Zum Abschluss diesen Jahres 2012 können wir noch einmal mit einem Song die wichtigsten Themen der letzten Monate zusammenfassen: Casting-Show, Unplugged Minimal-Aufnahme, Coverversion.
Aktuell ist es die noch sehr junge Birdy welche all diese Aspekte der Vermarktung auf sich vereint – und trotzdem eine ganz überzeugende Aufnahme vorlegt. Sie selber wurde vor vier Jahren als 12-jährige in einer britischen Talent-Show entdeckt. Dann dauerte es (glücklicherweise) doch eine ganze Weile, bis sie ein eigenes Album vorlegte. Dieses beinhaltete vor allem Cover-Versionen – in einer sehr erlesenen Auswahl. Von Bon Iver über The XX bis hin zu The International sind da Künstler und Projekte versammelt, die in der Indie-Szene einen großartigen Ruf und Status besitzen ohne tatsächlich schon zu Tode genudelt zu sein. Mit Birdy erreichen einige der Songs tatsächlich erst echte Bekanntheit.
Zum Beispiel People Help The People. Im Juni 2007 von Cherry Ghost veröffentlicht, gelangte der Titel hierzulande zwar schon auf die eine oder andere Playlist – im Grunde aber blieb sowohl die Band als auch der Titel eher unbekannt. Den Informationen auf ihrer Homepage nach sind sie allerdings nach wie vor aktiv, sogar auf dem einen oder anderen Festival zu erleben und schreiben/produzieren vor allem für andere Künstler. People Help The People ist nach wie vor so etwas wie ihr Signature Song.
Mit dem Erfolg der Birdy-Aufnahme könnte sich das ändern. Allerdings legt die junge Sängerin noch einmal ordentlich Hand an den Titel. Ihre Version ist reduziert auf ihre Stimme und sparsamste Begleitung durch Klavier, ein wenig Schlagzeug und auch ein bisschen Cello. Das Ganze hat mittlerweile auch einen Namen: Stripped Down – und jede Band, die sich halbwegs auf der Höhe der Zeit präsentieren will, bietet neben einer fulminant produzierten Radio Version mindestens auch eine reduzierte Variante an.
Diese Art Minimalismus erfreut sich schon eine halbe Ewigkeit auf allen möglichen Plattformen großer Beliebtheit – zumindest gibt es unzählige Coverversionen von Sangeslustigen, die sich austoben und hochladen was das Zeug hält. Das meiste davon kommt über ein paar Klicks nicht hinaus – hin und wieder schaffte es ein kleines Mädchen aus den Phillipinen oder ein Komiker aus Venezuela zu kurzzeitiger Beliebtheit. So richtig zum neuen Muss wurde diese Art der Produktion wahrscheinlich mit Adele und hier allerspätestens mit ihrem Hit Someone Like You. Da war die Netzgemeinschaft aber schon ein ganzes Stückchen weiter und auch Adele hat mittlerweile bewiesen, dass sie ebenso gut in orchestral und pathetisch funktioniert. Bei Birdy bin ich mir da noch nicht so sicher – zumindest ist ihr Debüt-Album sehr auf diesen einen Stil gebügelt und für meine Begriffe dadurch ein bisschen anstrengend.
Wie könnte es also weitergehen mit der Welle der authentischen Stripped-Down-Versionen. Da lohnt wieder ein Blick ins Netz. Die Protagonisten der Video Music (you only hear what you see) wie Pomplamoose , Mike Tompkins oder Dicken Schrader’s Projekt DMK geben da eine schöne Antwort. Reduziert und authentisch heisst nicht unbedingt nur klassisch instrumentiert und irgendwie auch konservativ romantisch-betulich. Das wird spannend.
Derweil lässt sich Birdy ja auch ganz gut durch den Remix-Wolf schicken. Das ist dann vielleicht ein klein wenig überraschender als der 100. Auftritt im deutschen Casting TV.
Sonntag, 30. Dezember 2012
Montag, 24. Dezember 2012
The Script Featuring will.i.am: Hall Of Fame
Endlich tut sich mal was im Geschäft. Seit Wochen scheint es ja nur noch drei Titel zu geben: das öde nervende und ich weiß nicht warum so wahnsinnig erfolgreiche Diamonds von Rihanna, die jetzt sogar zur großen Pop-Göttin ausgerufen wird, der immer noch völlig durchgeknallte, aber auch schon ordentlich ausgenudelte PSY mit seinem Gangnam Style und dann gehört auch Adele mit ihrer James-Bond-Thema Skyfall zu den Non-plus-Ultras derzeit. Nun endlich gibt es mal einen Titel, der dieses Trio ein wenig aufzuscheuchen scheint. Und – auch das ganz wesentlich – es ist kein debil-romantischer Weihnachtssong. Es ist ein richtiger waschechter Popsong. Und was für einer. Voll mit Zuversicht, hymnischem Refrain und Kraft. So weit so gut.
