Freitag, 8. Juli 2011

Tim Bendzko: Nur noch kurz die Welt retten

Lasst uns mal was deutschsprachiges anschauen. Das ist ja ein durchaus glitschiges Feld. Entweder es handelt sich dabei um Schlager mit grenzenloser Debilität, gern auch ins Extreme gesteigert bei Mallorca-Discofox – da ist das Gehirn ohnehin ausgeschaltet. Oder es ist die Nummer: ich bin ein extrem harter HipHoper und jammer mal ein bisschen über die schlechten Bedingungen auf dieser Welt – aber ändern will ich nichts. Das machen dann die (gern auch christlich verklausulierten) Soul-Popper aus Mannheim. Obwohl es da auch nur in den seltensten Fällen funktioniert mit den Geschichten. Aber immerhin, es gibt sie die Ausnahmen. So wie im PopRockBand-Business eben auch. Trotzdem habe ich häufig den Eindruck, um den Text geht’s da gar nicht so – die jeweiligen KünstlerInnen wollen gern Musik machen, das tun sie dann auch ganz gut und überzeugend, aber Geschichten haben sie meist nicht wirklich zu erzählen.

Aber aber, es gibt auch ganz andere Beispiele. In den meisten Fällen nennen die Menschen das dann Singer-Songwriter. Find ich ja eigentlich eine sehr doofe Schublade, weil es so nach Akustik-Gitarre und Lagerfeuer klingt. Sehr schön in einem Urlaub mit netten Drogen und Unbeschwertheit, aber zurück im Alltag ist es nur noch ein romantischer, nicht funktionierender Abklatsch. Trotzdem: in dieser Schublade gibt es dann auch richtig Künstler, die entsprechen gar nicht dem Klischee aus den 79ern. Zum Beispiel Hans Unstern – ein leicht verrückter, poetischer Künstler, der eben auch Musik macht. Das sind kleine kunstvolle Gedichte mit absurden Einfällen umgarnt von Melodien und Klängen, die zwischen ganz zart bis hin zu zertrümmernd reichen – manchmal sogar innerhalb eines einzigen Tracks.



Die CD von Hans Unstern nennt sich Kratz dich raus und ein schlaues Musikmagazin hat ihn mal bezeichnet als das Kratzen im Hals der Popmusik. Sehr schön!. Aber genau das der Grund, warum Hans Unstern hier eigentlich nichts zu suchen hat. Mainstream ist das absolut nicht.

Wenn wir uns also im massentauglichen Sound umschauen, dann landen wir derzeit wahrscheinlich unweigerlich bei Tim Bendzko. Laut seiner Biographie auf wikipedia hat er auch ein wenig von dem oben erwähnten christlich-weltretterischen Background. Das liest sich erstmal ein wenig .... nunja zumindest nicht wahnsinnig urban. Wenn man sich dann aber sein Nur mal kurz die Welt retten anhört, dann ist das alles gar nicht mehr wichtig. Ja, der Song hat alles was man auch als peinlich bezeichnen konnte. Er ist ganz sparsam instrumentiert: Gitarre, Bass, Violine, Schlagwerk. Die Stimme erinnert durchaus auch an den Jammermusiker aus Mannheim. Und trotzdem funktionierts. Warum? Weil die Geschichte so schön alltäglich ist? Weil es schon um die ganz großen Dinge geht auf dieser Welt – trotzdem genauso erzählt wie sie jedem immer wieder begegnen? Weil es natürlich auch ein Augenzwinkern hat? Weil es niemals vergisst, dass wir im Jahr 2011 leben? – Wahrscheinlich alles zusammen. Das geht dann voll in Ordnung und eigentlich ist dieser junge Mann Millionen Schritte weiter als viele seiner Kolleginnen und Kollegen, die mitunter schon mit Jahren Erfahrung ausgestattet sind. So machen nicht nur deutsche Text Spaß, sondern auch das große Vorhaben, mal kurz die Welt zu retten. Danke!







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