Freitag, 23. August 2019
Luciano: Yeah
Im deutschen HipHopBiz hat fast jeder kommerziell Erfolgreiche seine eigene Nische belegt. Es gibt den mit viel Style, den Zugedröhnten, den Albern, den Proll, die Kleinkriminellen, den ganz Bösen, den Intellektuellen, den Mädchenschwarm, den ganz Dunklen, den Fitnessfreak, den Wütenden, den sich Ereifernden, die Zicke ... und was ist eigentlich Luciano? Wofür steht der?
Seit zwei Jahren trollt er sich durch die deutschen Kommerzcharts, seit gut einem Jahr mit Vorliebe in den Top 10 - aber warum eigentlich? Was ist das Besondere, das Eigene?
Ich schaue mir Yeah an und gähne. Ist Luciano einer, der besonders belanglos sein will? Seine Inszenierung: Sonnenbrille und dadrunter ganz böse gucken. Kopf nicken - Woddi verschütten - vor starken Maschinen posen ... Fast & Furious lässt grüßen. Der Sound: ähm - erinnert mich das jetzt wirklich an 50 Cent? 15 Jahre alt? Luciano der Zurückgebliebene? Oder ist es eine Hommage: Damals, da gab es noch gute Mucke und Möglichkeiten...
Die Lyrics: Aneinanderreihung von seinen Lieblingstätigkeiten, -marken, -fantasien - schön sinnfrei. Schöner Dada. Hatten wir auch schon. Reichlich.
Und dann gibt es da diese Szenen: Luciano im historischen Kabinett eines Prunkbaus von vor über 200 Jahren. Warum denn das? Da steh ich ja schon in normal nicht drauf. Der Motten-Prunk aus blaublütigen Zeiten ist jetzt real eine Kulisse, in der man sich ablichten lässt. Wahrscheinlich zu viele Musketier-Verfilmungen im öffentlich-rechtlichen gesehen. Das muss wirklich eine schlimme Kindheit gewesen sein.
Damit nicht genug: Im leeren Kabinett ist auch immer wieder ein glänzender schwarzer Flügel zu sehen. Ganz pathetisch steht er da. Warum eigentlich? Insignie von viel Kohle? - Wenn er die ganze Bude wenigstens anzünden würde... Nach dem Motto, Scheiß auf euren alten Prunk, ich lebe heute wie ich will, mit eigenem Luxus! Nee - so isser nich der Luciano, der lässt sich lieber umgarnen von Dingen, die nur richtig schlimm konservative Menschen noch als Lebensstil empfinden. Irgendwas ist da grundsätzlich schief gegangen.
Musik und Stil geben also nicht so viel her. Schaun wir mal in seine Biographie. Aha ... der gute ist gar nicht so bunt und wild wie er sich gibt. Künstlername mit Flair einer fernen Welt. Wer will schon Patrick Großmann auf seinem Album drauf stehen haben. - Dabei wäre das mal noch ne Haltung gewesen. Und unter dem Label hätte sogar Yeah nochmal eine ganz andere Aussagekraft: Der Junge aus der Provinz. Wenn mans genau nimmt, sogar aus der ostdeutschen Provinz. Der Held, der das wirkliche Leben repräsentiert - nicht so globalspaßig verramscht wie bei der KMN Gang. Damit ließe sich doch was anfangen. So viel Schneid hat Luciano dann aber doch nicht. Wahrscheinlich ist auch genau deshalb seine Musik genauso schneidlos.
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