Auseinandergenommen fällt natürlich mit dem ersten Klavierton auf: da steckt schon eine ganz anständige Portion Pathos drin. So wie ich mich an The Script erinnere, war das bisher nicht nötig gewesen. Das hatte dann auch zur Folge, dass sie eben nicht weltweit konkurrenzlos in Radio- und Fernsehstationen sowie Einkaufsmeilen zu hören waren. Mit dem Schuss an großem Gefühl gelingt das dann ganz gut. Allerdings darf es nicht zu viel sein – das ist schon ziemlich genau abgemessen. Deshalb kommen The Script auch nicht an die Meister des großen Gefühls heran: Muse. Die haben im Sommer zu den Olympischen Spielen mal ordentlich zugelangt und bewiesen, dass die große Siegerpose tatsächlich auch etwas Erhebendes und Übermenschliches hat. Und das ganz ohne albern zu werden.
Das ist also der große Schatten, in dem sich The Script bewegen. Und den sie auch nicht verlassen. Vielleicht wollen sie da auch gar nicht raus. Das können sie letztendlich nur selber beurteilen. Für mich klingt es allerdings schon auch ein bisschen so, als wären sie einfach noch nicht ganz so weit. Wenn ich nämlich auf den Text höre, dann finde ich schon: Selbstvertrauen schön und gut. Zumal wenn man aus Irland kommt, wo jetzt nicht gerade die rosigsten Verhältnisse herrschen und das ja irgendwie immer noch nicht so ganz raus ist aus diesem Konflikt mit Britannien. Da gehört Stolz, Selbstvertrauen und Nationalbewusstsein natürlich zu den Grundwerten, die einem schon als Kind anerzogen werden und die dafür sorgen, dass man halbwegs aufrecht durchs Leben gehen kann. Außerhalb der Insel wird’s dann aber schon etwas schwieriger. Unbedingte Liebe zum Vaterland ist nicht in jedem Fall der Schlüssel zum Glück. Auch wenn gerade in den letzten Jahren Nationalstolz und Nationalismus weltweit ordentlich Konjunktur haben.
Sich selber zu großen Leistungen zu treiben, sich an die eigenen Grenzen zu führen und damit zu spüren, wieviel man leisten kann und wer man überhaupt ist – ja, das ist für eine Persönlichkeit wichtig. Dazu gehört sicher auch die Anerkennung durch andere. Ob es aber immer darum geht „der/die Beste“ zu sein? Das Gegenüber zu schlagen und zu übertrumpfen? Im Jahr 2012 könnte man auch schon etwas weiter sein und vielleicht erkennen, dass man auch gemeinsam gewinnen kann. Dass es eben nicht darum geht, der einzige Champion zu sein – was ist schon ein Sieger, wenn all seine Gegner tot sind. Ein einsamer Freak, der letztendlich seine Stärke verliert, weil er nichts mehr hat, an dem er sich abarbeiten und messen kann. Die Hall of Fame wird von niemandem mehr besucht. Der Ruhm ist gar keiner mehr sondern schneller vergänglich als frisch gefallener Schnee.
Noch einmal der Vergleich mit Muse. Die schaffen es ganz schön, auf den Augenblick abzuheben. Die wissen, dass es nur diese paar Momente sind, in denen du dich sonnen darfst und für die es sich auch lohnt zu trainieren, zu kämpfen und dran zu glauben. Dass es danach wieder weiter geht im normalen Leben ist aber genauso ein Gesetz. Und das vermisse ich schon ein bisschen an der Hymne von The Script. Ein Sieg gegen sich selbst verändert das Leben. Verändert die Sicht auf die Dinge. Und ist vielleicht auch eine großartige Erinnerung für alles was danach kommt. Aber es macht einen nicht automatisch zum besseren Menschen.
Ich würde ja ganz gern solche Worte und Träume wie „weltweiter Ruhm“ oder „Held“ aus dem Popwortschatz streichen. Wird wahrscheinlich nicht passieren – denn grade im Pop leben Märchen ja besonders lang und bunt weiter.
