Freitag, 30. November 2018

Mero: Baller los



Rekord Rekord! Mero ist der erste deutsche/deutschsprachige HipHop-Act, der es mit seiner Debut-Single von 0 auf die 1 in den deutschen Single-Charts schafft. Boah! Und jetzt wird gefeiert!

Aber was feiern wir da eigentlich? Zum Beispiel dass der Vertrieb Groove attack, einer der größten Independent-Vertriebe europaweit, sein Handwerk ganz gut beherrscht. Die Jungs aus Köln haben schon ganz gut Erfahrung sammeln können mit der KMN Gang, dem Aggro Berlin und Azzlacks-Label und Flers Maskuklin. Da ging schon einiges. Also hat man ganz gute Connections zur Zielgruppe und weiß worauf die Kids so stehen. Zum Beispiel auf einen grad 18jährigen Rüpel. Das war auch bei den Casting-Bands schon ganz ähnlich: jung, unangepasst, laut - das kam und kommt gut an.

Natürlich darf man von Mero jetzt nicht allzu viel erwarten. Er bedient genau das, was sich in den letzten Monaten und Jahren als erfolgreicher HipHop-Mainstream bereits durchgesetzt hat. Ich hab den dicksten Schwanz, ich krieg's am besten hin und 'ne Knarre hab' ich außerdem. - Technisch kann er schon ein ordentliches Tempo vorweisen. Da muss sich Kollegah wohl bald warm anziehen. Ansonsten bleibt Mero uns vorerst noch schuldig, was ihn so besonders machen soll. Im Gegensatz zu seinen verbalen Behauptungen ist er eben doch nur einer von vielen. Ich würde mal schätzen: diese Woche Nr.1, nächste Woche dann doch schon wieder etwas tiefer.

Interessant ist natürlich, dass so ein Gangsta sogar in seinen Lyrics davon träumt, in den Charts zu sein. Wenn die GfK, der biedere Verein jubelt, dann hat man's geschafft. Darin spiegelt sich einmal mehr, wovon die wilden Jungs träumen: Gesellschaftliche Anerkennung! Einmal über den roten Teppich laufen! Diejenigen, die man eigentlich abgrundtief verabscheut und hasst, die sollen einem endlich Respekt erweisen. Über Chartpositionen und Geld scheint das zu funktionieren. Allerdings durften selbst Größen wie Kollegah etc. schon vor geraumer Zeit erfahren: dieser Respekt ist falsch. Runter vom Thron ist man wieder wertlos. Zu sagen hat man auch mit mehreren Nummer1-Alben im Gepäck nichts.

Vielleicht kriegt's Mero aber auch hin und ist in 20 Jahren da, wo Sido heute schon langsurft: am lullig-sentimentalen Retro-Gesinge, kurz vor der Schlagerbar. Gratulation!




Freitag, 23. November 2018

Ava Max: Sweet But Psycho

Der erste Titel seit dem Sommer und Dynoros In My Mind, der es schafft so richtig bis an die Spitze der deutschen Single-Charts zu gelangen und nicht aus dem Genre DeutschGangstaRap stammt. Und dann ist es: eine Lady Gaga-Kopie. :-(

Die hat ja schon seit ganzen fünf Jahren kein richtigen Gassenhauer mehr vorlegen können, versucht es grad intensiv mit Shallow - nunja, immerhin Top 10 - aber so richtig funkt es nicht mehr bei der selbsternannten Göttin des Pop. Da kann es die junge Generation offenbar besser. Wobei die Unterschiede in qualitativer Hinsicht eher minimal sind.

Zunächst einmal macht die 24-jährige ordentlich auf Drama- und Horrorqueen. Mit wildem Grusel-MakeUp und breit zerlaufendem Kajal singt sie: "Sieh dich vor der anderen vor, sie ist gefährlich, verrückt und wird dich umbringen, wenn nicht schlimmeres."
Gleichzeitig ergeht sich Ava Max in Phantasien, wie sie ihren Angebeteten zerlegt. Die Ohnmacht, nichts tun zu können, treibt sie in abartigste Gelüste.

Schon bin ich bei Fifty Shades – denn im Video sieht dieser Hass ordentlich lustvoll aus. Haben die Romantik-Versessenen SadaMaso-Vouyeure hier ihr Pendant in der Popmusik gefunden?

Vielleicht ist es genau das, was mich an Ava Max und Lady Gaga so nervt: Diese Lust am Hass, die ja am Ende nur in Selbstzerfleischung endet. Ava Max will nicht gefallen und nicht schön sein - auch wenn sie sich aufbrezelt und herausputzt wie eine Prinzessin. Sie will die dreizehnte Fee sein. Die, die verschmäht wird, die deshalb alle verfluchen kann, die vor Selbstmitleid nur noch Rache kennt. Und wenn dann alles gelaufen ist, der schöne Jüngling zerfleischt?



Immerhin hat Sweet But Psycho mit Cirkut einen eher rhythmusorientierten Produzenten. Der gibt wenigstens der Produktion ein wenig Schmiss. Ansonsten ist das Ale-Ale-Alejandro oder Papa-papa-paparazzi abgekupferte "I'mamama out of my mind" leider sehr öde. Und es gibt mir wirklich zu denken, dass wir nun schon die Rezepte der End-00er recyclen. Leute Leute - fällt euch gar nichts mehr ein. Dagegen find ich den dummdebilen Jungsrap, der uns gerade komplett zuschwappt ja noch richtig modern.

Freitag, 16. November 2018

Samra: Cataleya



Ist das echt ein Liebeslied? So ganz anders als der Schnulzenquatsch, den Samras Straßenkollegen sonst so veröffentlichen? Dreckig, verzweifelt, grausam, verliebt?

Schön, dass es endlich mal einer von den Jungs schafft, die Lady als starke Kriminelle zu inszenieren. Gleichwertig zum Kerl. Nicht nur die hübsche Göttin, der man die Klunkern hinlegen muss, sondern eine, mit der Mann auch mal ne Bank ausrauben kann. Dass das ans Leben geht, alles umkrempelt, keinen Stein auf dem anderen lässt und trotzdem geil ist, das bringt Samra auf den Punkt. Tatsächlich geil: Ohne das Gesicht zu verlieren Gefühle beschreiben. In all ihrer Widerspenstigkeit.

Musikalisch genauso umgesetzt: schräg kratzende Streicher, Beats wie Schüsse, glockenblubbernde Hintergrundmelodie, rauchiger Gesang. Der Track macht Lust auf Samras Album, das gleich erscheinen soll - verdienter Nr.1-Hit.


Freitag, 2. November 2018

Kitschkreig feat. Trettmann, Gringo, Ufo361 & Gzuz:
Standard



Das ist mal eine Allstar-Produktion. Der Reihe nach treten sie auf: Trettmann - gewohnt cool und mit ungewöhnlichen Rhymes, Gringo - ungehobelt und rauh, nicht unsympathisch, UFO 361 - haha, wiedererwacht von den Toten, zumindest für dieses Feature, Gzuz - witzig, dass er erstml nur das tumbe "Standard" beitragen darf, und dann kommt doch noch ein wie üblich mit bösem Gesicht und gepresster Stimme rausgehauner Selbsthype, kann man eher weglassen.

Hübsch das zurückgenommene Video. Das könnte fast schon als Arthouse durchgehen. Es braucht gar nicht immer die Mega-Inszenierung. Manchmal zählt einfach die Musik.