Freitag, 22. Februar 2013
Rihanna Feat. Mikky Ekko:Stay
Die ganzen Superlative zu wiederholen in Bezug auf Rihanna ist unnötig. Dass sie recht unangefochten DIE Pop-Künstlerin des doch schon ein wenig dahingeschrittenen, aktuellen Jahrzehnts ist, muss ebenso kaum noch erwähnt werden. Wie groß die allgemeine Begeisterung ist, die Rihanna entgegen schlägt, lässt sich an dem Song Stay ablesen.
Kaum war halbwegs herum, dass dieser Track die zweite Single ihres Albums Unapologetic wird, da stieg auch schon die Nachfrage. Schnell war der Track als reiner Albumdownload in den offiziellen Charts vertreten. In Großbritannien, wo der Markt immer ein wenig euphorischer reagiert, stand sie um die Weihnachtszeit gar auf Platz 4. Wie gesagt: ohne regulären Release als Single und ohne Video. Am 12. Februar dann erschien auch das Video, die Medien berichteten gleich von spektakulären Szenen: Rihanna in der Badewanne – nun ja, wer immer sich von solch einer Versprechung anlocken lässt. Am Ende ist der gesamte Clip natürlich ganz ordentlich brav und jugendfrei und die Schlagzeile hätte auch heißen können: Rihanna ist sehr sehr traurig. Aber das hätte dann vielleicht doch ein oder zwei Menschen weniger interessiert.
Die Vermarktungsmaschinerie um Rihanna herum funktioniert also perfekt. Das kann man gut oder schlecht finden. Wie man will. - Ich behaupte mal, der große Medienrummel wäre bei diesem Track gar nicht nötig gewesen. Die Pop-Meute ist doch schon dermaßen fiebrig auf jedes neue Fitzelchen von der Dame – da hätten sich die PR-Abteilungen ruhig auch mal ein paar Tage mehr Urlaub gönnen können und ein wenig tüfteln an vielleicht einer richtig hübschen, neuen Kampagne.
Was bei allem Wirbel fast immer zu kurz kommt, ist die Musik selbst. In den meisten Fällen ist das bei Rihanna auch verschmerzbar. Was zum Beispiel von ihrem größten Erfolg Diamonds übrig bleibt, wenn man mal den ganzen Inszenierungsklamauk rundrum wegwischt, das ist ja leider nicht so wahnsinnig viel. Bei Stay liegt die Sache aber doch ein klein wenig anders. Hier verzichtet Rihanna, bzw. das Produzententeam hinter ihr, auf die sonst eher breite Produktion und den dicken Soundbrei. Hier ist es einfach ein Piano, welches Rihanna und Gesangspartner Mikky Ekko begleitet. Das ist durchaus gewagt, tut dem Song aber gut. Der hat offenbar Stärken und er lässt der Sängerin durchaus Platz zum Atmen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich Rihanna in einer ihrer Balladen zuvor schonmal so authentisch gehört habe. Und es ist wohl auch das erste Mal, dass ich nicht von ihrem leicht gepressten und rauhen Wehmutssingsang genervt bin. Denn der drängt sich gar nicht so sehr in den Vordergrund. Der passiert höchstens mal. Ich finde Rihanna’s Stimme nach wie vor nicht wahnsinnig überzeugend – aber in diesem Song kommen die Brüche in ihrer Stimme, der Gesang, die Melodie und die Grundstimmung ziemlich gut zusammen.
Also wird es an dieser Stelle Zeit, auch mal auf die Autoren des Songs zu schauen. Da steht neben Mikky Ekko auch ein Justin Parker. Und der war in den vergangenen zwei Jahren schon ordentlich erfolgreich als Autor für Lana del Rey. Ihr großer Durchbruch Video Games stammt aus seiner Feder. Wenn man das weiß, dann lassen sich sogar gewisse Ähnlichkeiten heraushören. Und vor allem wächst für mich die Lust, diesen Song auch mal von Lana del Rey zu hören. Ob das funktionieren würde? - Vielleicht ist das sogar der erste Link zu einem bald stattfindendem Duett Rihanna vs. del Rey – das stelle ich mir wirklich mal spektakulär und spannend vor.