Auseinandergenommen fällt natürlich mit dem ersten Klavierton auf: da steckt schon eine ganz anständige Portion Pathos drin. So wie ich mich an The Script erinnere, war das bisher nicht nötig gewesen. Das hatte dann auch zur Folge, dass sie eben nicht weltweit konkurrenzlos in Radio- und Fernsehstationen sowie Einkaufsmeilen zu hören waren. Mit dem Schuss an großem Gefühl gelingt das dann ganz gut. Allerdings darf es nicht zu viel sein – das ist schon ziemlich genau abgemessen. Deshalb kommen The Script auch nicht an die Meister des großen Gefühls heran: Muse. Die haben im Sommer zu den Olympischen Spielen mal ordentlich zugelangt und bewiesen, dass die große Siegerpose tatsächlich auch etwas Erhebendes und Übermenschliches hat. Und das ganz ohne albern zu werden.
Das ist also der große Schatten, in dem sich The Script bewegen. Und den sie auch nicht verlassen. Vielleicht wollen sie da auch gar nicht raus. Das können sie letztendlich nur selber beurteilen. Für mich klingt es allerdings schon auch ein bisschen so, als wären sie einfach noch nicht ganz so weit. Wenn ich nämlich auf den Text höre, dann finde ich schon: Selbstvertrauen schön und gut. Zumal wenn man aus Irland kommt, wo jetzt nicht gerade die rosigsten Verhältnisse herrschen und das ja irgendwie immer noch nicht so ganz raus ist aus diesem Konflikt mit Britannien. Da gehört Stolz, Selbstvertrauen und Nationalbewusstsein natürlich zu den Grundwerten, die einem schon als Kind anerzogen werden und die dafür sorgen, dass man halbwegs aufrecht durchs Leben gehen kann. Außerhalb der Insel wird’s dann aber schon etwas schwieriger. Unbedingte Liebe zum Vaterland ist nicht in jedem Fall der Schlüssel zum Glück. Auch wenn gerade in den letzten Jahren Nationalstolz und Nationalismus weltweit ordentlich Konjunktur haben.
Sich selber zu großen Leistungen zu treiben, sich an die eigenen Grenzen zu führen und damit zu spüren, wieviel man leisten kann und wer man überhaupt ist – ja, das ist für eine Persönlichkeit wichtig. Dazu gehört sicher auch die Anerkennung durch andere. Ob es aber immer darum geht „der/die Beste“ zu sein? Das Gegenüber zu schlagen und zu übertrumpfen? Im Jahr 2012 könnte man auch schon etwas weiter sein und vielleicht erkennen, dass man auch gemeinsam gewinnen kann. Dass es eben nicht darum geht, der einzige Champion zu sein – was ist schon ein Sieger, wenn all seine Gegner tot sind. Ein einsamer Freak, der letztendlich seine Stärke verliert, weil er nichts mehr hat, an dem er sich abarbeiten und messen kann. Die Hall of Fame wird von niemandem mehr besucht. Der Ruhm ist gar keiner mehr sondern schneller vergänglich als frisch gefallener Schnee.
Noch einmal der Vergleich mit Muse. Die schaffen es ganz schön, auf den Augenblick abzuheben. Die wissen, dass es nur diese paar Momente sind, in denen du dich sonnen darfst und für die es sich auch lohnt zu trainieren, zu kämpfen und dran zu glauben. Dass es danach wieder weiter geht im normalen Leben ist aber genauso ein Gesetz. Und das vermisse ich schon ein bisschen an der Hymne von The Script. Ein Sieg gegen sich selbst verändert das Leben. Verändert die Sicht auf die Dinge. Und ist vielleicht auch eine großartige Erinnerung für alles was danach kommt. Aber es macht einen nicht automatisch zum besseren Menschen.
Ich würde ja ganz gern solche Worte und Träume wie „weltweiter Ruhm“ oder „Held“ aus dem Popwortschatz streichen. Wird wahrscheinlich nicht passieren – denn grade im Pop leben Märchen ja besonders lang und bunt weiter.
