Freitag, 17. Juli 2020
Kontra K & Samra:
Tiefschwarz
Es gibt eine ganze Menge Plattformen und vielleicht noch mehr Menschen, die wollen mir erzählen, dass Kontra K ja einer von den Guten ist. Oder - weil das Wort "gut" ist ja an sich schon eher eine Beschimpfung - einer von denen, die es verstanden haben. Die nicht bretzdoof sind, sondern auch mal den Kopf einschalten. Die aufrichtig durchs Leben gehen, das Herz am rechten Fleck haben ... blablabla
Kontra K selbst würde das alles von sich vermutlich auch behaupten. Siehe seinen aktuellen Track Tiefschwarz. Da geht's - mal wieder - um das beschissene Leben, das es auszuhalten gilt. Das man bezwingen muss. Das einem stets in die Suppe spuckt und Glück, auch das winzigste, unmöglich macht.
Ihr könnt das getrost eine sehr pessimistische und schwarze Weltsicht nennen. Kontra K hätte damit wahrscheinlich kein Problem. Er würde maximal ergänzen: Pessismismus ist die einzige Haltung, die der Realität entspricht. Denn dieses negative Weltbild schützt dich vor Enttäuschungen.
Auffällig ist, dass der K dann aber doch immer wieder auch mit Enttäuschungen zu kämpfen hat. Freunde, die zu Feinden werden. Gold, das nicht wirklich wärmt. Das ganze Wertegerüst zerbröselt dahin. Nichts bleibt mehr übrig.
Vielleicht ist das seine Stärke. Allen großen Beschwörern von Gangstertum und Härte aufzeigen, dass auch deren Lebenssäulen nur Strohhalme sind. Es gibt nichts, das einen rettet. Höchstens die eigene Zählebigkeit, Kraft und Schmerzunempfindlichkeit.
Woher K & Samra überhaupt noch Lebensillen speisen ist mir unklar. Ich vermute, dass es den beiden auch eher um das Gegenteil geht. Knall mich doch endlich ab. Mach diesem Leben ein Ende. Es bringt eh keine Punkte.
So gedreht, ist Tiefschwarz weniger die Hymne an das Durchhaltevermögen des Körpers, sondern eher ein richtig verzweifeltes Klagelied. Das Scheiß-Herz, das einfach nicht aufhören will zu schlagen. Egal wie brutal man sich versucht zu zerstören. Das Sterben ist dann offenbar doch nicht so schnell getan. Da kann man echt schon dran verzweifeln.
Diese Haltung ist es, die mir so völlig abgeht. Jammern und heulen ist ok. Für ein paar Momente. Und dann sollte es heißen: Raff dich auf und änder was. Und wenn alles um dich rum Kacke ist, dann fang' an, das anzugehen. Zeige anderen, dass es auch anders geht. Und das man dabei sogar Spaß haben kann.
Wenn überhaupt, dann geht Kontra K maximal den Schritt bis zur Selbstverteidigung: Stähle Deinen Körper! Kämpfe! Beiß dich durch! - Wofür? Das erzählt er uns nicht.
Ich find das wenig. Und kann schon deshalb mit diesem martialischen Gebaren herzlich wenig anfangen. Nein - auch mit seinem wahrscheinlich fünften Nr.1-Album wird Kontra K mich wohl nicht überzeugen.
Und trotzdem repräsentiert er mit dieser Haltung etwas, das offenbar eine Menge Leute teilen können. Diese Welt muss so brutal und grausam sein, kein Erbarmen, kein Mitleid. Die Lava-Kies-Wüsten von Island sind das einzig passende Bild für diese Unmenschlichkeit.
Wenn ich das konsequent zu Ende denke, dann hab ich auch ein bisschen Angst vor dem, was da kommt. Kids, die nur ihr eigenes Leid kennen, kein Gefühl dafür haben, dass Änderungen vielleicht möglich sind, die werden wahrscheinlich wirklich den ganzen Scheiß, der ja auch tatsächlich existiert, immer weiter machen. Einfach, weil sie sich selbst keine Chance geben. Ist schon auch ein bisschen schade. Weil es Beispiele dafür gibt, dass auch andere Wege vorhanden sind. Nur für die muss man eben kämpfen. Und kämpfen für ein Ideal - das ist für die traumfreien K & Samra sowas von keine Option. Das hieße ja, sich wirklich durchbeißen. Nicht einfach nur den eigenen Körper optimieren, sondern ne Menge Dinge um sich rum angehen. Oder erstmal kapieren. Da reicht die Vorstellungskraft nicht für aus. Ich fürchte, diese Spezies wird nicht zu den Überlebenden der nächsten globalen Verwerfungen gehören.
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