Ein wenig ist Roots ja so etwas wie ein Spätzünder. Denn das erste Mal habe ich diesen Titel mindestens Anfang des Jahres gehört. Und da gab es schon ein Aufhorchen: Die ersten Akkorde eine Mischung aus den White Stripes und irgendeinem Strandpartypophit. Dann die Stimme von Alice Merton, die erstmal so scheinbar gar nicht richtig singt, vielleicht erzählt. Und dann schraubt sie sich doch in unerwartete Tonhöhen um im Refrain genau diese Spanne zu wiederholen: cooler Fast-Sprechgesang und ein paar Falsett-Spitzen. Zum Ende des Songs hin wird die ansonsten eher handgemacht-akustisch daherkommende Produktion sogar elektronisch angereichert.
Dazu gesellen sich Lyrics, die mir von einer Frau erzählen, die es feiert nicht bodenständig und berechenbar zu sein. Sie feiert den Reichtum der Möglichkeiten und Chancen, sie ist stolz auf ihr nomadisches Dasein und die Freiheit, ihr Leben immer wieder neu zu erfinden. Keine Wurzeln zu haben ist cool, sich nicht auf eine einzelne Identität festzulegen großartig.
Ist so ein Popsong in Zeiten erstarkender Nationalismen und positivem Bezug auf festgezurrte Identitäten politisch? – Mindestens.
Auch wenn er nicht die Welt verändern wird, kann er vielleicht an der einen oder anderen Stelle Menschen eine Vergewisserung sein. So zu leben wie Alice Merton ist möglich. Sehr gut sogar. Und es ist aufregend, spannend, nachahmenswert.
Denn auch im echten Leben hat die Sängerin schon einiges ausprobiert und hinter sich. Dieser Reichtum ist in No Roots zu spüren und zu erleben. Und plötzlich ist es egal ob da Singer-Songwriter oder Independent Pop dran steht. Es ist beides. Und sogar ein Hit. Toll!
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