Freitag, 28. Dezember 2018
Capital Bra: Benzema
Er hat es also doch drauf. Als Einziger. Capital Bra schlägt alle Weihnachtsweisen - wenn auch erst auf den letzten Metern, denn die Midweek-Charts listeten doch tatsächlich Mariah Carey auf der 1. Geschenkt. Was zählt ist der Freitag. Und da lässt er alle meilenweit hinter sich: die Brüder aus dem Business und die toten Pophelden aus den großen Vermarktungsmaschinen.
Mit Benzema kündigt Bra schon mal sein neues Album an. Und das, was wir da hören, lässt einen noch abgedrehteren Typen erwarten. Der singt jetzt sogar mit Kopfstimme. Der Sound noch minimaler. Was brauchen wir eigentlich noch, um ein Star zu sein?
Einen gut vernetzten Buddy mit ordentlich Para zum Beispiel - Bushido darf dafür auch sehr präsent im Video mitspielen. Einen Sack voll Dope noch - eigentlich feiert Capital gerade eine Dauerparty: immer drauf, alles egal, einfach Party. Da muss gar nicht viel gehen: U-Bahn und Drehsessel genügen vollkommen. Hier ist er dann wirklich der kleine Junge aus der Ukraine und die Inszenierung als Held der einsamen Wanderer geht auf. Naja, ein bisschen Gucci darf aber nicht fehlen. Wenigstens das T-Shirt erzählt uns, dass er es sich jetzt leisten kann.
Ansonsten erzählt uns Benzema vor allem, dass Bra niemand anderes ist als er früher war. Trotz Erfolg. Das ist schon auch ein bisschen befremdlich. Im US-amerikanischen Rap war es zuletzt nicht mal ein Gangster sondern J.Lo, die beteuern musste, dass sie immer noch die alte von der Straße ist. Ansonsten ist es Rappern reichlich egal, ob sie nun eine oder zwei Millionen auf dem Konto haben. Hauptsache Luxus.
Da ist Deutschland doch ein bisschen anders drauf. Erfolg - sprich: Kohle - hat hier doch schon was Anrüchiges an sich. Die Reichen, die Schönen - das sind die, die entweder fies oder kaltherzig sind, oder einfach nur Glück hatten. Auf jeden Fall ist das kein Umgang für den einfachen Abgänger aus der Realschule. Darum muss der Bra so vehement beteuern, dass ihm die Bambis und Goldenen Schallplatten gar nichts bedeuten. Deshalb geht er zum Müllmann und gibt ihm eine Ghetto-Faust.
In all dem ist Capital Bra tatsächlich glaubhaft. Diesem Typen ist nichts heilig. Noch mehr als Sido würde er sich mit Sicherheit für ein paar Gramm Cannabis verkaufen. Das zeigt ziemlich unverstellt, was diese Gesellschaft gerade bewegt. Das ganz eigene Stückchen Glück - völlig ohne Relevanz ist ihm die Anerkennung der anderen. Deshalb vergleicht er sich mit einem Typen wie Karim Benzema. Die Superfolie für eine beneidenswerte Karriere ist der nämlich eher nicht. Dafür hat er offenbar genug Spaß mit sich selbst gehabt.
So gesehen ist der Stil von Capital Bra einer, der das Leben einigermaßen einfach macht. Suche nach dem, was dich glücklich macht - und lass die anderen links liegen. Das diese Haltung nicht unbedingt zum flächendeckenden Glück führt, das ist dann nochmal eine andere Sache. Ein einigermaßen entspanntes Leben mit einem Minimum an Stress scheint es zumindest schon halbwegs zu garantieren.
Freitag, 21. Dezember 2018
Wham!: Last Christmas
Also Mariah schafft es in dieser Woche tatsächlich mit einer Nr.2 zu einem All-Time-High! Nach 24 Jahren in den Charts!
