Freitag, 18. März 2016
SIA Feat Sean Paul: Cheap Thrills
Dancehall scheint der Sound des Moments zu sein. Nachdem OMI im letzten Jahr nochmal mit seinen Reggae-House-Hits ein wenig auf die Wurzeln verwies und Major Lazer die elektroaffine Version endgültig zum Mainstream-Erfolg brachten, nehmen nun also auch die großen Stars den Sound auf. Ob nun in minimal-reduzierter Version wie es Rihanna mit Work gerade tut oder auch mehr am Original-Jamaica-Sound orientiert wie es SIA mit Cheap Thrills zelebriert.
Interessant an dem letztgenannten Song ist vor allem, dass er mit Greg Kurstin von einem weißen Produzenten gechrieben und produziert wurde, der zwar eine Menge über infektiöse Beats weiß, aber Reggae-Dancehall-Moombathon jetzt nicht unbedingt mit seiner Muttermilch aufgesogen hat. Hier entsteht also eine hübsche Pop-Version von dem, was wir sonst so als Karibik-Sound kennen. Und es fällt durchaus auch auf, dass das Tempo im Album-Original ein klein wenig gezügelter ist als gewohnt. Nicht verkehrt.
Für die Single hat man dann erstmal darauf verzichtet, weiter am Sound herumzuschrauben, und hat stattdessen Mr. Sean Paul ins Studio gebeten und ihn ein paar Toasts beisteuern lassen. Damit wandert der Song dann wieder ein bisschen mehr dorthin zurück, wo er zu Hause ist. Ins Fach der tropisch-exotischen Beats und Styles.
Vielleicht wurde diese Besetzung nicht nur mit Blick auf den musikalischen Stil gewählt. Den Cheap Thrills distanziert sich auch textlich von den üblichen DanceHall-Tracks. Hier singt eine junge Frau, dass sie für ein bisschen Spaß nicht unbedingt viele Dollarscheine braucht – ein bisschen hübsch machen und ein guter Beat. Fertig!
Es fehlt völlig der Verweis auf mögliche männliche Partner. Und Blingbling ist so etwas von gestern. Ich würde Cheap Thrills also mal eine explizit weibliche Sicht auf das Thema Party nennen. Da können die zumeist männlichen Stars erstmal einpacken. Jungs und ihre Muskelspiele gehören offenbar nicht so grundsätzlich zu einer Nacht voller Spaß. Wer mitspielen will, muss erst mal ein paar Rollenklischees und Balzrituale ablegen und eher dem nachspüren, was die Musik so mit einem macht ...
Diese sehr fortschrittliche Version von DanceHall wird unterlegt mit einem Video, das in den 60ern spielt. Also noch einmal der Verzicht auf alles, was so gemeinhin als Nonplusultra gilt. Ein bisschen ungewöhnlich ist die Wahl dieses visuellen Settings tatsächlich, macht aber nach ein paar Takten schon ordentlich Spaß, denn hier wird eine spießige und biedere Gesellschaft dann doch ganz gut aufgemischt. Am Ende zappeln auch die sonst in Konventionen gefangenen Showmaster hübsch ungelenk mit.
Nimmt man Cheap Thrills als erfolgreichen Popsong mal zum Gradmesser des Zustands unserer Gesellschaft, dann könnte man eigentlich sagen: Wir sind auf einem guten Weg. Multikulti-Rhythmen und der Verzicht auf noch mehr Wachstum und Luxus. Einfach mal ein bisschen auf sich selbst hören und dann gemeinsam auf die Party gehen.
Jungs und Mädels – nehmt diesen Hit ernst und lasst euch nichts Anderes erzählen oder irgendwie Angst machen! Auch nicht von einem hässlichen Cover.
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