Freitag, 15. Mai 2020

Apache 207: Fame



Eyo was geht? - Zum Beispiel der neueste Track von Apache 207. Ach, es ist schön, ihn zurück zu haben an der Spitze. Ungefähr das entgegengesetzte Gefühl zu dem, wenn Capital schon wieder Top ist.

Das kann daran liegen, dass bei 20 gleichklingenden Nummer Einsen einfach mal auch Langeweile aufkommt. Apache krebst da eher noch bei seinem dritten herum.
Kann aber auch sein, dass Apache viel viel mehr Pop ist. Nicht umsonst klingt auch Fame wieder arg nach 1990er Retrodancefloor. Culture Beat und 2unlimited würden Apache lieben.

Tatsächlich hatte ich kürzlich noch ein ganz anderes Deja vu. Da bin ich bei so einem ollen Ostrock-Track aus den 80ern gelandet. Weiß der Geier, wie sich das in meine Playlist hineingeschmuggelt hat. Vielleicht mal wieder nicht die Werbung ausgeschaltet. - Jedenfalls höre ich Toni Krahl ausnahmsweise mal sprechgesangmäßig erzählen. Und ich denke: Hä - der hat ja die gleiche Art drauf wie Apache. Also natürlich nicht so HipHop-draufgängerisch - eher so die Stimmlage und Richtung. Der sprach mich direkt an, so wie ich die Lyrics im Raop auch als sehr direkt an mich gerichtet empfinde. Da gibt es also eine Linie zwischen dem, was vor 25 Jahren mal ausprobiert wurde und heute ziemlicher Mainstream ist. Weird.

Zurück von dieser bedeutungslosen und völlig nebensächlichen Geschichte. Was fasziniert mich - und offenbar noch eine Menge anderer Leute - so sehr an Apache. Die Sehnsucht nach billigem 90er Jahre Sound allein ist es hoffentlich nicht. Nein. Für mich kommt eindeutig dazu, dass Apache bei aller Coolness Anstand bewahrt. Da, wo andere Jungs nur von Respekt reden und Unterwürfigkeit meinen, da bleibt Apache auf Augenhöhe: So lange du mich nicht unterirdisch behandelst, behandle ich dich als Mensch. Dass diese Haltung nicht bedeuten muss auf großkotzige Sprüche und Posen zu verzichten, das ist die verrückte Erfahrung bei seinen Produktionen.

Fame ist ja nun wirklich ein gern behandeltes Thema im Business. Alle lechzen danach, verbiegen sich und drehen völlig ab, wenn es dann mal für 20 min zum Stardom reicht. Bei Apache ist es eher ein abfällig ungläubiges: "Scheisse Mann, jetzt sind wir also fame."
Das hat auch was zutiefst Arrogantes. Weil Fame eben null eine Rolle spielt. Ist ok wenn er da ist. Aber auch egal, wenn es mal nicht dafür reicht. Von der Position aus, lässt es sich richtig gut dissen. Immerhin: Shirin David ist mit ihrem ersten echten Rap-Feature (peinlichst!) nicht auf die 1 gegangen.

Und gern nochmal: Der Typ tut so viel, was gern auch peinlich sein könnte. Der muss sich nicht darum kümmern, was jede Woche so als Modehype gilt. Er trägt immer noch seine goldenen Roller Blades. Und sein Videoclip spielt nicht im Ferrari sondern im Hochhausflur. Das ist mal Street Credibility. - Da ist der Wohlstandsspeck nicht Zeichen von "ich kann's mir leisten Dreck in mich hineinzuschütten." sondern "Ich bin wie ihr." Und die Lyrics erzählen Geschichten, die echt sind. Ghetto fühlt sich plötzlich viel trister an. Und banaler. Die Sonne kommt eben nicht bis ins Zimmer, weil der Nachbarblock im Weg steht. Da brauch ich gar keine aufgebauschten Gangstergeschichten vom harten Überlebenskampf.

Tatsächlich findet Apache bei Fame nicht nur treffende Rhymes sondern hat auch ein gutes Gespür für krasse Bilder. Je Hochhauszimmer eine Lebensstation oder -situation. Alles voll künstlich - und voll mit Zeichen und Hinweisen. Da dürfen sich junge Filmemachende nun echt einen Wolf interpretieren. Und jede*r seinen eigenen Film fahren.

Schade ist lediglich, dass der Künstler es nicht mehr zulässt, seine Videos einzubinden. Das gehört zum Fame dann vielleicht auch zwangsläufig dazu.


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