Freitag, 15. Februar 2013
Depeche Mode: Heaven
Es gibt Bands, die sind jahrelang nicht präsent – man hat sie eigentlich schon fast vergessen – und dann sind sie plötzlich wieder da und es ist als wäre gar nichts gewesen. Nun muss ich natürlich zugeben, dass Depeche Mode nie weg waren. Oder zumindest sind sie immer irgendwie präsent mit älterem Material, dass ganz oft aber so klingt, als wäre es aktuell. Und selbst die ganz alten und vergilbten Sachen haben noch ihren Charme und funktionieren. So eine Band ist Depeche Mode also. Und wenn ich jetzt nicht gewusst hätte, dass Heaven die neue Single zum bevorstehenden Album Delta Machine ist, ich hätte wohl gar nicht gemerkt, dass das jetzt etwas ist, dass ich noch gar nicht kenne.
Obwohl ich mich nicht recht erinnern kann, wann ich bei Depeche Mode schon mal so ein klares Klavier gehört habe, das auch wirklich so klingt wie ein Klavier. Und so getragen wie Heaven daher kommt, sind die drei Jungs auch nicht oft. Das steht ihnen aber ganz gut. Denn immerhin haben sie mittlerweile ein paar Jahre auf dem Buckel. Und das sieht man im Video nun wirklich ganz deutlich. Ich kann mich erinnern, vor sieben Jahren bei Suffer Well, da war das genaue Gegenteil der Fall, da dachte ich: “Ja, wenn man will kann man erkennen, dass das Männer in der Mitte ihres Lebens sind. Aber im Grunde sehen die alle noch unverschämt gut aus.”
Jetzt lässt sich das Alter nicht mehr wegretuschieren. Will auch keiner. Denn diese Altersweisheit, die kommt schon ganz gut. In Heaven stecken tatsächlich 30 Jahre Musikbusiness. Das schließt an das an, was vor vier oder fünf Jahren war, obwohl mir Sounds Of The Universe eigentlich schon ein bissel zu verschroben und kantig war. In Heaven gibts vielleicht noch ganz zarte Anklänge an diese Experimente, genauso wie es Verbindungen gibt zu dem was vor 20 Jahren passiert ist. Und wenn man genau hinhört, dann entdeckt man vielleicht auch den einen oder anderen Mini-Schnipsel, der noch älter sein könnte. Genauso wie die dumpf zerrende Gitarre einen Sound fabriziert, der für Depeche Mode nun auch nicht unbedingt typisch ist.
Das Ganze funktioniert auch ohne all dieses Wissen und Soundforschen. Und das ist wirklich toll. Depeche Mode sind längst in einer Liga angekommen, in der sie machen können was sie wollen. Man kann es vielleicht doof finden und nicht mögen – oder man kann auch einfach nur Fan sein und es lieben – was ihre Songs fast alle haben ist diese Zeitlosigkeit außerhalb des geschäftigen Pop-Betriebs. Das ist beeindruckend. Auch wenn oder vielleicht gerade weil sie keine Hits mehr produzieren, die einen ein halbes Jahr lang begleiten. Depeche Mode sind da wohl eher etwas für ein halbes oder ganzes Leben.
Freitag, 8. Februar 2013
Macklemore & Ryan Lewis feat. Wanz: Thrift Shop
Es kommt viel zu selten vor, dass einem ein Track begegnet, bei dem es von Anfang an zündet und der auch nach drei Monaten immer noch infektiös ist. Und wenn dieser Song dann auch noch einen Inhalt hat, der über das allgemeine Gepose oder Gejammere hinaus geht, dann ist das nahezu schon das Ultimative, was zu erreichen ist. Im Fall von Thrift Shop gesellt sich zu all dem aber noch so etwas wie eine kleine Sensation – oder besser: Revolution. Macklemore & Ryan Lewis haben sich nämlich ganz konsequent dafür entschieden, auf die Vermarktung durch ein großes Label zu verzichten. Und sind mittlerweile trotzdem zu so etwas wie Stars geworden. Und das ist das Besondere und Unglaubliche an den beiden, ihrem Hit Thrift Shop und ihrem Album The Heist. Es verkauft sich wie blöde, es wird in den Charts ganz oben notiert (aktuell war Thrift Shop in sieben Ländern als Nr.1-Hit gelistet) und das, obwohl es nur durch Eigenvertrieb erhältlich ist. Die allermeisten anderen Künstler und Künstlerinnen haben sich spätestens bei steigender Nachfrage dafür entschieden, doch mit einem Major zusammenzugehen um möglichst viele Einheiten unter die Menschen zu bringen. Oder um fett beworben zu werden. Oder was immer die Gründe waren. Und die großen Label, die hatten natürlich ihre Freude dran: wenig Arbeit beim Aufbau der Künstler und Künstlerinnen, nahezu keine Investitionen in die Entwicklung, aber die Möglichkeit, mit dem Verkauf von CDs Gewinn abzuschöpfen.
Mit dem Internet und vor allem mit der Möglichkeit Musik vor allem digital zu vertreiben, werden diese Labels mehr und mehr überflüssig. Oder besser: sie hätten eine andere Aufgabe, die sie aber nur in den wenigsten Fällen wahrnehmen. Musik verkauft sich mittlerweile völlig unabhängig von einem großen Marktführer. CRO und Macklemore machen es vor (und natürlich eine ganze Reihe anderer Artists auch – nur nicht ganz so medial umschwärmt). Sie verzichten auf dicke Bewerbung in TV-Shows oder durch Werbespots, sie vertrauen darauf, dass sich gute Tracks dann doch irgendwann durchsetzen, und es ist ihnen prinzipiell egal, wenn es mal nicht der Top 10 Hit ist. Und das macht sie sympathisch, authentisch und gut – denn das ist Musik bei der es um etwas geht. Um Geschichten oder um wirkliche Unterhaltung. In jedem Fall um Leben statt um synthetischen Konsum. So ist es dann auch kein Zufall, dass ausgerechnet Thrift Shop die Hymne zum Antikonsum ist. Da wird der Spaß gefeiert, den Einkaufen und Shoppen tatsächlich macht. Aber da wird auch ganz deutlich gesagt: den Spaß kannst du auch für 99 Cent haben. Im Second Hand Laden nämlich. Gutes muss nämlich nicht zwangsläufig unendlich teuer sein. Oder auch: was viel kostet ist noch lange nicht immer gut. - Und weil dieser Spaß keine Ersatzhandlung ist, sondern weil es ganz ernst gemeint ist, genau deshalb ist der sich daraus entwickelnde Stil obendrein noch richtig cool. Geschmack kann man nicht kaufen. Und Stil hat vor allem auch was mit Selbstbewusstsein zu tun.
Ich wünsche mir wirklich, dass sich diese Bewegung noch ein bisschen weiter verbreitet. Auch wenn ich Angst habe, dass mit der Masse auch der Thrift Shop Style unerträglich und schlimm wird. Weil leere Oberfläche. Bis sich eine Masse mal traut, dem sich bereits zu Tode drehenden Konsumwirtschaftssystem einfach mal den Stinkefinger zu zeigen und das Einkaufen auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, bis dahin wird's wohl noch einige Jahrzehnte dauern - wenn es überhaupt dazu kommt.
Letzte Anmerkung an dieser Stelle: Ärgerlich, um nicht zu sagen idiotisch, ist die Tatsache, dass die GEMA mal wieder das Video auf der offiziellen youtube-Plattform von Ryan Lewis hat sperren lassen. 87 Mio Klicks weltweit – außer in Deutschland. Mir wäre das als Einrichtung echt peinlich. - Naja, die großen Labels müssen es lernen, dass sie nicht mehr allein im Zoo sind – die GEMA wirds irgendwann auch schnallen müssen. Gibt ja bereits die ersten Initiativen, die sich für ein anderes Verwertungssystem einsetzen. Da arbeitet die GEMA also grad fleißig an ihrer Selbstabschaffung.
Freitag, 1. Februar 2013
Sido: Bilder im Kopf
Jetzt muss ich mich hier also auch noch mit Sido beschäftigen. Aiaiai… das kann ja nur schief gehen.
Wer hätte vor fünf oder sechs Jahren wirklich geglaubt, dass dieser Sido, der Wilde und Ungebändigte, der Provokante, mal zum TV-Liebling wird und Mainstream-Musik macht? – Ich definitiv nicht. Und ich kann bei nahezu jeder neu erscheinenden Nummer von Sido nicht glauben, wie weit die Transformation des Herrn Würdig geht. Ok – wir werden alle älter und gesetzter. Und irgendwann ist halt der Lack ab, dann hat man keinen Biss mehr. Aber dass das schon mit 32 so sehr passiert …?