Wham! loosen dagegen auf Platz 5 ein bisschen ab. Letztes Jahr gabs noch die 4 - matching peak zu Januar 2008. Aber gut, eine Woche is ja noch.
Immerhin schafft es der Weihnachts-Trash doch, Kontra K aus dem Feld zu schlagen. Gefühlsduselei schlägt Harte-Jungs-Selbstvergewisserung. Die Welt hat sich gar nicht so sehr verändert. Lasst euch das von niemandem erzählen. Da kann man wenigstens drauf bauen, dass pünktlich zum Jahresende einmal das Kollektiv-Koma beginnt. Obwohl es einem mittlerweile doch hin und wieder ganz schön schwer fällt mitzukriegen, worum es eigentlich geht. Das (Weihnachts-)Feiern ist tatsächlich zu einem harten Kampf geworden, in den man gut vorbereitet zieht. Spaß war gestern! So gesehen boxen Wham! und Kontra K auf der selben Seite. Nur dass der eine eben nicht so gern offen zugibt, dass Wertebewusstsein eben auch nur eine Form von Spießigkeit ist. Oder Angst. Gehört eh beides zusammen.
Haben wir nächste Woche dann endlich Entwarnung und kehren zum Normalbetrieb zurück?
Wham! loosen dagegen auf Platz 5 ein bisschen ab. Letztes Jahr gabs noch die 4 - matching peak zu Januar 2008. Aber gut, eine Woche is ja noch.
Immerhin schafft es der Weihnachts-Trash doch, Kontra K aus dem Feld zu schlagen. Gefühlsduselei schlägt Harte-Jungs-Selbstvergewisserung. Die Welt hat sich gar nicht so sehr verändert. Lasst euch das von niemandem erzählen. Da kann man wenigstens drauf bauen, dass pünktlich zum Jahresende einmal das Kollektiv-Koma beginnt. Obwohl es einem mittlerweile doch hin und wieder ganz schön schwer fällt mitzukriegen, worum es eigentlich geht. Das (Weihnachts-)Feiern ist tatsächlich zu einem harten Kampf geworden, in den man gut vorbereitet zieht. Spaß war gestern! So gesehen boxen Wham! und Kontra K auf der selben Seite. Nur dass der eine eben nicht so gern offen zugibt, dass Wertebewusstsein eben auch nur eine Form von Spießigkeit ist. Oder Angst. Gehört eh beides zusammen.
Haben wir nächste Woche dann endlich Entwarnung und kehren zum Normalbetrieb zurück?
Freitag, 14. Dezember 2018
Mariah Carey:
All I Want For Christmas Is You
Wird wohl Zeit für die alljährliche Rubrik: Weihnachtshits. Denn Mariah Carey steht auf der 4 der deutschen Single-Charts. Bereits am 14. Dezember. Das ist arg früh. Wenn sie so weitermacht, schafft sie wirklich noch die 1 zum Fest und alles wird noch superlativer und verrückter als es 2017 schon war.
Was erzählt uns die regelmäßige Wiederkehr der ewig gleichen Hits?
1. Es gibt einfach keine spannende neue Musik mehr. - Was natürlich nicht stimmt. Aber die Menge der Menschen hat doch erhebliche Angst vor neuen Tönen. Meine Mama steigt schon bei Gustav Mahler aus, meine Schwester erträgt Aisha Devi keine Sekunde lang, mein bester Freund steht immer noch auf 90er House und selbst der junge FSJler von nebenan erträgt es nicht, wenn mal ein HipHoper etwas anderes als Gangkrieg zelebriert.
Überhaupt die Rap-Helden: Wo ist denn eigentlich der erste richtige Street-Credibility-getränkte Weihnachtssong? Nachdem die Jungs in den letzten Monaten von Weichei-Autotune bis Schmuseliebeslied so ziemlich alles in Beschlag genommen haben, wärs nur konsequent auch das Familienfest mal ordentlich zu preisen. Mama und Papa sind doch eh eure stillen Helden und die Familie das ein und alles. Na los Ihr Schlaffis, traut euch doch endlich!
2. Natürlich sind die Charts ordentlich in-time-beeinflusst. Das heißt Streams bestimmen die Positionen. Nutzt auch nichts, wenn ein CD-Verkauf insgesamt immer noch höher bewertet wird. Ich bezweifle stark, dass Menschen echt jedes Jahr die gleichen Songs kaufen - nicht mal digital ... Oder doch? Weihnachtsbaumkugeln werden mittlerweile ja auch nach dem fest samt Baum in die Tonne gekloppt. Was macht da schon ein 1,29 EUR-Song aus? Wenigstens hinterlässt die digitale Entsorgung bis auf einen kleinen Stromstoß nicht wirklich physische Rückstände.
Jedes Jahr das Gleiche zu kaufen heißt vor allem auch nur noch im Jetzt und Heute zu leben. Hedonismus könnte man das nennen. Passt.
3. Ist sich irgendjemand sicher, dass diese ganzen Weihnachtsnervereien wirklich gehört werden? Ich nicht. Ich kenne nämlich niemanden, dieder Mariah Carey ernsthaft hört. Im letzten Jahr war ich jedenfalls wirklich der Rausschmeißer als ich mir auf der Team-Weihnachtsfeier zum Schluss All I Want For Christmas Is You gewünscht habe. Da war Shitstorm live.
Ich vermute, dass die Charts vor allem das spiegeln, was per Stream in Kaufhäusern und auf Weihnachtsmärkten erbarmungslos in die Welt posaunt wird. Das hat mit dem Geschmack der Menschen, die sich dort versammeln nichts zu tun. Schade eigentlich. Sind wir also wieder in den 1980er-Anfang1990er als die radiostationen wesentlich bestimmten, was in die Charts kommt und was nicht? Von wegen Demokratisierung oder "Der Markt bestimmt". Ist alles nur Fake und durch Lobbies gesteuert.
4. Ich freu mich dann drauf, wenn die drei unvermeidlichen Weihnachtssuperhits durchgenudelt sind und ich endlich wieder Panic At The Disco! hören kann.
Schön brav bleiben, ja? Sonst gibt's was mit der Rute!
Was erzählt uns die regelmäßige Wiederkehr der ewig gleichen Hits?
1. Es gibt einfach keine spannende neue Musik mehr. - Was natürlich nicht stimmt. Aber die Menge der Menschen hat doch erhebliche Angst vor neuen Tönen. Meine Mama steigt schon bei Gustav Mahler aus, meine Schwester erträgt Aisha Devi keine Sekunde lang, mein bester Freund steht immer noch auf 90er House und selbst der junge FSJler von nebenan erträgt es nicht, wenn mal ein HipHoper etwas anderes als Gangkrieg zelebriert.
Überhaupt die Rap-Helden: Wo ist denn eigentlich der erste richtige Street-Credibility-getränkte Weihnachtssong? Nachdem die Jungs in den letzten Monaten von Weichei-Autotune bis Schmuseliebeslied so ziemlich alles in Beschlag genommen haben, wärs nur konsequent auch das Familienfest mal ordentlich zu preisen. Mama und Papa sind doch eh eure stillen Helden und die Familie das ein und alles. Na los Ihr Schlaffis, traut euch doch endlich!
2. Natürlich sind die Charts ordentlich in-time-beeinflusst. Das heißt Streams bestimmen die Positionen. Nutzt auch nichts, wenn ein CD-Verkauf insgesamt immer noch höher bewertet wird. Ich bezweifle stark, dass Menschen echt jedes Jahr die gleichen Songs kaufen - nicht mal digital ... Oder doch? Weihnachtsbaumkugeln werden mittlerweile ja auch nach dem fest samt Baum in die Tonne gekloppt. Was macht da schon ein 1,29 EUR-Song aus? Wenigstens hinterlässt die digitale Entsorgung bis auf einen kleinen Stromstoß nicht wirklich physische Rückstände.
