Eigentlich hat Jan Stremmel in seiner Kolumne ja schon alles über diesen Titel und über MoTrip geschrieben. Aber gut, es gibt ja immer noch etwas mehr zu sagen. Auch wenn ich natürlich genauso anfangen MUSS: Was ist nur aus den Rappern dieses Landes geworden? Sido – der Grundschullehrer mit Ausflügen in TalkShow-Pöbeleien, Kollegah – macht jetzt sogar gleich seinen Abschluss in Betriebswirtschaft, Kool Savas – weinerlicher Großkotz, der mit Xavier Naidoo jammert und Bushido – wer war das nochmal?
Nun also MoTrip – angekommen ganz oben in den Charts dank eines Werbespots, der Kopfhörer verkaufen will aber eigentlich vor allem den Abschied des Bastian Schweinsteigers von Bayern München beklagt. Fußball verkauft sich gut. Bzw. verkauft alles. Auch einen Track, der ohnehin schon als beliebtester des letzten MoTrip-Albums Mama durchging. War also gar nicht so verwegen diese Musikauswahl.
Worum geht's? Junge von der Straße tut alles um endlich anerkannt zu werden, Teil der etablierten Gesellschaft. Schafft's aber nicht, weil da alles andere als guter Wille und Bemühung zählt. Auch wirkliche Entwicklung oder Können sind nix wert. Aber mal ehrlich, wer will eigentlich zu so einem Verein dazu gehören? Selbst, wenn der 1000x die Welt beherrscht und mit stocksteifen Anzügen einen auf Globalherrschaft macht. Das waren doch höchstens mal Wahrheiten in den 1980ern.
Nunja, das ist das alte Problem all der Recken und Haudegen aus dem Ghetto. Eigentlich kämpfen sie immer nur um Anerkennung. Sie geben sich das harte Image um nicht zeigen zu müssen, dass sie eigentlich nichts lieber hätten als ein Stückchen gesellschaftliche Anerkennung. Mit Schlägen und Brutalität schafft man das natürlich. Zumindest scheinbar. Da kann man sich dann auch mal den Champagner und die dicken Autos leisten. Aber natürlich wissen auch alle: Dieser Luxus hält nicht so besonders lange. Und Angst ist nicht Anerkennung. Also ist es wohl nur der normale Weg, dass die ehemals knallharten Rapper doch zahm werden, im Mainstream-Fernsehen Platz nehmen und ziemlich schnell ordentliche Spießer werden. Endlich dann doch noch geschafft mit der Anerkennung. Denken sie.
MoTrip als Sozialarbeiter ist da dann doch schon ein bisschen weiter. (Ich behaupte mal hier, dass das wirklich eine Weiterentwicklung ist. Jan Stremmel sieht das vermutlich eher anders.) Der macht aus dieser Jammernummer "Niemand nimmt mich ernst" etwas, das vielleicht so etwas wie Stolz oder Rückgrat zeigt. Der sagt nämlich: Ist mir doch scheißegal was ihr von mir denkt. Eure Werte sind nicht meine. Hauptsache diese eine da findet mich cool.
Eigentlich geil so eine Haltung.
Nur als Lied dann eben irgendwie auch ganz schön ... kitschigbiederkinoleinwandmäßig. Also irgendwie auch doof. Genau deshalb passt es dann unter so einen Werbespot wie den von Beats by Dre. Und erhält durch den Dauereinsatz als Hit vollkommen den Genickschuss. Da kann der Künstler wahrscheinlich am allerwenigsten dafür. Hat er sich bestimmt nicht selbst ausgesucht, dass sogar die ZEIT über ihn schreibt. Oder eben nicht über ihn sondern über den Fußballer.
Genau das ist das Problem an diesem Track. Den kann man dann sogar als eigenes Werk völlig weg ignorieren. Oder so weit vereinnahmen, dass ich sogar was anderes damit erzählen kann. Das ist nicht unbedingt ein Beweis für eine besonders grandiose und einmalige Produktion.
Mal zum Vergleich: Wenn ich mir den Kram von K.I.Z (um mal die derzeitigen Platzhirsche und Everybody's Darlinge zu bemühen) oder Den Orsons anhöre, dann finde ich auch nach 1.000 mal hören und auch in den idiotischsten Zusammenhängen: Hey – das ist ja immer noch spröde, frech und auffällig. Das hat MoTrip irgendwie nicht hingekriegt. Zumindest nicht mit Bleib wie du bist.
Und wie um zu unterstreichen, dass es um Mainstream-Präsenz und -Erfolg geht, statt um Eigenheiten oder einen aufrechten Gang geht, lässt MoTrip zu seinem ungewollten Hit auch noch ein Video drehen. Mit Lena Meyer-Landrut! Noch Fragen? Ja eine: Wo ist er nur hingekommen, der deutsche Rap? – Die Antwort ist auch klar: Im Pop-Business.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen