nicht: War das jetzt cleveres Marketing, oder haben die wirklich grad eine perfekte Schaffensphase. Zum Beispiel The Chainsmokers. Die haben vor zwei Jahren mit #Selfie ordentlich Furore gemacht – ist sogar so etwas wie ein mittlerer Hit geworden. Dann war doch längere Zeit Ruhe, aber dann tauchen sie seit drei vier Monaten wieder auf ... nicht einfach mit einem neuen Hit, sondern gleich mit zweien: Roses und Don't Let Me Down. Und beide stellen ihren internationalen Einstand erfolgsmäßig in den Schatten.
Die starke Präsenz hat sehr wahrscheinlich mit dem Wechsel der Plattenfirma vor gut einem Jahr zu tun. Disruptor Records – ihr neues zu Hause – kolaboriert eng mit Sony Music Enterteinment, da agiert also schon eine recht große Marketing-Maschine im Hintergrund. Und das dürfte einen guten Teil des neuen Erfolges der Chainsmokers ausmachen. Wenn man Musik nicht kennt, dann kann man sie auch nicht mögen – mehr Verfügbarkeit bedeutet auch mehr Chancen auf Verkauft-Werden. Einfaches Marketing 1x1.
Und wie ist das mit Sängerin Daya? Die 17-jährige taucht tatsächlich aus dem Nichts auf und erreicht Radiostationen und Charts nahezu gleichzeitig mit zwei Songs. Zumindest in Deutschland. Da spielt dann der Zufall oder die durchaus eigenwillige Veröffentlichungspolitik von Musiklabels eine Rolle, denn Hide Away ist schon seit Herbst 2015 auf dem US-amerikanischen Markt verfügbar. Aber erst, nachdem es sich dort als mittlerer Hit gut etablieren konnte, ist der Weg frei für den europäischen Markt. Im Jahr 2016 eigentlich völlig unverständlich, wo doch digitale Medien und globale Vernetzung eine simultane Verfügbarkeit garantieren und selbst koreanische No-Names in wenigen Tagen oder höchstens Wochen zu globalen Stars werden.
Warum dann vor allem Don't Let Me Down zum durchschlagenden Erfolg wird, hat sicher auch etwas mit kalkulierter Berechnung zu tun, denn verglichen mit #Selfie ist der Song ja geradezu unscheinbar artig. #Selfie war geradeaus, sarkastisch, lustig und böse. Musikalisch und inhaltlich ziemlich kompromisslos. Und hat genau deshalb ordentlich gefetzt und Spaß gemacht. Auch wenn das Ganze vielleicht nur ein Persiflage sein sollte. Hat funktioniert.
Bei Don't Let Me Down erkenne ich mit den ersten Akkorden die Chainsmokers erstmal gar nicht wieder. Gitarrenmäßige Einzeltöne als Hookline – was ist denn das? Eine Anbiederung an die Deephouse-Country-Pop-Bewegung der letzten Jahre? Gut, mit dem Refrain setzen auch ein paar Trap-Sounds ein, so dass ich zumindest erkenne: Die beiden Jungs haben ihr Zu Hause wirklich im elektronischen Clubbereich.
Zum Pop-Titel wird der Track ganz wesentlich auch durch Dayas Gesang. Der ist kraftvoll, stark, eindrucksvoll – auf jeden Fall, aber eben auch sehr nah dran am Stil von Rihanna oder SIA. Das funktioniert im Mainstream grad ziemlich gut – und Daya ist tatsächlich auch eine Vertreterin, die diese Art sehr überzeugend meistert ohne ins Rumgeschreie abzurutschen wie so manche ihrer Kolleginnen. Vielleicht liegt es daran, dass sie ihren Text in allen Facetten tatsächlich empfindet. Hier geht es nämlich nicht nur um das Flehen, nicht allein gelassen zu werden, oder um Verzweiflung, sondern auch um die Enttäuschung, das Wissen um den Absturz, die Niederlage ... am Ende also den Schmerz.
Das funktioniert im Zusammenspiel mit dem Geschredder der Chainsmokers ganz gut. Und auch in den liedhafteren Passagen weiß sich Daya ganz gut zu behaupten. Insofern ist die eigentliche Entdeckung dieses Songs die junge Sängerin, weshalb es sich lohnt, auch mal in ihre anderen Aufnahmen reinzuhören. Das meiste davon ist mit elektronischen Sounds angereichert, die ordentlich auf Dekonstruktion setzen – vielleicht hat sie ja irgendwann auch mal Lust, ähnliches mit ihrer Stimme auszuprobieren. Das könnte dann richtig aufregend werden.
Die eher schlagerhaft daherkommenden Remixe sind dagegen äußerst belanglos und tun auch ihrem Gesang nicht unbedingt einen Gefallen.
Für alle, die Musik vor allem über Videoplattformen wahrnehmen, lässt sich an Don't Let Me Down ein kleines Kuriosum beobachten. Während das offizielle Video mit den Original-Künstler*innen nicht allzu viele Einfälle zu bieten hat, versorgt uns das Lyrik-Video mit einer viel konsistenteren Story. Die dem Text eine mögliche Interpretation hinzufügt. Dagegen ist das magisch sich aufbäumende Auto nur ein sinnleerer visueller Trick, der nichtmal choreographisch die 3-Minuten des Songs lang trägt.
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