Samstag, 15. Dezember 2012
LAING: Morgens immer müde
Wie klingt eigentlich moderne, wegweisende Popmusik aus Deutschland? Ist das etwas, das in der Art von Lena daher kommt? Hmm – Erfolg wird das Modell sicherlich noch eine ganze, lange Weile haben. Aber Innovation – das dürfte anders klingen. Also doch eher so ein Rap-Pop-Aufguss, wie ihn CRO und Marteria im vergangenen Jahr abgeliefert haben? Hier lässt sich schon wesentlich mehr Entwicklungspotenzial ausmachen. Nicht umsonst ist der Sound seit etwa einem Jahr ordentlich erfolgreich und hat eine Reihe von Spielarten und Protagonisten gefunden. Ob’s nun Mainstream-Acts sind wie die beiden Genannten oder politisch bewusste und anständig independent geerdete Künstlerinnen wie Sookee/Kobito sind. Letztere übrigens schon wesentlich länger auf dieser Spielwiese unterwegs und vielleicht sogar so etwas wie Wegbereiter für den neuen Mainstream. Da lag also seit einiger Zeit etwas in der Luft, das sich nunmehr in so etwas wie einem eigenen Genre wiederfindet. Mit der intellektuell-albernen Variante von Shaban & Käptn Peng gibt es dann mittlerweile sogar so etwas wie eine Gegenthese. Wenn das nicht der Beweis dafür ist, dass sich hier etwas getan hat …
Vielleicht ist all das aber auch schon Schnee von gestern, denn seit ein paar Wochen ist ein Titel populär, der irgendwie nochmal anders aufhorchen lässt. Da tuckern ein paar Minimal-Electro-Beats und –sounds aus den Boxen und dazu ertönt ein etwas zickiger Gesang (auch hier teilweise sehr nahe am Sprechgesang orientiert) von vier jungen Damen: Morgens immer müde.
Der Titel ist offenkundig ungewöhnlich: So reduziert wie kaum etwas im Pop-Radio zurzeit. Gleichzeitig aber eingängig – oder sagen wir catchy. Das kann ich sofort mitsingen und bin im besten Fall von der doch eher positiven Laune angesteckt. Auch wenn das zugeknöpfte Total-Styling erstmal ein wenig bieder-gekünstelt und aufgesetzt wirkt und mich vielleicht auch ein bisschen draußen lässt.
Natürlich kommt der Sound alles andere als völlig aus dem Nichts. Ich würd mal sagen, der Weg für den breiten Erfolg wurde in jedem Fall geebnet durch so einen Hit wie Sky And Sand von Paul & Fritz Kalkbrenner. Der verband schon genauso einen eher reduzierten Sound, eine minimale Melodie mit deutlich an Pop orientiertem Gesang. Die Nachfolgeproduktionen von Fritz Kalkbrenner loten derzeit noch intensivst aus, wie weit man mit dieser Mischung gehen kann. Auch wenn es da schon so gut wie gar nicht mehr um melodiöse Reduktion oder Minimalismus geht.
Mit LAING wird nun vor allem der Gesang noch ein klein wenig mehr in den Vordergrund gerückt – macht auch Sinn, denn die vier Damen haben ordentlich was drauf und können auch a capella prima überzeugen. Das ist so etwas wie die Wise Guys auf ’nem Elektroniksound. Und das ist die eigentlich neue Qualität der Band. Inwieweit dieser Stil auf längere Zeit überraschen kann und damit auch Bestand hat, werden wir sehen. Zumindest ist es schon mal bezeichnend, dass LAING zwar nach ihrem zweiten Platz bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest erstmals ordentlich Aufmerksamkeit erhielten, aber so richtig ging es erst mit Verzögerung los. Und zwei Monate nach dem Contest wollen immer noch genügend Leute LAING hören und sehen – was jetzt gar nicht mehr in so direktem Zusammenhang mit dem TV-Ereignis steht.
Lustig an LAING ist auch, dass sie es nicht bei einem offiziellen Video belassen. Mittlerweile kursiert mindestens ein zweites genauso offizielles. Bildkunst ist die neue Form des Remixens – das ist keine Neuigkeit, aber erst seit Gangnam Style auch im letzten Hirn angekommen. LAING kümmern sich allerdings gleich selbst darum, dass es nicht nur bei einer Video-Interpretation bleibt. Das nenn’ ich mal auf der Höhe der Zeit. Schade nur, dass nach wie vor eine Zensierung durch die GEMA zu erwarten ist. Das erste offizielle Video darf auf youtube beispielsweise momentan nicht in Deutschland gespielt werden.
Zu guter letzt – und auch das ist bekannt: LAING sind auch deshalb ein moderner Act, weil sie es gar nicht nötig haben, permanent alles neu zu erfinden. Sie greifen gern auf Bestehendes zurück und machen daraus ihr eigenes Neues. Es ist eben keinesfalls so, dass eine Cover-Version ein Weniger an Kreativität bedeutet. (In Casting-Shows geht’s ja meistens darum, den Ton des Originals zu treffen – wie langweilig!) Zum Beweis darf man sich ruhig mal das Original von Morgens immer müde aus dem Jahr 1960 von Trude Herr anhören/ansehen. Das hat mit heute gar nichts mehr zu tun und es wurde höchste Zeit, dass dieses generationenweit verbreitete Morgenmüdigkeitsgefühl auch in eine zeitgemäße musikalische Version übersetzt wurde. Weg mit dem verrucht-überdrehten Künstlerklischee – rein in den gewöhnlichen Sonntagmorgenalltag. Danke.
