Schwedischer Pop ist also das, was derzeit wirklich zieht. Gerade gewann Loreen den Eurovision Song Contest. Und schon ist die nächste schwedische Dame am Start und schlägt deutsche Musikhörerinnen in ihren Bann: LYKKE LI.
Schon 2008 avancierte sie quasi von heut auf morgen zum Liebling der Indie-Szene. Ich kann mich noch recht gut erinnern wie coole Radiomoderatorinnen in Verzückung gerieten und immer wieder Lykke Li ins Programm brachten. So richtig verstehen konnte ich das nicht. Ich weiß nicht, ob es ein zu viel oder ein zu wenig an Pop war, dass es verhinderte, den Funken zu mir überspringen zu lassen. Zwischen magischer Eingängigkeit und Belanglosigkeit ist es nur ein schmaler Grat, und was für genial gehalten wird oder für anbiedernd alles andere als Konsens.
So ging es dann auch Lykke Li. Ihr nächstes Album Whounded Rhymes wurde von einer Reihe Fans als Verrat gewertet – zu viel Pop. Andere wieder feierten begeistert die dunkel und etwas schräge Mischung, die in Alltagsproduktionen nur selten zu finden sind. Für diese Uneindeutigkeit könnte I Follow Rivers von dem Album stehen. Im Original ist es tatsächlich ein wunderschöner, auch eingängiger Popsong, der aber irgendwie auch widerspenstig daher kommt. Zumindest ist nicht gleich die erste Begegnung auch sofort der Beginn einer großen Liebe.
Welche Qualitäten in dem Song wirklich stecken, wurde spätestens deutlich, als eine Coverversion in Umlauf kam, die auf pompöse Produktion und Inszenierung verzichtete. Die belgische Band Triggerfinger spielte nämlich kurzerhand eine mehr oder weniger akustische Version des Titels bei einem Radioauftritt ein.
Die Version wurde in den Beneluxstaaten dann sogar wesentlich erfolgreicher als das Original. Und auch in Deutschland kommen mehr und mehr Freunde hinzu. Für den einen oder die andere wurde die Coverversion auch zur Brücke um das Original zu entdecken.
Ob nun über die abgespeckte Variante oder durch ein untrügsames Bauchgefühl. Auch die Macher der Sat.1-Sendung ran erkannten das Potenzial von I Follow Rivers. Zur Übertragung des UEFA Pokal-Endspiels wurde der Magicians Remix als musikalische Umrahmung gewählt und so einer großen Masse von Konsumenten nahe gebracht. Auffällig bei dieser, äußerst populären Version ist das Fehlen jeglicher Eigenheit, die noch das Original hatte. Die Melodie ist übrig, der Gesang irgendwie auch, trotzdem ist dieser Remix enorm farblos. Überraschend ist das natürlich nicht, denn natürlich möchte Sat.1 mit Hintergrund Musik alles andere als verstören oder aufhorchen lassen. Es sollen alle erreicht werden, am liebsten irgendwie unbemerkt und unterschwellig.
Die Rechnung ging auf. I Follow Rivers wurde zum Überraschungshit und stürmte die Verkaufscharts. In diesen wird zwar nicht nach verschiedenen Versionen getrennt, die Platzierung beinhaltet also sowohl die Verkäufe der Originalversion wie die des Remixes, ich würde aber mal davon ausgehen, dass der durch Sat.1 promotete Remix wesentlich mehr Käufer gefunden hat. An dieser Stelleunterlasse ich mal Überlegungen, warum Menschen hierzulande sich so sehr von Seichtheit verzücken lassen.
Die Story ist damit noch nicht beendet. Kurzzeitige Hits, verursacht durch prominenten TV-Einsatz gibt es eine Menge. I Follow Rivers konnte den kurzen Erfolg nutzen als Startschuss für eine weitere Faszination und Präsenz. Und ich würde mittlerweile so weit gehen zu sagen, dass der Titel zu einem Stück der aktuellen Populärkultur geworden ist. Und wieder ist es die Wandlungsfähigkeit (die Allgemeingültigkeit) des Songs, die diese Entwicklung begünstigt. Triggerfinger dürfen zum Boxkampf Wladimir Klitschko gegen Tony Thompson auftreten und den Titel spielen und gerade erscheint eine Sonderedition von Whounded Rhymes, die auch neue Remixe von I Follow Rivers enthält. Derweil meldet media control, dass I Follow Rivers der meistverkaufte Song der Woche ist. Ich behaupte an dieser Stelle einfach mal, dass die Qualität eines Songs sich eben einfach durchsetzt.
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