Freitag, 1. Dezember 2017

Katja Krasavice
prod. by Stard Ova: Doggy



So tickt also die Online-Gesellschaft 2017: Sie steht auf völligen Fake, glattgeschminkte Oberfläche, möglichst debile Sätze – gern auch mit verstellter Pieps-Stimme aufgesagt – und natürlich macht sie sich total gern lustig über alles, was nicht genauso daherkommt. Dicke Jungs zum Beispiel.

Das alles verkörpert Katja Krasavice in Reinform und landet damit nicht nur als youtube-Kanal ganz vorn, sondern kann auch Musik verkaufen. Katja steht total drauf, dass sie wie eine überdimensionierte Anzieh-Barbie aussieht. Na gut, andere verkleiden sich beim CosPlay als Fantasie-Tiere ... das ist auch nicht besonders echt. Rollenwechsel ist ein Thema in unserer Gesellschaft, das ernst zu nehmen ist. Egal in welchem Bereich. Da steht Katja Krasavice also symptomatisch für.

Ihre Inszenierung bis hin zum Make-Up unterstreicht allerdings, dass es bei dem Rollenwechsel jedenfalls nicht darum geht, intellektuell andere Dimensionen zu erreichen. Das ist alles eher unter der Gürtellinie angesiedelt. Rosa bemalte Klimperaugen und ein Schmollmund machen auf unschuldiges Lolita-Mädchen. Da stehen ja Männer drauf. Vorzugsweise ältere.
Katja will also Fleisch.

Ein bisschen ist das wie auf den Erotik- und Dating-Portalen. Da wollen scheinbar auch alle Sex bis zum Abwinken. Schon im Vorfeld wird wild ausgetauscht, in welche Körperöffnung jetzt was reinzustecken ist und welche Kostüme dabei zu tragen sind. Zum Treffen in Real kommt es dann meist gar nicht. Die Online-Helden haben nämlich häufig ordentlich Angst vor der Wirklichkeit.

Ich könnte jetzt also vermuten, dass auch Katja eigentlich nur ein ganz armes, einsames Mädchen ist, die sich wirklich nichts anderes wünscht als ernst genommen zu werden. So wie sie ist. – Das hat bisher nicht geklappt. Sie fühlt sich unperfekt und erfindet also ein Alter Ego, das so ganz anders ist als sie. Frech, tabulos, ohne äußerlichen Makel …

Hat funktioniert. Wer auch immer Doggy gestreamt oder geladen hat – es waren eine ganze Menge. Die einen werden es getan haben, weil es so unglaublich lustig ist, wenn man ein dickes Kind zum Opfer macht. Da kann man so schön vergessen, wie Scheiße man eigentlich selber ist und dass man es ja im Leben auch nicht zu besonders viel gebracht hat.
Die anderen laden den Song, weil ihnen mit jedem Blick auf Katjas Haut einer abgeht.
Und sicher sind auch eine Menge Leute dabei, die einfach so ohne irgendwas nachzudenken, den Song anschalten.



Jetzt kann ich mich hier natürlich endlos über die Doofheit der Menschen aufregen. Bringt aber nichts. Ist genauso sinnlos wie zu versuchen deutsche GangsterRapper auseinanderzunehmen oder der AfD mit Argumenten zu begegnen. Außerdem gibt es ja genug Comedians, die schön ironisch ihre Verachtung kund tun. Katja stört das nicht. Sie hat gerade wieder ordentlich Kohle gescheffelt und kauft sich davon sicher einen neuen Gucci-Slip. Oder einen Vibrator von Gosha Rubchinskiy.

Grad läuft auf meinem Player ein hübscher Song, der diese unsere aktuelle Welt ganz schön beschreibt: Chained To The Rhythm – das ist vielleicht die viel amüsantere Art, Kritik an Katja Krasavice zu üben. Es baut sich schließlich jede und jeder selbst die Welt, in der ersie lebt.

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