Sonntag, 9. Dezember 2012
K (Alicia Keys): Girl On Fire
Genau genommen, hatte ich sehr lange Zeit meine Schwierigkeiten mit Alicia Keys. Ich weiß auch nicht, warum. Ihr erstes Auftauchen im Mainstream vor etwas mehr als 10 Jahren war so etwas wie ein Knall. Fallin’ erschien und wurde geliebt. Klar, junge und gutaussehende Frau am Klavier – das hat Potenzial. Dabei war der Erfolg von Fallin’ gar nicht so sehr vorherzusehen. Immerhin war es nicht nur eine sich einschmusende Melodie, sondern da war auch etwas Sperriges, fast Dissonantes. Eigentlich ein Grund, den Song und seine Interpretin ins Herz zu schließen.
Warum das für lange Zeit bei mir nicht passierte, lag vermutlich daran, dass mir diese Konzentration aufs Wesentliche, auf die Stimme und ein oder zwei Instrumente lange Zeit suspekt erschien. Warum macht eine Frau Anfang des 21. Jahrhunderts Musik, die von ihren Voraussetzungen her auch schon 1980 hätte erscheinen können? Oder sogar noch früher? – Alicia Keys, das hatte für mich irgendwie auch etwas seltsam Unzeitgemäßes.
Und dann kamen zwei Kollaborationen, bei denen ich aufhorchte. Für den James-Bond-Film A Quantum of Solace ging Alicia Keys mit Jack White ins Studio um Another Way To Die einzuspielen und heraus kam ein großartiger und fast schon sezierter James-Bond-Titelsong. Ein Jahr später nahm sie mit JAY-Z Empire State Of Mind auf – eine vor drei Jahren durchaus gewagte Kombination. Beide Songs zeigten, dass Alicia Keys tatsächlich nicht nur eine kraftvolle Stimme hat und Klavier spielen kann – sondern dass sie auch Lust auf Neues hat, auf Grenzüberschreitungen und Modernität. Kurzum: Alicia Keys etablierte sich tatsächlich als eine Künstlerin, die bewusst im Hier und Jetzt lebt.
Und nun ist Alicia Keys mit einem neuen Album da: Girl on Fire. Mittlerweile sieht sie sich selbst (oder ihr Label) offenbar als einen Superstar an, der nur noch mit einem einzigen Buchstaben bezeichnet wird: K. Das ist vielleicht ein wenig übertrieben – vielleicht auch ein wenig zu hip. Ich bin zumindest gespannt, wieviele Damen dieses Privileg in nächster Zeit noch für sich Anspruch nehmen.
Der Titelsong des neuen Albums kommt in gewohnter Tradition daher: Alicia Keys’ Stimme sehr zentral eingesetzt und ein markanter Refrain, der sich ganz gut ins musikalische Gedächtnis gräbt. Vielleicht tut man diesen Titel auch erstmal ab: is ok, aber nichts wirklich Besonderes. – Dann erwischt einen der Song aber doch noch ein zweites und drittes mal und jetzt fällt die starke Rhythmusorientierung auf. Immer auch ordentlich dick produziert – sogar mit Anflügen an Breitwandpoprock aus den 80ern – sind es vor allem die Drums, welche den Gesang tragen und einbetten. Das ist dick und vielleicht auch pathetisch – aber es ist eben auch ordentlich reduziert. Vielleicht so etwas wie Glam-Minimalismus.
So wie der Gesang den Song bestimmt, so tritt die Sängerin im zugehörigen Video sehr zentral und sehr selbstbewusst auf. Stark gestylt inszeniert sie sich vor groß gemustertem Hintergrund oder als Akteurin in einer ziemlich stark überzeichneten Alltagswelt. Das Ganze ist niemals real sondern könnte Bild für Bild ein pompöses Gemälde sein oder eine ordentlich ausgestattete Modefotografie. Mit einem gehörigen Schuss 60s-Styling wird das Ganze dann endgültig zu einem Lifestyle-Werbeclip, das Mode, Möbel oder Kosmetik anpreisen könnte.
