Freitag, 13. Februar 2015

OMI: Cheerleader (Felix Jaehn Remix)

Es gibt doch immer wieder Dinge, die verstehe ich nicht. Obwohl es im Fall von Cheerleader gar nicht so viel zu verstehen gibt. Der Jamaicaner OMI nimmt diesen äußerst lieben Reggae-Song auf, der Hamburger DJ Felix Jaehn kommt irgendwie an ihn ran, produziert einen Deep House Remix – und schwups sind alle verzückt.

Immer noch, immer wieder ist es also Deep House. Ob das Original aus dem Reggae kommt oder Folk oder R'n'B – egal. Das ist tatsächlich immer noch ordentlich beeindruckend, dass da derzeit so ein Universalrezept besteht, welches überall drüber gekippt werden kann. Nun muss ich mich an dieser Stelle über die vorherrschende Breiigkeit der meisten Deep House-Produktionen nicht weiter auslassen – habe ich bereits ausgiebig getan: hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Wird nicht besser, wenn ich es nochmal wiederhole.

Worüber ich noch ein bisschen labern kann ist der Fakt, dass es für mich unbegreiflich bleibt, und zunehmend unbegreiflicher wird, auf welches Material die neuen DJs so zurückgreifen. Zum Beispiel Cheerleader: Ein ungemein simpler, unauffälliger und irgendwie auch langweiliger Reggea-Track. Der 30-Jährige OMI hat weder die Coolness oder den Witz eines Shaggy, noch versucht er in irgendeiner Art zeitgemäß zu sein wie es vielleicht ein Dancehall-Star wie Sean Paul in seinen besten Produktionen tut. OMI will nicht mal besonders rüde oder nasty sein. Ihm genügt einfach das zu nehmen, was da in seiner Heimat Jamaika folkloristisch wieder und wieder aufgegossen wird und lässt es ein weiteres Mal als lauschig rauschende Hörtapete veröffentlichen. Gern als Beschallung in touristischen Bars oder Hintergrund in der 1.000. Folge der Karibik-Soap xy.

OMI ist nämlich ein guter, ein Schwiegersohn-Typ. Liebheit und Angepasst-Sein als Markenzeichen. Selbst wenn er über seine sexuellen Fähigkeiten singt, benutzt er Bilder wie "I'm the wizard of dick/love and I got the magic wand." – wenn das nicht Kindergartenmärchenbuchvergleiche sind. Das findet selbst die prüdeste Mutti noch süß und hat auch gar nichts gegen einzuwenden. Denn es wiederholt und bestätigt ja nur, was ohnehin alle mitmachen: auch der süße Prinz kann nur ernst genommen werden, wenn er seiner Prinzessin mit dem Stab ordentlich Spaß bereitet. Das sollte er aber mindestens drauf haben. Sonst - Tschüß!

Und dann wäre es vorbei mit der Cheerleaderin, die einen so unterstützt und zu einem hält. Die einen bejubelt und alles diesem Mann widmet. Sie wickelt die Männer ein, nimmt Sie aus, spielt mit der komplett sexuell gesteuerten Männerwelt. Alles nur, um OMI, dem Master mit dem Zauberstab in der Hose, zu dienen. Einfältig gestrickte Vorstellung von Beziehung.



Die weichgespülte und biedere Version von Bonnie & Clyde im Club-Urlaub gefällt natürlich den Wohlstands-DJs, die sich pseudo-kreativ durch ihr angenehm flauschiges Leben langweilen. (Mr Probz hat dieses Motiv ja vor gut einem Jahr schonmal hübsch bedient) Auch sie haben ja nicht vor, die Welt zu revolutionieren – aber so richtig auf das Macker-Dasein verzichten geht auch nicht. Wie soll man sich denn da noch identifizieren, wenn jetzt alles so ins Verwischte abdriftet?

Immerhin transportiert Felix Jaehn den Song von OMI aus seiner unbestimmten Zeitlosigkeit eindeutig in die 10er des 21. Jahrhunderts. Das ist ja schonmal ein Verdienst. Und fast schon mutig: Sich zu einer bestimmten Zeit zu bekennen, sich dort verorten.

Ansonsten ist Cheerleader einmal mehr ein Hit mit Eingängigkeit, Saxophon-Sample und der Bestätigung von herrschenden Geschlechterrollen und -klischees. Musik, die sich kuschelweich an die gesellschaftlichen Verhältnisse schmiegt und nichts weiter will als sich verkaufen. Ganz schön armselig.


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