Back to basics – so machen es uns Rihanna, Kanye West und Paul McCartney gerade vor. Reduziert auf den Gesang, nur sparsam instrumentiert mit Gitarre, ein bisschen Orgel und Cello. Und dazu ein Video in schwarzweiss mit betont unglamourös gestylten Stars. Ich würde sagen: die drei haben uns etwas zu erzählen.
Und tatsächlich ist die Geschichte alles andere als lustig. Wieder mal zu lange aus gewesen, obwohl man eigentlich dachte man hat es im Griff. Oder vielleicht war es sogar genau der richtige Zeitpunkt, trotzdem sitzt da zu Haus jemand und wartet, macht sich Sorgen. Die Fragen werden zu Vorwürfen – dabei ist gar nichts weiter passiert. Oder doch? Ist es falsch, den Augenblick zu nutzen, zu genießen, sich vielleicht auch einfach mal treiben zu lassen. Kann es falsch sein, wenn es sich doch eigentlich auch nicht so verkehrt angefühlt hat?
Und so machen sich Selbstzweifel breit. Bin ich ein guter Mensch? Bin ich liebenswert? Was erwarten andere von mir? – Zum Durchdrehen.
Genau da stehen also Rihanna und Kanye West. Die eine vielleicht ein bisschen zu naiv und selbstvergessen, der andere nur eine Winzigkeit zu fordernd oder umsorgend. Bam – da kracht es zusammen und alles das, was gerade noch nach dem idealen Leben aussieht, kracht zusammen. Wie aus so einer Situation herauskommen?
Die Stärke des Songs besteht darin, dass er wirklich beim Selbst anfängt. Es vermeidet den wesentlich einfacheren Weg, der erstmal behauptet alle anderen sind doof. Und ist deshalb um sehr viel mehr existentieller und brutal. Die dicken Emotionen, welche die beiden im Video zeigen, sind darum kein bisschen überzogen. Hier geht es um alles.
Dass so ein Song es schafft, sich breit durchzusetzen im Mainstream, erscheint mir einigermaßen erstaunlich. Bislang habe ich die Masse der Popkonsumierenden nicht als besonders auseinandersetzungsfreudig oder selbstzweifelnd wahrgenommen. Klar schließt so ein minimalistischer Song nahtlos an das an, was vor zweidrei Jahren enorm präsent war. Kündigt sich hier eine neue Welle minimaler Produktionen an? Als Gegenreaktion zur überpräsenten Großraumpartyproduktion?
Oder ist es am Ende doch der Starfaktor Rihanna, der es möglich macht, dass eine vergleichsweise sperrige Produktion sich so massenhaft Aufmerksamkeit verschaffen kann?
Und wo will sie eigentlich hin, diese Superstar-Sängerin aus Barbados? Vom Partygirl zum verruchten Maneater zur bodenständigen Normcore-Ikone?
Das könnte in den nächsten Wochen und Monaten also noch ganz spannend werden.
Derweil kann ich ja noch ein bisschen weiter drüber nachdenken, was diese ganze extrem ausgestellte Normalität eigentlich noch mit Pop zu tun hat. Oder transformiert sich der Begriff im Moment und kann in der nächsten Zukunft auf zu viel Bombast gut verzichten?
Ganz ohne wird es vermutlich nicht gehen, denn auch Rihanna ist bei aller neuen Bodenständigkeit sichtbar zurecht gemacht. Inszenierte Normalität also. Durchaus ein Trend, den wir in den letzten Monaten hier schon beobachten konnten.
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