Wie Deep House auch klingen kann, habe ich in der vergangenen Woche mit Philip George erkundet. Hier kommt zum Vergleich nochmal die Variante: Ich habe keine Idee und auch keine eigene Meinung und eigentlich interessiere ich mich auch für nichts weiter auf dieser Welt, denn besser als früher kann gar nichts sein...
Natürlich tut das dem DJ Lost Frequencies unrecht. Zum einen muss er sich ja für irgendetwas interessieren, wenn er reihenweise Remixe von irgendwelchen Titeln veröffentlicht. – Vielleicht will er einfach wissen, wie universell dieser Beat ist, der da grad überall und immerzu verwendet wird. Geht der auch unter Reggae von Bob Marley? Ja, geht. Und unter Pathos-Elektro-Balladen von Moby? Ja, geht. Und unter Country von Easton Corbin? Ja, geht.
Der Unterschied zwischen den Produktionen? Naja, der entsteht zum größten Teil durch die verwendeten Samples. Wobei die Zugriffe auf Bob Marley und Moby tatsächlich noch weitestgehend vom 08/15-Muster abweichen und eine eigene Rhythmik und Dramaturgie entwickeln. Bei Are You With Me kann ich dagegen keine eigene Idee entdecken. Das ist wirklich der 1005. Aufguss des zu Tode genudelten Deep House-Konzeptes.
Zu Tode genudelt ist dabei natürlich das komplett falsche Wort. Denn dieser Sound ist laut Verkaufszahlen ja noch sowas von lebendig. Das kann man eigentlich gar nicht mehr mit normalem Verstand begreifen. Und Are You With Me ist tatsächlich die Produktion, welche Lost Frequencies bekannt gemacht hat. Völlig zu unrecht. Denn – und da wäre ich bei dem zweiten Grund, warum es vielleicht etwas zu vorschnell ist Lost Frequencies einfach so als Dudelkasper abzutun – ein paar hübsche Ideen finden sich wirklich in der schon ganz ansehnlichen Sammlung von Produktionen des jungen DJs.
Vielleicht sollte er einfach nur nicht auf solche Dancefloor-Labels hören, die vor allem nach der größtmöglichen Massenkompatibilität suchen. Denn eigentlich hat der Junge sogar richtig Geschmack. In einem (leider ganz schlimmen und belanglosem) Interview mit focus.online gesteht Lost Frequencies, dass er auf Flume steht. Wie geil ist das denn! – Jetzt braucht er also nur noch genügend Mut, seine Vorlieben und Interessen auch konsequent durchzusetzen. Statt Are You With Me hätte er darauf bestehen müssen, dass die Feelings EP zum Hit gemacht wird.
Hätte, sollte, könnte – ist alles nicht passiert. Also schauen und hören wir uns an, womit sich Lost Frequencies jetzt in der Musikgeschichte verewigt.
Eine nostalgisch-romantische Geschichte. Ein Mix aus Weltraum-Märchen und ländlicher Romanze. Eine auf 60s gestylte Lady schaut einem 80er Jahre Space-Shuttle-Start zu. Und der abstürzende Astronaut hat im letzten Augenblick seines Lebens das Bild von seiner Geliebten am Steuerpult. Das ist mal Kino!
Ein Lana del Rey-Rückblick mit Science Fiction-Versatz. Wohlgemerkt: Vergangene Science Fiction. Bloß keine Visionen oder Ideen für die Zukunft. Soll alles schön so bleiben wie es ist. Und mich möglichst banal deprimiert hinterlassen.
Ich mag diese Haltung nicht. Und habe vermutlich genau deshalb Probleme mit dieser Art von Musik. Dieser vollkommene Rückzug ins Selbstmitleid, diese passive Erduldungshaltung, das traurige Schulterzucken verursachen die Welt, so wie sie heute ist. Immer nur das nochmal reproduzieren, was schon vorhanden ist, was wir kennen. Keinen einzigen Versuch unternehmen, etwas anders zu machen. Immer nur sich einreden, dass es sowieso keine Alternative gibt. Alles wird immer so bleiben wie es schon immer war.
Leute – ihr baut euch euer eigenes, winziges Lebensgefängnis. Viel Spaß da drin!
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