Freitag, 12. September 2014

The Script: Superheroes

Wie oft darf man sich eigentlich wiederholen? – Das ist die Frage, die mir durch den Kopf ging, als ich The Scripts neue Single Superheroes hörte, mit der die Band ihr viertes Album No Sound Without Silence ankündigt.

Obwohl sie es in ihren besten Songs schaffen, so etwas wie Feingefühl zu transportieren, oder auch mal mit etwas stilleren Tönen zu überzeugen, mit ihren Singles wollen sie vor allem eines: Die Leute mit Bombast-Sound wegbrettern. Das ist sogar erklärtermaßen ihr Ziel, wenn man den Entstehungslegenden glauben schenken darf. Denn angeblich wurde das Album eingespielt während ihrer 3 World Tour. Sozusagen runter von der Bühne, rein ins mobile Studio. Völlig überdreht und massenhysterisch infiziert wird losgespielt. Heraus kommt genau das: Pathetischer Monstersound.

Ebenso ist das Thema ihrer Single ganz groß aufgezogen. Es geht um Superheroes. Und damit nehmen sie den Faden ihrer Erfolgssingle Hall Of Fame auf. Sie haben sich offenbar noch nicht genug abgearbeitet an den überlebensgroßen Vorbildern und Anforderungen. Immer noch befinden Sie sich mitten drin in der kapitalischen Leistungsgesellschaft. Mehr mehr mehr, größer, weiter, schneller, besser.

Und so besingen The Script ganz ungebrochen den Weg, wie wir alle zu Superhelden werden können:
When you've been fighting for it all your life
You've been struggling to make things right
That's how a superhero learns to fly


Nie aufhören mit dem kämpfen, niemals klein beigeben, den Druck, den Schmerz verwandeln in Kraft. - Das klingt heldenhaft. Und es klingt vor allem unglaublich angepasst. Statt die Kraft zu benutzen, mit Mut und Geschick anzuwenden, um die Verhältnisse zu ändern und tatsächlich ein eigenes Leben zu führen, wird hier nur die Bestätigung dessen propagiert was uns umgibt. Kämpfe, sei hart und werde Teil des Systems. Dann hast du es geschafft und darfst mitspielen.



Es gibt eine Menge anderer Beispiele, wie mit Heldenträumen und Lust nach Mehr umgegangen werden kann. David Bowie hat schon in den 70ern erkannt: Held sein, das kann man auch nur einen Moment lang. Das Gefühl ist kein bisschen weniger heroisch oder erhebend. Nur der Weg ist wesentlich einfacher: Statt ein Leben lang Schläge einzustecken muss man sich lediglich auf einen Menschen einlassen.

Oder auch Friedrich Liechtenstein: der überzieht die Supergeil-Superhelden-Fantasien mit Ironie. Mehr und besser und härter und schöner und stärker ist eben vor allem eines: Albern.

Und noch ein Beispiel: Schauen wir uns Praia do futuro an, das gerade in die Kinos kommt. Karim Aïnouz zeigt hier motorisierte Superhelden, die hinter ihrer Maskerade alles andere als unverletzlich, heldenhaft und unbesiegbar sind. Und trotzdem ist das Ganze nicht weniger ein Märchen.

Nach wie vor würde ich Danny O'Donoghue ein bisschen mehr Realitätsnähe wünschen. Oder nicht mal das, denn dass das Leben kein ewiges Stadionrockkonzert ist, wissen The Script ja schon längst. Zumindest wenn ich ihren Albumtitel ernst nehme. Ich wünsche den Jungs einfach, in ihren Träumen ein klein wenig vom Maximalanspruch runterzukommen. Superhelden, die ihr ganzes Leben dafür leiden und kämpfen müssen um einmal fliegen zu können, sind ziemlich arme Wichte. Eine Welt, in der sich alle nur noch mehr panzern, um irgendwann mal unbesiegbar zu sein, ist eine Welt von sozial Gestörten im Egorausch.

Die echten Superhelden wären ihre harte Schale gern einmal los. Oder können sie sogar ablegen. Echte Superhelden kämpfen nicht ihr Leben lang um noch besser und noch superer zu werden – sie versuchen eher wie normale Menschen zu sein: verletzbar, schwach und einfach.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen