Wenn es mal nicht DeutschRapPop ist, der ganz oben in den Verkaufslisten landet und deshalb hier behandelt wird, dann hat es garantiert was mit einer viralen Kampagne zu tun. (Wobei auch die meisten der DeutschRapPopTracks ebenfalls sehr kampagnenmäßig und vor allem digital in ihre Blitz-Popularität gehievt werden.) Als Beweis hält diese Woche der weltweite Hit Savage Love (Laxed - Siren Beat) her.
Und schon beim Titel beginnt es. Denn genau genommen ist der Hit Laxed (Siren beat) des neuseeländischen Produzenten Jawsh 685 Ursprung und Grundlage des Hits. Hat es aber nicht zu Chartehren geschafft - weder in seiner Heimat, noch in den RiesenPopLändern noch in Deutschland. Es war lediglich ein virales Großereignis auf TikTok. Sogar ein recht modernes: Zeige die traditionelle Kleidung deines Landes und kombiniere es mit einem Stück (globaler) Alltagskleidung. Das erzählt an sich schon viel. und ist auch extrem lustig. Zum Beispiel: Was ist denn nun ein traditionell deutsches Kleidungsstück? Klar, die Lederhose und das Dirndl! Alle Menschen aus Österreich werden da wahrscheinlich schon anheben und sagen: Aaaaalsooooo ... Und die Menschen in Mecklenburg oder Ostfriesland?
Gut, dass es ganz schnell um Regionalität ging, um eigene Definitionen - auch um Absurdes. Und wie gesagt: gepaart mit Kleidungsstücken, die völlig unspezifisch sind, global produziert, mindestens einmal um die ganze Welt geschickt und dann in völlig regionalfreien Weltkonzernfilialen über den Ladentisch gegangen. Oder eben auch: nahezu ganz blank.
Mit dieser Bebilderung hatte die Nutzung der Siren Beats seine Entsprechung, Entwendung, wie auch immer. Passte ganz gut. Traditioneller gepaart mit modernem Sound für das gleiche Spiel im Visuellen.
Leider - sage ich - wird ja bei TikTok dann doch so ziemlich jedes Meme ganz schnell zur DanceChallenge. Ist auch ok - kapier ich trotzdem nicht in jedem Fall. Vor allem dann, wenn der ursprüngliche Inhalt, dann plötzlich gar keine Rolle mehr spielt. Geht meist ganz schön schnell. Ist vielleicht auch egal - außer, dass dieser Move in Richtung Choreographie am Ende Jason Derulo auf den Plan rief.
Jason Who? - Das war dann so meine Reaktion. Tatsächlich hat sich der mittlerweile 30jährige in den letzten Monaten ein wenig rar gemacht. So richtig durchschlagend erfolgreich war er zuletzt vor drei Jahren - im PopGeschäft eine Ewigkeit. Zumal sich in dieser Zeit auf jeden Fall im deutschsprachigen Raum einiges an den Vorzeichen für Umsatz geändert hat. Und auch im englischsprachigen Territorium funkte es eine Weile nicht so sehr. Vielleicht bewusst. Man liest und hört in einschlägigen Gossip-Medien davon, dass er sich von seinem Label Warner getrennt habe - aufgrund von künstlerischer Differenzen(!). Kann sein, dass Derulo nun langsam doch erwachsen wird und merkt, is nicht nur alles gut, was da mit mir gemacht wurde.
Wie auch immer: Der Griff nach Laxed (Siren Beat) war jetzt nicht nur glücklich. Auch hier kursieren eine Menge abenteuerlicher Geschichten von "Ich benutze das Sample - mir doch egal, von wem es ist." bis hin zu "Ich arbeite gern mit dem Produzenten zusammen, möchte aber auch meinen eigenen Stil im Track haben." - Auch das eine putzige Anekdote, die untermalt, wie kompliziert das mit diesem Urheberrecht und den dazugehörigen Verwertungen ist. Eigentlich war schon die komplette TikTok-Challenge von Beginn an ein einziges und riesiges illegales (Be-)Nutzen. Auch wenn Jash 685 wohl selbst die ganze Welle losgetreten hat. War halt kein Geld im Spiel - also ist alles möglich.
Zu guter letzt einigten sich zumindest Jawsh 685 & Derulo. Wenn ich die Urheber-Spinnerei noch ein bisschen fortsetzen wollte, würde ich ja argumentieren, dass die Millionen User, die durch ihre Beteiligung bei TikTok ja erst dazu beitrugen, dass ein Herr Derulo den Track gut findet, mindestens auch ihren Anteil an dem Deal haben sollten ... wer bezahlt eigentlich deren Kreativität? Ist nur das etwas wert, dass unter Lizenz von Verlagen und Musikkonzernen entsteht? Arme Welt!
Zurück zum Business - jetzt ist unter den großen alles geregelt und Savage Love darf in die Hot Rotation. Leider - ganz subjektiv meine Meinung - ist der Track selber ja eher so ... Semi? Höchstens. Die ganze schöne Story dahinter macht es natürlich schon auch spannend, sich die Produktion reinzuziehen. Ich könnte ja jetzt auch noch ganz hübsch darüber nachdenken, was sich vom Original-DanceHall-Instrumental bis hin zum Popsong mit Gesang verändert hat. Das Tempo zum Beispiel. Die Instrumentierung. Und warum das alles passieren musste - denn Jason Derulo will ja nicht so kommerziell unerfolgreich bleiben wie Jawsh 685.
Tja, leider finde ich weder das Original noch die neue Version spannend genug, um da wirklich tief einzusteigen. Gibt ja auch noch andere, die sich mit PopMusik beschäftigen und da vielleicht sehr viel mehr Freude dran haben. Die Aspekte, die mich anspringen hab ich hier ausgeführt. Mal abwarten, wann es der nächste internationale Song schafft, sich in der Masse der deutschen Produktionen durchzusetzen oder Aufmerksamkeit zu generieren. Vielleicht sogar auf Grund von musikalischer Raffinesse. Savage Love ist es jedenfalls nicht.
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