Jedes Jahr das Gleiche zu kaufen heißt vor allem auch nur noch im Jetzt und Heute zu leben. Hedonismus könnte man das nennen. Passt.
3. Ist sich irgendjemand sicher, dass diese ganzen Weihnachtsnervereien wirklich gehört werden? Ich nicht. Ich kenne nämlich niemanden, dieder Mariah Carey ernsthaft hört. Im letzten Jahr war ich jedenfalls wirklich der Rausschmeißer als ich mir auf der Team-Weihnachtsfeier zum Schluss All I Want For Christmas Is You gewünscht habe. Da war Shitstorm live.
Ich vermute, dass die Charts vor allem das spiegeln, was per Stream in Kaufhäusern und auf Weihnachtsmärkten erbarmungslos in die Welt posaunt wird. Das hat mit dem Geschmack der Menschen, die sich dort versammeln nichts zu tun. Schade eigentlich. Sind wir also wieder in den 1980er-Anfang1990er als die radiostationen wesentlich bestimmten, was in die Charts kommt und was nicht? Von wegen Demokratisierung oder "Der Markt bestimmt". Ist alles nur Fake und durch Lobbies gesteuert.
4. Ich freu mich dann drauf, wenn die drei unvermeidlichen Weihnachtssuperhits durchgenudelt sind und ich endlich wieder Panic At The Disco! hören kann.
Schön brav bleiben, ja? Sonst gibt's was mit der Rute!
Freitag, 7. Dezember 2018
SIDO: Tausend Tattoos
Bilder im Kopf Teil II - das ist Sidos 1000 Tattoos. Es geht darum nicht zu vergessen, es geht um Wertbeständigkeit, es geht (glaubt man den Videobildern) um Mama und Papa, und es geht natürlich auch um die Liebe. So weit so langweilig.
Immerhin - sechs Jahre später kann sich Sido dann doch nicht mehr alles merken. Und das spießige Fotoalbum ist nun dem Tattoo gewichen. Wenigstens das. Ansonsten bleibt es dabei: Rückversicherung in dem was mal war um zu klären was man ist. Zukunft? Null.
Muss man natürlich als erfolgreicher Mainstream-Act auch gar nicht ins Visier nehmen. Zukunft ist da. Ohnehin. Und am besten alles bleibt so wie es ist. Was machen eigentlich die, die jetzt nicht so sicher sind, dass sie morgen noch genug zum Leben auf dem Konto haben? - Die hören sich 1000 Tattoos an und begreifen, dass sie eher nicht gemeint sind. Denn ohne Zukunftsoptionen ist es schwierig dem andern auch noch ein Kompliment zu sagen. Ist Sido also doch schon ein Wohlstandskünstler?
Wenigstens nimmt er sich selbst nicht so ernst und lacht auch mal über sich: bisschen zu viel Drogen genommen, bisschen zu alt schon, auch mal Scheiße gebaut ... was soll's? Darin liegt schon fast so etwas wie Lebensweisheit. Wenn er mit solchen Lyrics wirklich die völlig Wütenden mal für einen Augenblick erreicht, dann hätt' er ja was erreicht. Leider glaub' ich nicht dran, weil Tausend Tattoos dann doch eher nach unerträglichem Durchschnittsradiomainstreamliebesgesülze klingt.
For You - das ist die Hookline das Songs. Dies ist ein Track, der einem anderen Menschen gewidmet ist. Als Dank für alles mögliche nimmt Sido diesen Menschen in sein Körperbilderbuch auf. Das darf man schon als Ehre verstehen. Neben dem Astronauten und der Totenkopfmaske und dem Sägeblatt. Wer wünscht sich das eigentlich nicht?
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