Freitag, 13. Januar 2017
Ed Sheeran: Shape Of You
Bam – da ist er wieder! Kaum hat das Jahr 2017 begonnen, da wirft Ed Sheeran zwei Singles gleichzeitig auf den Markt um sein kommendes Album Divide anzukündigen – und schwups hat er gleich den ersten Superhit etabliert.
Ich war einigermaßen überrascht, den Sänger auf Anhieb auf Platz 1 zu entdecken (und auf Platz 2 gleich nochmal). Ja, Ed Sheeran hat sich in den letzten fünf Jahren ganz gut etabliert – als solch einen Megastar habe ich ihn allerdings nicht wahrgenommen. Die aktuelle Nachfrage lässt aber keine Zweifel offen. Ed Sheeran gehört jetzt zu den ganz Großen.
Für die aktuelle Popmusik ist das sogar ganz gut, denn Ed Sheeran zeichnete sich in den vergangenen fünf Jahren vor allem durch Experimentierfreude und Stilvielfalt aus. Das liegt vor allem an den Kooperationen, die er so einging – oder die seine Songs per Remix erfuhren. Ob Kygo, Hoodie Allen, Felix Jaehn oder Rudimental – da war schon einiges dabei, was seinen eigenen Stil nochmal schon bereichert und beeinflusst hat. Und so ist auch Shape Of You eine sehr clevere Mischung. Das Intro knüpft raffiniert an Tropic-House-Hörgewohnheiten an, wird dann aber durch einen minimalen Funk-Rhythmus ergänzt, den Ed Sheeran mit einer sehr hübschen Alltagsgeschichte garniert. Und obwohl sich die Instrumentierung Stück für Stück steigert, wirkt der Song in keiner Sekunde überinszeniert oder pompös. Selbst der Juchzer mit Reminiszenz an Michael Jackson fügt sich hier wie selbstverständlich ein.
Einen wesentlichen Anteil an dieser großartigen Mischung hat Produzent und Co-Autor Steve Mac. Bereits für die Vorgänger-Nr. 1 Rockabye zeichnete er als Produzent verantwortlich und zeigte darauf mit welcher Leichtigkeit sich Dancehall und Pop verbinden lassen. Hier bei Shape Of You passiert das Gleiche – nur mit anderen Zutaten.
Zweiter Bestandteil ist der faszienierende Wechsel zwischen Sprechgesang und Falsettmelodie. Ed Sheeran erzählt von überraschenden Begegnungen, von der unbeholfenen Art, sich einer attraktiven Person zu nähern und vor allem von der Begierde und Lust, die durch ein attraktives Äußeres ausgelöst werden. Ja – hier geht es um ganz oberflächliche Lust, um Sexappeal, und darum, wie schwer es uns fällt, dem einfach nachzugeben. Und das ist richtig schön. Denn es ist trotzdem nicht so prollig doof, wie die Mehrheit der Rap- und Dancefloor-Produktionen. Es redet nicht drumrum und bleibt dennoch respektvoll. Am Ende ist es sogar die Frau, die sagt: "Hey komm, laber nicht rum, sondern lass uns endlich mal körperlich werden!"
Pophistorisch spannend ist die Feststellung, dass 1981 Olivia (Newton-John) genau diese Situation schon beschreibt mit Get Physical. So weit waren wir also schonmal – oder ist etwa gar nichts passiert seitdem?
Zumindest wenn ich mir den immer noch überbordenden Erfolg der aseptischen Helene Fischer anschaue, denke ich, eine ganze Menge Frauen spielt heute doch wieder ganz gern das kleine, romantische Heimchen. Sex? – Bloss nicht. Jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit.
Und alle die, welche da ganz ungeniert auf Biest und Bitch machen, die bleiben am Ende genau in ihren Rollen gefangen und werden kaum akzeptiert.
Großartig an Shape Of You ist deshalb vor allem die Normalität, mit der hier die (weibliche) Lust auf Körperkontakt beschrieben wird. Danke genau dafür.
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