Freitag, 7. Juni 2013

Robin Thicke feat. T.I.+Pharrell: Blurred Lines



Ich gebe zu, seit ungefähr sechs Wochen gehört Blurred Lines zu meinen Favoriten und begleitet mich regelmäßig durch ein Stück meines Tages. Mir war sofort nach der ersten Begegnung klar: das ist ein Track, der uns den kommenden Sommer begleiten wird. Funky, eingängig und voll mit positiver Energie, ohne dabei auf Party-Happy-Scheißegal zu machen. Blurred Lines bedient sich da eher einer Art klassischer Formel. Und erlangt damit eine Art Ernsthaftigkeit oder nennen wir es auch Erwachsen-Sein, die sich im Teenie-Musikmarkt natürlich so gut wie gar nicht findet.

Der Titel reiht sich ein in eine kleine Auswahl von ähnlichen Singles. Erst letzte Woche habe ich hier Daft Punks Get Lucky abgefeiert. Da geht es ähnlich zu. Nur bezieht sich Robin Thicke weniger auf die 70er Version von Gunk sondern eher auf das was etwas später durch solche Acts wie Prince entwickelt wurde und auch im 90er Mainstream nochmal kurz auftauchte. Und da bin ich auch schon bei einem Vergleich, der sich mir ganz schnell aufdrängte. Ich dachte nämlich schon nach 30 Sekunden: diese Single hätte auch ein George Michael vor 20 Jahren veröffentlichen können.

Jetzt sehe ich schon, wie einige Köpfe fassungslos geschüttelt werden: “George wer? Der 80er Schmuseteddy?” – Ja, genau der. Neben seinen enorm erfolgreichen Balladen definierte er zwischen 1987 und 1992 mindestens ebenso erfolgreich, was sexy Popmusik sein könnte. Natürlich gab es da auch sehr viele schöne Frauen und eine Menge Unterwäsche und Haut in seinen Videos zu sehen. Ich kann mich erinnern, dass es damals schon den einen oder anderen kleinen Skandal deswegen gab.

Eine kleine Auswahl von George-Michael-Videos:

Faith - I Want Your Sex

Freedom! ’90 - Too Funky



Und vielleicht ist es genau dieser Umgang mit Erotik, Lust und Freude am Sexuellen, der tatsächlich die Verbindung zu Robin Thicke ins Jahr 2013 bildet. Denn auch Robin Thicke liebt schöne Frauen und den Sex – und zeigt das auch genauso. Prompt wurde sein Video zu Blurred Lines zensiert. Zu viel nackte Haut – zu viele Busen und zu viel weibliche Geschlechtsorgane.



Natürlich gibt es für die prüde Gesellschaft im Internetzeitalter sofort auch eine zensierte Version. Na gut, wenn die jungen Menschen so viel Angst haben vor Nacktheit, dann ist es vermutlich richtig, sie nicht zu sehr zu erschrecken. (Ich erinner' nur an dieses wahnsinnig verklemmte Video zu Lila Wolken) Dieser doch sehr verschämte Umgang mit Haut führt meines Erachtens jetzt nicht unbedingt zu einem besseren oder schöneren Sexleben. Im Gegenteil: In den vergangenen Jahren ging es beim Zusammentreffen von Mann und Frau vor allem um Party, um eine recht hohe Geschwindigkeit, jede Menge Drogen und vor allem ging es immer wieder um Bitch und Atzen.

Davon hebt sich Robin Thicke gehörig ab. Eigentlich schon eine ganze Weile. Aber es waren halt schlechte Zeiten für so einen wie ihn – der Mainstream nahm eher keine Notiz von ihm und seiner Definition von Liebes-Spiel. Jetzt aber scheint mit dem allgemeinen neokonservativen Trend auch eine Art Rückbesinnung auf so ein Gentleman-Ding zu geben, der Frauen eben ein bisschen anders begehrt, sie vergöttert und nicht so sehr über SEIN Blingbling oder mit einer Menge Alkohol und Drogen zu überzeugen versucht. Dass dieser Gentleman gleichzeitig auch ein ungeheurer Macho ist, selbstüberzeugt und auch ein bisschen selbstverliebt, das kann man an Robin Thicke ganz deutlich sehen. Ich mein’, das muss man erstmal schaffen in seinem eigenen Video mit “Robin Thicke has a big dick” aufzuwarten – egal wie tausendmal ironisch das Ganze gebrochen ist. Aber da ist der Herr Thicke schon ordentlich 90er, 80er oder noch Schlimmeres.

Ja, auch bei George Michael waren die Frauen sehr oft nackt. An der einen oder anderen Stelle tauchte allerdings auch der Sänger in erotischer Inszenierung und ohne Bekleidung auf. Das fällt Robin Thicke jetzt eher nicht ein. Was natürlich auch schade ist, denn der Herr kann mit gutem Gewissen gutaussehend genannt werden.

Im Jahr 2013 aber ein Video zu drehen, in dem die Frauen allesamt nackt herumlaufen, während die Männer sich nur im Anzug präsentieren, das würde ich schon als frauenverachtend bezeichnen. Die Frauen sind also die Sexobjekte – die Kerle haben ganz wortwörtlich die Hose an. Da sind die Wertvorstellungen ziemlich deutlich präsent und nicht verhandelbar. Schade eigentlich.

Ich glaube Robin Thicke hätte noch eine ganze Menge mehr Freude am Sex, wenn er nicht nur den starken Hengst spielen würde. Oder soll er ihn ruhig spielen, aber bitte nicht mit der Sicherheit, dass sowieso schon alles klar ist. Dann hätten auch die anderen mehr Freude, denn dann müsste das Balzritual noch ein wenig ausgefeilter sein. Da reicht dann nicht einfach der Verweis auf einen großen Schwanz – da müsste dann mindestens auch dahinter stehen: And He Knows How To Use It.



Um den Vergleich mit George Michael visuell noch ein bisschen zu untermauern, auch von Robin Thicke eine kleine Auswahl an Videos:
Sex Therapy – Lost Without You








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