Wie sehr Alicia Keys damit einen aktuellen Trend bedient zeigt die Version des Songs, bei der zwei kleine Rap-Parts von Nicki Minaj hinzugefügt wurden. Die für ihre totale und überdrehte Künstlichkeit bekannte Nicki passt zum Video, als wäre es ihr eigenes. Ob ich das nun besonders gut oder eher langweilig berechnend finde, weiss ich noch nicht. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.
Was mich in jedem Fall nervt, ist die Vermarktung des eher winzigen (und für meine Begriffe auch völlig überflüssigen) Parts von Nicki Minaj. Media control und alle darauf basierenden Auswertungen listen hinter dem Songtitel Girl On Fire fleißig Alicia Keys feat. Nicki Minaj. Dabei präsentiert die CD-Single auf dem Cover Alicia Keys allein. Und die Version mit Nicki erscheint auch nur als zweiter, als dazugegebener Track.
Auch im Digitalversand – dort sogar noch stärker – hat die Variante allein gesungen von Alicia Keys deutlich die Nase vorn. iTunes listet die Version auf Nr. 8 – im Unterschied zu Platz 66 für die Duett-Variante), bei amazon sieht’s ein wenig anders aus, die Inferno Version steht aktuell auf der 15, die Main version auf der 19. So viel also mal zu der Zuverlässigkeit und vor allem der Genauigkeit des chartermittelnden Instituts der Musikindustrie.
Zurück zu Girl On Fire. Der Song setzt sich derweil ordentlich durch. Langsam startete er und hat sich nun innerhalb von einem Monat doch zu einem passablen kommerziellen Erfolg gemausert. Man könnte auch von einem Hit sprechen. Alicia Keys steht damit mehr als 10 Jahre lang als Top-Musikerin im Business. Das K auf dem Cover der Single ist also vielleicht doch berechtigt.
Warum das für lange Zeit bei mir nicht passierte, lag vermutlich daran, dass mir diese Konzentration aufs Wesentliche, auf die Stimme und ein oder zwei Instrumente lange Zeit suspekt erschien. Warum macht eine Frau Anfang des 21. Jahrhunderts Musik, die von ihren Voraussetzungen her auch schon 1980 hätte erscheinen können? Oder sogar noch früher? – Alicia Keys, das hatte für mich irgendwie auch etwas seltsam Unzeitgemäßes.
Und dann kamen zwei Kollaborationen, bei denen ich aufhorchte. Für den James-Bond-Film A Quantum of Solace ging Alicia Keys mit Jack White ins Studio um Another Way To Die einzuspielen und heraus kam ein großartiger und fast schon sezierter James-Bond-Titelsong. Ein Jahr später nahm sie mit JAY-Z Empire State Of Mind auf – eine vor drei Jahren durchaus gewagte Kombination. Beide Songs zeigten, dass Alicia Keys tatsächlich nicht nur eine kraftvolle Stimme hat und Klavier spielen kann – sondern dass sie auch Lust auf Neues hat, auf Grenzüberschreitungen und Modernität. Kurzum: Alicia Keys etablierte sich tatsächlich als eine Künstlerin, die bewusst im Hier und Jetzt lebt.
Und nun ist Alicia Keys mit einem neuen Album da: Girl on Fire. Mittlerweile sieht sie sich selbst (oder ihr Label) offenbar als einen Superstar an, der nur noch mit einem einzigen Buchstaben bezeichnet wird: K. Das ist vielleicht ein wenig übertrieben – vielleicht auch ein wenig zu hip. Ich bin zumindest gespannt, wieviele Damen dieses Privileg in nächster Zeit noch für sich Anspruch nehmen.
Der Titelsong des neuen Albums kommt in gewohnter Tradition daher: Alicia Keys’ Stimme sehr zentral eingesetzt und ein markanter Refrain, der sich ganz gut ins musikalische Gedächtnis gräbt. Vielleicht tut man diesen Titel auch erstmal ab: is ok, aber nichts wirklich Besonderes. – Dann erwischt einen der Song aber doch noch ein zweites und drittes mal und jetzt fällt die starke Rhythmusorientierung auf. Immer auch ordentlich dick produziert – sogar mit Anflügen an Breitwandpoprock aus den 80ern – sind es vor allem die Drums, welche den Gesang tragen und einbetten. Das ist dick und vielleicht auch pathetisch – aber es ist eben auch ordentlich reduziert. Vielleicht so etwas wie Glam-Minimalismus.
