Freitag, 17. Mai 2013

Xavier Naidoo: Bei meiner Seele

Seit 15 Jahren versorgt uns dieser Hohepriester der Liebe und des Glaubens an das Gute im Menschen mit seinen gebetsartigen Liedern. Und seit 15 Jahren hat dieser Mann einen unermesslichen Erfolg. Hallelujah!

Nun ist er also wieder da, der Herr Naidoo. Zumindest als Solo-Künstler. Denn zwischendrin gab es genügend anderes Material in verschiedenen Kollaborationen, mal zusammen mit den Söhnen Mannheims, mal zusammen mit Kool Savas als XAVAS. Die Varianten in seiner Musik: minimal. Vor diesem Hintergrund war ich schon nicht schlecht überrascht, als ich lesen durfte, dass Xavier Naidoo nun auch in Dubstep macht. Unter Pseudonym natürlich.

Mit Bei meiner Seele gibt es allerdings keine Experimente. Das ist gewohnter Soul mit ordentlich viel Wehmutsklagen und dieses Mal zur Verstärkung auch mit Jammer-Chor. Das Vokabular wie immer aus der Kiste des Glaubens und der Religion, damit alles schön offen bleibt für jedwede fundamentalistische Interpretation. Wunderbar hat das Marcus Staiger auf den Punbkt gebracht. Und an dieser Stelle würde dann eigentlich auch schon der Rundflug über die neue Single, den neuen Hit von Xavier Naidoo enden. Wäre der Song nicht in mindestens zwei total unterschiedlichen Versionen veröffentlicht worden.

Da ist als eines Extrem die Stripped Down Akustik-Version:



Hmm – das verzichtet also auf alles Schwülstig-Pathetische, das sonst immer so schön durch Naidoos Songs wabert und es einem einfach macht, den Kitsch-Brei nicht zu mögen. Nun ist es also fast nur noch seine Stimme (die allerdings durch 15 Jahre Gewimmer ordentlich besetzt ist und nicht mehr neutral wahrgenommen werden kann) – und plötzlich ist dieser Song gar nicht mehr soo schlimm. Da isses dann tatsächlich nur noch eine Liebesballade. Und vielleicht das erste Mal seit seinem ersten Auftritt an der Seite von Sabrina Setlur (1997), dass ich einen Song von ihm komplett durchhalte.

Und dann gibt es als anderes Extrem den breiten Souldisco-Mix , der im Zusammenspiel mit dem 50er-Jahre-Style-Video zu einer kaugummiharmlosen Sonntagnachmittagunterhaltung wird. Da hör’ ich plötzlich gar nicht mehr auf das, was der Typ da so singt. Hat ja auch nichts mit den Bildern zu tun. Ist eher so Nebenbeigedudel. Und der völlige Klamauk.



Und was bedeutet das jetzt eigentlich? – Genau genommen muss sich Xavier Naidoo wohl echt Mühe geben, um seine Verkaufszahlen im Singles-Bereich zu halten. Das letzte Album Alles kann besser werden brachte bis auf den Titelsong nicht wirklich durchschlagenden Erfolg. Für andere Künstler ist das kein Problem – denn als Albumkünstler durchzugehen ist ja schon so ein wenig wie geadelt werden. Allerdings ist es auch ein offenes Geheimnis, dass der Albummarkt im digitalen Zeitalter ordentlich problematisch ist. Die abgesetzten Einheiten werden nach wie vor weniger und weniger. Dagegen ist im Bereich der Einzeldownloads doch so etwas wie eine Beruhigung und Stabilisierung zu beobachten. Also versucht Xavier Naidoo hier ganz vehement Hits zu platzieren. Und da möchte er natürlich nicht nur die weinerlichen Soul-Liebhaber erreichen, sondern gern auch die Pop-Kinder und die Rap-Rebellen (einen Mix mit Moses Pelham gibt es nämlich auch). Also wird wie wild zusammengearbeitet und geremixt – und wenn als Ergebnis niemand mehr so richtig auf das hört, was man da eigentlich mitteilt, auch gut – unterschwellig setzen sich die Botschaften ohnehin viel besser und dauerhafter durch.

Hat er also mal wieder alles richtig gemacht für den Massenabsatz. Und allein schon deshalb ist dieser Mensch alles andere als besonders ernst zu nehmen.



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