Was muss oder kann man überhaupt noch über Ed Sheeran erzählen? Vielleicht, dass er gerade zusammen mit Macklemore & Ryan Lewis einen Track veröffentlicht hat. Und so einmal mehr bewiesen hat, was für ein großartiges Gespür er hat für spannende Koproduktionen. Erst Hoodie Allen, jetzt also Macklemore & Ryan Lewis – solch eine Experimentierfreude würde man sich mal von deutschen Singer/Songwritern wünschen. Na gut, da gibt es ja auch schon einige echt schräge Kombinationen, nur sind die meist mit weniger coolen Ergebnissen zu Ende gegangen.
Der neue Song heißt Growing Up und erzählt über das Gefühl Vater zu werden und Vater zu sein. Und schließt fast nahtlos an den Titel (bzw. das Video) an, der/das gerade allerorten von Ed Sheeran zu hören ist: Photograph.
Es ist bereits der vierte Song vom Album X, der es als Solo-Single zu anständiger Popularität bringt. Und ich frage mich auch ein wenig: Was ist eigentlich das Faszienierende und Tolle an diesem Sänger. In den allermeisten Fällen reagier ich ja völlig allergisch auf diese stillen, gern auch romantisch-nachdenklichen Liedermacher, die ihre Gefühlswelt mit Gitarre begleitet vor uns ausbreiten. Eigentlich müsste ich also bei Ed Sheeran-Songs kotzen. Tu ich dann aber doch nicht. Irgendwas haben die Lieder, dass ich es doch aushalte, anhöre und manchmal sogar mag.
Zunächst ist das vor allem die Person Ed Sheeran selbst. Das ist ein Mann, dem ich auf der Straße begegnen könnte, der sich nicht mit Hut und Hippie-Jacke verkleiden muss und auch nicht so tut, als sei er der Ultraheld mit seiner Gitarre. Er ist vor allem sympathisch, weil er viel zu oft alberne Dinge macht und sogar über sich selbst lacht. Gleichzeitig aber seine Geschichten absolut ernst erzählt. Ich sehe ihm zu, wie er vor dem Mikrofon sitzt oder steht und merke: Das meint der jetzt genau so, das hat er erlebt.
So ist es auch bei Photograph. Gespickt mit eigenen Kindheitsvideos erzählt es davon, was eine Fotografie bedeuten kann. Wie wir unsere Gefühle auf ein kleines Stückchen Papier projizieren. Und wie diese zerknitterten 10x13 cm zu einem Heiligtum, zu einer Erinnerung und vielleicht auch zu einer Art Wunde werden können. Das ist in ganz einfachen und verständlichen Worten wiedergegeben, was auf unzähligen und endlosen Seiten in Ästhetiktheorie über den Fetisch des Abbildes geschrieben wurde. Braucht man alles gar nicht lesen um es zu wissen.
So wie Ed Sheeran es schafft ganz philosophische Gedanken in einfache Geschichten zu packen, so verfährt er auch mit seiner Musik. Bei Photograph steht als Autor dann auch ein Johnny McDaid, bekannt von Snow Patrol auf dem Cover und als Produzenten werden Jeff Bhasker und Emile Haynie genannt, die sich üblicherweise in HipHop-Gefilden herumtreiben. Da sind wir dann wieder bei den Kooperationen und gegenseitigen Einflüssen, welche die Songs von Ed Sheeran beeinflussen und ergänzen. Oder die Ed Sheeran nimmt und für sich interpretiert. Da steckt viel drin in den scheinbar einfachen Melodien und Liedern von ihm.
Nun ist Photograph tatsächlich seit dem Erscheinen des Albums einer der beliebtesten Tracks von allen und hat es als Einzeldownload immer wieder in die deutschen Charts geschafft. Wir müssen uns aber nichts vormachen und an dieser Stelle feststellen, dass der Song vor allem richtig erfolgreich wurde durch den Anfang Juni veröffentlichten Remix von Felix Jaehn. Was dieser Mann anfasst, das wird ihm sofort aus der Hand gerissen, egal was es ist.
Für mich klingt der Photograph-Remix einigermaßen uninspiriert. Ja – bisschen Marimbaphon und bisschen Streichersauce wurde noch zum DeepHouse-Beat gerührt, aber überzeugt mich das? Ich behaupte einfach mal: Felix Jaehn hat irgendwo mitgekriegt, dass Photograph ohne allen Schnickschnack schon am besten funktioniert und hat dann aus Respekt vor dieser Leistung auf jegliche weitere Bearbeitung verzichtet. Ob's so war, kann man ihn ja bei Gelegenheit mal fragen.
Für Ed Sheeran bleibt nach diesem Softwaschgang ein bisschen der Eindruck, dass seine Stücke vermutlich immer eine DJ-Variante brauchen um zum Über-Hit zu werden. So war es mit I See Fire und so scheint es auch mit Photograph zu passieren. Auch wenn diese Bearbeitungen den Originalen nicht unbedingt immer gut tun.
Glücklicherweise zeigt sich der Sänger selbst von all diesen Dingen relativ unberührt.
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