Freitag, 29. Dezember 2017
Wham!: Last Christmas
Lasst uns über populäre Weihnachtshits sprechen. Auch wenn das Fest gerade vorbei ist. Ein bisschen klingt es doch in jedem von uns nach – und was letzte Woche dermaßen beliebt war, ist doch heute nicht plötzlich total verhasst. Oder doch?
Lange Jahre gab es eigentlich nur einen einzigen Song, der zu Weihnachten überall hoch und runter gedudelt wurde: Last Christmas von Wham!. Zuckersüße Klingglöckchenklingelingeling-Melodie und ein schmachtender Gesang. Einige hassten den Song für seine übermäßige Präsenz und Zuckerwattenklebrigkeit. Dann kam das Jahr 2014. Last Christmas war mit Platz 19 in der ersten Ausgabe des Jahres 2015 immer noch ordentlich erfolgreich. Zwei Plätze darüber rangiert allerdings All I Want For Christmas Is You von Mariah Carey – eine kleine Sensation.
Und seitdem hat die 90er Jahre Kitsch-Single klar die Nase vorn. Gern auch in aufgepeppten Versionen mit Teenie-Stars oder als Comic-Version auf Kinderinstrumenten mit Jimmy Fallon.
Warum aber ist 2017 das Jahr, in dem Weihnachtssongs so besonders erfolgreich sind – mehr als jemals zuvor. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Britannien und den USA.
Erklärung Nr.1: Die Demokratisierung der Charts durch die Berücksichtigung von Downloads und seit einiger Zeit auch Streaming-Abfragen. Das hat im Jahr 2017 nicht nur zur überbordenden Präsenz von deutschen HipHop-Produktionen geführt, sondern nun eben auch zur Invasion der Weihnachtssingles.
Ist das alles? – Vermutlich nicht. Sehr weit aus dem Fenster gelehnt, ist die Sehnsucht nach den Weihnachtshits auch so etwas wie eine Dauerparty mit Glühwein. Vom Oktoberfestrausch zum Weihnachtsbesäufnis zur Silvesterparty zum Apres Ski-Schubsen zum Karnevalskoma. Das ist in etwa die Abfolge der Anlässe mit immer wieder ähnlichen Ritualen. Einfache, wiedererkennbare Melodien gehören zu diesen Feiern genauso dazu wie süße, alkoholische Getränke.
Das hedonistische Dauerfeiern geht natürlich auch einher mit einem klaren Ausblenden all dessen, was uns sonst so von Zeitungsseiten und Nachrichtenportalen entgegenspringt. Selbst der allerniveauloseste News-Stream verkündet mittlerweile täglich, wie scheiße alles ist. Also machen wir mal lieber die Augen und Ohren zu und schmeißen uns ins Gewühl der Massen im Rausch.
Dass es dabei gern zurückblicken darf auf die guten alten Zeiten, das gehört zum Ritual dazu. Also ist es auch klar, dass die Hits aus den 1960ern, 1970ern und mittlerweile auch 1980ern zum Standardrepertoire gehören. Das kennen wir aus Kindertagen, können es mitsingen und fühlen uns gleich wieder warm behütet bei Mama am Herd. Nur den wenigsten fehlt diese Erfahrung. Für die meisten ist es eine rosa Zeit.
Nun muss ich natürlich auch bemerken, dass nicht alles nur Retro ist. Coldplay sind mit ihrer 2010er Weihnachtsaufnahme genauso vertreten wie Ariana Grande. In den meisten Fällen ist der Kitsch natürlich nicht anders als vor 20 oder 30 Jahren. Glöckchen müssen immer sein. Um zweisame Beziehung geht es auch in den meisten Fällen. Und selbst Coldplay sind ja genau genommen nichts anderes als ein Relikt aus einer doch schon vergangenen Zeit.
Ein wenig bezeichnend ist es ja schon, dass so eine Ballade wie The Power Of Love von Frankie Goes To Hollywood eben doch nicht bis ganz nach vorne schafft, sondern sich mit Platz 71 zufrieden geben muss. Die erfolgreichen Songs, das sind die, bei denen irgendwie geschunkelt werden kann, die was volkstümliches haben. Das darf dann auch mal ein Friedenslied von John Lennon sein.
Spannend bleibt es natürlich dennoch, zu erleben, wie sich die Weihnachtsgefühlswelt Jahr für Jahr um ein Minimum verschiebt. Chris Rea hätte ich noch vor zwei Jahren auf keinen Fall in den Top 10 gesehen. Noch vor Melanie Thornton. Und dass Shakin' Stevens die Top 20 erreicht ist mindestens genauso unglaublich.
Last Christmas bleibt natürlich dennoch erstmal die erfolgreichste Weihnachtssingle aller Zeiten. Da hat mehr als ein Jahrzehnt punktuelle Dauerbeschallung schonmal gut vorgesorgt. Ob es aber wirklich weiterhin jedes Jahr bis an die Spitze vorpreschen wird...? Immerhin verschieben sich ja auch die Verkaufszeiträume jedes Jahr um einen Tag. Und da könnte es bei Weihnachtsfeiertagen mitten in der Woche vielleicht doch noch mal anders aussehen. Schauen wir es uns an!
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