Freitag, 20. September 2019

Tones And I: Dance Monkey



Es ist gut ein Jahr her, dass zum letzten Mal eine Dance-Nummer auf Platz 1 der deutschen Charts stand. Im späten Oktober 2018 erreichte Dynoro zum insgesamt vierten Mal den Top Spot und machte In My Mind zum erfolgreichsten Track des Jahres.

Im beginnenden Herbst 2019 ist es Tones And I. Wobei wir uns schon über die Klassifizierung hübsch streiten können. Der Track heißt zwar Dance Monkey und ja, er animiert in gewisser Weise auch zum Tanzen. So ein wirklicher Track aus den Clubs ist es am Ende aber nicht - insgesamt zu akustisch ... gut, zum Refrain hin gibt es ein paar elektronische Sequenzen. Insgesamt platziert sich der Song dann aber doch eher in Gefilde, in denen sich auch Feel It Still vor zwei Jahren rumtrieb: Tanzbarer Indie-Pop. Mal so ganz schwungvoll ausgeholt.

Diese Zuordnung kommt nicht von Ungefähr. Tones And I ist eine Sängerin, die sich laut wikipedia eher als Straßenmusikerin versteht. Das muss nicht immer Ethno-Folk oder Hippie-Gedudel sein, auch nicht Hammond-Gewimmer - das kann im besten Fall ziemlich zeitgemäßer Sound sein. Tones And I macht es vor.

Als Singer-Songwriterin hat die Künstlerin dem Song Dance Monkey dann aber doch eine eher dünne Story beschert. Immerhin, hier gehts um die Lust und Freude, der Geliebten beim Tanzen zuzuschauen oder eben auch für sie zu tanzen. Das kann schon atemberaubend oder lebenserhaltend sein. Durchdrehen bei jedem Move, den der Geliebte macht - das ist Verlangen pur. Da braucht es nicht vioele Worte. Erst recht nicht im Jahr 2019.

Um das beschriebene Verlangen im Gesang auch zu entdecken brauche ich eine ganze Weile. Zuerst löscht mich die Stimmlage doch ordentlich ab: Kindergesang? Autotune? Schlumpfenlied? - Das mag der 19-jährigen ungerecht tun. Dennoch bewegt sie sich nicht im luftleeren Raum und hat ziemlich Pech, dass auf im Popbusiness mit quäkenden Stimmen schon reichlich Schindluder betrieben wurde. Als rein akustische Erfahrung auf Spotify & Co. höre ich irgendwann dann doch stimmliche Qualitäten. Das, was mich dannallerdings jedes Mal wieder komplett erdet ist der dazugehörige Videoclip.



Da stimmt ja leider gar nichts dran. OK - es ist ehrenwert älteren und alten Menschen zuzugestehen, dass sie auch Spaß haben dürfen, ausrasten, tanzen. Aber warum muss diese Lust dann so albern rüberkommen? Die tanzenden Alten kann ich in keiner Minute ernst nehmen - das sind groteske Schaubilder. Die Botschaft rauscht durch den Gulli des Bloß-nichts-ernst-Meinens. Irgendwie auch schade.

Wäre natürlich zu viel verlangt, an der Entwicklung einer Idee zum Pop-Clip auch Ältere zu beteiligen. Wie sieht ihr Rausch aus? Ihre Lust? Das hätte zu dem vorliegenden Sound vielleicht sogar richtig gut gepasst. Und wäre ungewöhnlich gewesen.

Einfacher war es hier ein von jungen Menschen ausgedachtes Zerrbild zu inszenieren. Logisch: die Zielgruppe sind am Ende auch nicht die 70- oder 80-Jährigen. Lachen sollen die Teenies. Und das tun sie vermutlich. Unbeschwert sogar. Immerhin macht der eine oder andere Opa den ganzen Quatsch sogar mit.

Belassen wir den Song also bei dem, was er sein will: unbeschwerter Tagessound. Für ein paar nette Momente. Mit bloß nicht zu vielen Hintergedanken. Dance-Music irgendwie.




1 Kommentar:

  1. Das Lied reisst mich mit, ich sehe zwei Faktoren: die einmalige variationsreiche Stimme, was sie auch beweist in dem Video mit der "reduzierten Version" am piano. Zweitens, der Refrain ist kompositorisch eine tolle Steigerung der Strophe. Das steckt an. Eine Anmerkung, sie ist wohl 1993 geboren und nicht 2000

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