So wie der Gesang den Song bestimmt, so tritt die Sängerin im zugehörigen Video sehr zentral und sehr selbstbewusst auf. Stark gestylt inszeniert sie sich vor groß gemustertem Hintergrund oder als Akteurin in einer ziemlich stark überzeichneten Alltagswelt. Das Ganze ist niemals real sondern könnte Bild für Bild ein pompöses Gemälde sein oder eine ordentlich ausgestattete Modefotografie. Mit einem gehörigen Schuss 60s-Styling wird das Ganze dann endgültig zu einem Lifestyle-Werbeclip, das Mode, Möbel oder Kosmetik anpreisen könnte.
Wie sehr Alicia Keys damit einen aktuellen Trend bedient zeigt die Version des Songs, bei der zwei kleine Rap-Parts von Nicki Minaj hinzugefügt wurden. Die für ihre totale und überdrehte Künstlichkeit bekannte Nicki passt zum Video, als wäre es ihr eigenes. Ob ich das nun besonders gut oder eher langweilig berechnend finde, weiss ich noch nicht. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.
Was mich in jedem Fall nervt, ist die Vermarktung des eher winzigen (und für meine Begriffe auch völlig überflüssigen) Parts von Nicki Minaj. Media control und alle darauf basierenden Auswertungen listen hinter dem Songtitel Girl On Fire fleißig Alicia Keys feat. Nicki Minaj. Dabei präsentiert die CD-Single auf dem Cover Alicia Keys allein. Und die Version mit Nicki erscheint auch nur als zweiter, als dazugegebener Track.
Auch im Digitalversand – dort sogar noch stärker – hat die Variante allein gesungen von Alicia Keys deutlich die Nase vorn. iTunes listet die Version auf Nr. 8 – im Unterschied zu Platz 66 für die Duett-Variante), bei amazon sieht’s ein wenig anders aus, die Inferno Version steht aktuell auf der 15, die Main version auf der 19. So viel also mal zu der Zuverlässigkeit und vor allem der Genauigkeit des chartermittelnden Instituts der Musikindustrie.
Zurück zu Girl On Fire. Der Song setzt sich derweil ordentlich durch. Langsam startete er und hat sich nun innerhalb von einem Monat doch zu einem passablen kommerziellen Erfolg gemausert. Man könnte auch von einem Hit sprechen. Alicia Keys steht damit mehr als 10 Jahre lang als Top-Musikerin im Business. Das K auf dem Cover der Single ist also vielleicht doch berechtigt.
Montag, 3. Dezember 2012
P!nk: Try
Wenn wir jetzt eine Umfrage starten würden nach den wichtigsten Künstlerinnen der letzten 10 bis 15 Jahre – wer würde uns da wohl einfallen? Wahrscheinlich so was wie Lady Gaga, Rihanna, eventuell würden auch Katy Perry oder Adele genannt. Aber würde jemand auf P!nk kommen? – Wahrscheinlich nur die wenigsten und genau das ist komisch. Denn streng genommen gehört P!nk zu den produktivsten und erfolgreichsten Rock-Musikerinnen seit dem Jahrtausendwechsel. Von den 26 Singles, die mit ihrem Namen versehen sind haben sich mittlerweile ganze 17 so massiv verkaufen können, dass sie in den deutschen Top 10 landeten. Keine schlechte Bilanz. Und das in einer Zeit, in der sich rockigere Töne nicht immer so ganz leicht tun. Von Frauen sowieso nicht.
P!nk also singt sich nun schon eine ganze Weile in die Ohren und Herzen der Menschen. Sie tut das gerne etwas lauter. Das ist vielleicht nicht immer jedermanns Sache. Aber es macht gut Luft und baut Frust ab. P!nk scheint davon eine ganze Menge zu haben. Zum Beispiel geht es in ihrer aktuellen Single Try darum, dass sie irgendwie immer den Falschen erwischt. Zunächst mal sieht der smarte Mann im Video ganz nett aus. Aber Colt Prattes spielt bzw. tanzt hier ein richtiges Arschloch. Da ist nicht viel mit Zärtlichkeit und Zuneigung, da geht's eher um's eigene Ego und darum, den/die andere zu verletzen. Das ist im Falle von Try künstlerisch überhöht in eine Choreographie gegossen – könnte so in jedem zeitgenössischen Stück Tanztheater bestehen.
P!nk derweil kann sich aus diesem Beziehungsdrama nicht so recht lösen. Zumindest behauptet sie felsenfest, es wäre immer noch einen Versuch wert. So leicht stirbt es sich nicht. Da spielt P!nk also ganz doll die toughe Frau, die nichts umhaut, die immer wieder aufsteht. Das ist ja so ein bisschen auch der Grund, warum sie gern rumgezeigt wird und als Role Modell für die moderne Frau genannt wird. Ist nichts gegen einzuwenden. Warum eine starke Frau aber so wenig auf ihr Gefühlsleben achtet – das verstehe ich wirklich nicht. Nur weil ein Kerl gut aussieht, muss man's nicht immer wieder mit ihm versuchen. Da fänd' ich's besser P!nk hätte die Stärke und würde den Vogel in die Wüste schicken (was sie in anderen Songs ja auch schon mit Bravour gemacht hat).