Na gut, Sido hat zum Austoben und Frech-Sein immer noch sein 23-Projekt zusammen mit Bushido. Da macht er all das, für was er auch vor 10 oder 15 Jahren schon stand: Ghetto Rap und ganz viel unpolitisch Korrektes. Als Sido – seiner eigentlichen Identität - hat er sich lieber für dieses Grundschullehrer-Aussehen und den Vertrag mit UNIVERSAL entschieden. Wahrscheinlich um zu zeigen, dass auch ein Rebell und ein Junge von ganz unten es schaffen kann. Der alte Traum: vom Tellerwäscher zum Millionär. Leider hat das schon bei good old “Jenny from the Block” nicht wirklich funktioniert. Denn dieser Sido, der da dauernd im Fernsehen auftaucht, das ist nicht derselbe, der 2004 Mein Block hoch gelobt und diesen gegen nichts anderes getauscht hätte. Konsequent wäre es gewesen, wenn Sido mit seiner Maske auch seinen abgelegt hätte. Paul Würdig – zu so einem Namen passt ein Song wie Bilder im Kopf viel besser. Sido ist da eher verwirrend.
Bilder im Kopf – das ist Mainstream-Sound. Das ist durchaus funky oder jazzy, das hat auch einen Schuss Blues. Da spielt sogar eine Gitarre mit. Herr Eißfeldt hätte seine Freude dran.
Ein bisschen ist der Sido natürlich noch der Sido von früher – klar, so ganz kann man zum Glück aus seiner Haut nicht raus. Deshalb versucht er wenigstens etwas frech zu sein und singt von seinen Haaren am Sack und ähnlichen Dingen. Glück gehabt – die Welt ist weiter in Ordnung, denn viel Schwanz und Potenz macht Typen cool. Den Biss von früher hat es allerdings definitiv nicht mehr.
Ein bisschen Angst sollten wir um Sido ganz sicher haben. Jetzt archiviert er nämlich seine Erinnerungen. Nicht nur in Songs, sondern auch in Fotoalben. Für mich sind ja solche Alben eher eine gruselige Angelegenheit und enorm albern. Da kommt nur noch das Poesiealbum dahinter. Für Sido (der, der früher Einfamilienhäuser Scheiße fand) ist so ein Poesiealbum nichts Schlimmes. Und dieses Fotoalbum hat dann sogar einen silbernen Knopf … um mal im Sido-Sprech zu bleiben: Wie schwul ist das denn?
Jetzt gibt es irgendwie zwei Möglichkeiten, warum so ein Bilderbuch für Jungs wie Sido funktioniert: Entweder er fand das schon immer ganz normal. Dann würd’ ich aber doch tatsächlich nochmal ganz anders auf seine ach so wilde Zeit schauen: war das etwa schon immer nur ein kleiner Spießer, der halt niemanden zum Spielen hatte und deshalb so aggressiv drauf war?
Oder er hat sich tatsächlich schon vollständig jedes letzte bisschen Hirn aus seinem Kopf rausgesoffen und -gekokst? Na gut, dann hatte er wenigstens ein paar Jahre ordentlich Spaß. Und dann ist es sowieso egal, weil dann ist Sido definitiv nicht mehr zurechnungsfähig.
Vielleicht ist ja aber dieses liebe und harmlose Liedchen samt Kindergarten-Video auch als ganz ernstahftes Erwachsenwerden zu werten. Sido blickt auf seine Jugendzeit zurück und wackelt ein bisschen altväterlich mit dem Kopf: “Ach, waren wir verrückte Jungs.” – Passt zum Ghetto-Rap. Der beklagt sich ja auch immer über die schlimmen Umstände und erzählt, dass die armen Jungs keine andere Chance haben als dumm rumzulabern und möglichst viel Frust aus sich rauszuballern. Brauchen wir uns ja nur Kollegah & Farid Bang anzuschauen.
Das hat der Sido nun alles hinter sich gelassen. Jetzt ist er Papa und braucht keine dicke Angeber-Show mehr. Hat ja ohnehin keiner so recht geglaubt, was er da alles von sich gegeben hat. Ist nur schade, dass es jetzt genauso ist. Der ganze Brei von Paul Würdig, das ist TV-Talkshow-Dünnpfiff vom Feinsten. Nur jetzt ist es irgendwie obendrein noch langweilig. Hmmm … da hab’ ich tatsächlich keine Minute länger Bock, drüber nachzudenken.
Bilder im Kopf ist also ein richtig großer Hit und sogar die Landeswellen für Rentner mögen den Titel und spielen ihn. Fehlt eigentlich nur noch, dass die Söhne Mannheims Sido demnächst bei sich aufnehmen. Dann wäre er mal einen Weg richtig zu Ende gegangen.
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