Freitag, 21. Juli 2017
Miami Yacine: Bon Voyage
Defintiv hat die neue Generation deutscher Rapper nun die Herrschaft übernommen. Bushido der böse Junge hat es zwar vor gut einem Monat noch auf Platz 1 gebracht, im Streaming aber waren seine Albumtracks ganz schnell wieder raus aus der Liste. In dieser Woche schafft es der selbsternannte King Kollegah mit seinem Album Legacy grad noch auf Platz 2 hinter der 187 Strassenbande. Die stürmen gleichzeitig mit 15 Tracks auch die Singles-Charts ... müssen sich aber wiederum ihren ärgsten Konkurrenten geschlagen geben, nämlich Miami Yacine von der Dresdner KMN Gang. Sieht so aus, als ob gerade der albernere und näher am Schlager gebaute HipHop wesentlich mehr Erfolge feiert. Was ja auch klar ist, denn auf Miami Yacines Bon Voyage können garantiert mehr Leute als auf die doch brutaler inszenierten Tracks der 187 Strassenbande.
Spannend finde ich, dass trotz des offensichtlichen Spaßfaktors so einer wie Miami Yacine dann doch auch so etwas wie Ansehen in der Szene genießt. Hat es der deutsche Rap nun endlich geschafft so Mainstream wie in den USA zu sein, also unverhohlener Pop, und trotzdem die Erzählung von den Jungs aus dem Ghetto aufrecht zu erhalten. Alle Achtung! Nach 20 Jahren Rumgegurke setzen sich also auch hierzulande internationale Standards durch.
Bezeichnend auch, dass das im Fall der KMN Gang tatsächlich die Outlaws der Gesellschaft sind. Braucht man nur jedes x-beliebige Presseprodukt der letzten Monate aufzuschlagen und da findet man was von den kriminellen Marokkanern und Libanesen, die sich nicht zusammenreißen können, deutsche Frauen angrabschen und sowieso nur Drogen dealen.
Dieses Stereotyp greift Miami Yacine gern auf. Und rankt drumrum die beliebtesten Reiseziele aus dem Neckermann-Katalog sowie die typische Liste von Luxusmarken bis hin zu Yohji Yamamoto(!). Das dazu natürlich der unbegrenzte Konsum von Rausch- und Genußmitteln aller Art (polizeideutsch: Drogen) gehört, bei Miami Yacine keine Frage. Hier geht es eben nicht nur um Schwanzvergleich sondern um wirklichen Spaß. Bekifft und bekokst sein als Lebensinhalt. Macht mit Ladies natürlich mehr Spaß, da aber jeder weiß dass das nicht immer so gut zusammen geht mit dem Ganja und dem Sex, sind die Frauen dann doch eher Nebensache. Oder Dekoration. Weil's halt im Business so dazu gehört.
Es tut sich also einiges im Geschäft. Bon Voyage hat kein Problem damit, zu Beginn ein Gitarrengeklimper zu präsentieren, wie es in Despacito auch vorkommt. Liegt natürlich nahe – sind ja auch nur Machos, aber eben glattgebügelte aus dem Mainstreamfernsehen. Davor hat Miami Yacine nun wirklich keine Angst. Er präsentiert seinen Körper als wär er das nächste Germany's Top Model: gut durchtrainiert, ganzkörperepiliert und in chice Fummel gesteckt. Was war noch mal der Unterschied zu Heidi's Girls?
Jetzt können sich die harten Jungs mal schön darüber aufregen, wie Scheiße das ist. Der nächste Diss-Track kommt bestimmt. Wobei ... ist das eigentlich noch HipHop? Cro nimmt doch auch niemand von den Hartgesottenen ernst.
Wahrscheinlich ist es eher so wie mit Helene Fischer: Als wirklich qualitätsvoll würde die niemand bezeichnen, hören und abfeiern danach tun aber alle. Ich denk' mal Miami Yacine ist bereits in diesen Club aufgenommen und darf sicherlich bald im ZDF-Samstagabendprogramm auftreten. Gratulation!
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