Das Cover zum Song legt noch eine andere Interpretationslinie aus. Mit Maske vor den Augen ist die ganze vage umschriebene Nummer mit dem Verletzen und Verletzt-Werden mit viel Wohlwollen auch als Spiel zu lesen. Ein Spiel von Unterwerfung und Dominanz. Allerdings ändert das für mich nichts an dem, wie Menschen im Alltag funktionieren sollten. Wenn's da um Machtspiele geht isses einfach Sch.... – egal welche sexuellen Vorlieben ich habe.
Try ist also irgendwie nicht ganz so tough – kommt ja auch beinahe als Ballade daher. Es ist eine Art Abrechnung, aber irgendwie nur eine halbe. Für mich sieht das alles auch ein bisschen unfertig, unentschlossen aus. Dieses Gefühl habe ich durchaus häufiger bei P!nk. Kann natürlich auch total daran liegen, dass ich nicht die Zielgruppe bin. Männlich und mittlerweile auch nicht mehr der Jüngste – da sind die Maßstäbe vielleicht andere. Allemal konsequenter und sympathischer als Frau Gaga oder Madame Rihanna ist P!nk in jedem Fall.
P!nk also singt sich nun schon eine ganze Weile in die Ohren und Herzen der Menschen. Sie tut das gerne etwas lauter. Das ist vielleicht nicht immer jedermanns Sache. Aber es macht gut Luft und baut Frust ab. P!nk scheint davon eine ganze Menge zu haben. Zum Beispiel geht es in ihrer aktuellen Single Try darum, dass sie irgendwie immer den Falschen erwischt. Zunächst mal sieht der smarte Mann im Video ganz nett aus. Aber Colt Prattes spielt bzw. tanzt hier ein richtiges Arschloch. Da ist nicht viel mit Zärtlichkeit und Zuneigung, da geht's eher um's eigene Ego und darum, den/die andere zu verletzen. Das ist im Falle von Try künstlerisch überhöht in eine Choreographie gegossen – könnte so in jedem zeitgenössischen Stück Tanztheater bestehen.
P!nk derweil kann sich aus diesem Beziehungsdrama nicht so recht lösen. Zumindest behauptet sie felsenfest, es wäre immer noch einen Versuch wert. So leicht stirbt es sich nicht. Da spielt P!nk also ganz doll die toughe Frau, die nichts umhaut, die immer wieder aufsteht. Das ist ja so ein bisschen auch der Grund, warum sie gern rumgezeigt wird und als Role Modell für die moderne Frau genannt wird. Ist nichts gegen einzuwenden. Warum eine starke Frau aber so wenig auf ihr Gefühlsleben achtet – das verstehe ich wirklich nicht. Nur weil ein Kerl gut aussieht, muss man's nicht immer wieder mit ihm versuchen. Da fänd' ich's besser P!nk hätte die Stärke und würde den Vogel in die Wüste schicken (was sie in anderen Songs ja auch schon mit Bravour gemacht hat).
Das Cover zum Song legt noch eine andere Interpretationslinie aus. Mit Maske vor den Augen ist die ganze vage umschriebene Nummer mit dem Verletzen und Verletzt-Werden mit viel Wohlwollen auch als Spiel zu lesen. Ein Spiel von Unterwerfung und Dominanz. Allerdings ändert das für mich nichts an dem, wie Menschen im Alltag funktionieren sollten. Wenn's da um Machtspiele geht isses einfach Sch.... – egal welche sexuellen Vorlieben ich habe.
Try ist also irgendwie nicht ganz so tough – kommt ja auch beinahe als Ballade daher. Es ist eine Art Abrechnung, aber irgendwie nur eine halbe. Für mich sieht das alles auch ein bisschen unfertig, unentschlossen aus. Dieses Gefühl habe ich durchaus häufiger bei P!nk. Kann natürlich auch total daran liegen, dass ich nicht die Zielgruppe bin. Männlich und mittlerweile auch nicht mehr der Jüngste – da sind die Maßstäbe vielleicht andere. Allemal konsequenter und sympathischer als Frau Gaga oder Madame Rihanna ist P!nk in jedem Fall.
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