Freitag, 15. April 2016

Mark Forster: Wir sind gross



Kürzlich bei der bräsigen ECHO-Verleihung, es ist schon fast Schluss, zum Glück, da tritt ein junger Mann auf und es ist weder eine umwerfende Bühnenshow notwendig noch ein besonders manirierter Auftritt, er singt einfach sein Lied, es ist nicht mal besonders griffig – und trotzdem kriegt sogar der Mensch neben mit mit: "Der ist ja völlig über allem, was da heute zu sehen war."
Mark Forster schafft es mit einem durchschnittlichen Auftritt soviel Qualität und Präsenz auf die Bühne zu bringen, dass ich die Mehrheit der in den letzten zwei Stunden aufgetretenen ECHO-Gewinner*innen sofort vergesse und ernsthaft denke "Geht doch!"

Das macht die Show nicht besser und die Mehrheit der deutschsprachigen Produktionen auch nicht, aber es zeigt: Erfolgreiches Liedgut aus Deutschland muss gar nicht grenzdebil oder supervereinfachend sein. Das kann schlau sein, lebensnah modern und kein bisschen überheblich. Woran liegt das?

Vielleicht daran, dass mit Mark Forster jemand Songs macht, der keine Angst hat, über seine Gefühle auch noch ein bisschen nachzudenken. Wenn es mir jetzt gut oder schlecht geht, warum ist das dann so? Und war gestern nicht komplett anders? Warum eigentlich? Ich bin doch der selbe Mensch?

Mark Forster gibt keine Schwarzweiß-Antworten. Wenn er in Wir sind gross seinem übermütig euphorischen Glücksgefühl Ausdruck verleiht, dann folgt als zweiter Satz sofort: "Gewinnen alles und gehen K.O."
Kein Oben ohne Unten. Kein Superheld ohne normale Menschen. Keine Liebe ohne Gegensätze.



Diesen Mut muss man erstmal haben. Den bringen derzeit sehr wenige auf. Einfache Erklärungen gehen den meisten leichter über die Zunge. Leider nicht nur im Schlager- und Rap-Geschäft.

Umso erstaunlicher ist, dass es Mark Forster trotzdem zu ordentlichem Erfolg bringt. Menschen sind nicht einfach nur doof und stets hechelnd auf der Suche nach der nächsten Dröhnung. Gut zu wissen.

Spannend wird, was aus dem Song und aus Mark Forster wird, da Wir sind gross gerade zum Themensong der Fußball EM auserkoren wurde. Wird er den Dauereinsatz überleben? Wird er gleich seinen nächsten Nr.1-Hit verbuchen? Und vor allem: Was macht er danach?

Im besten Fall schafft er es mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Oder von gewaltigen Höhen aus den Sichtkontakt auf die Zurückgebliebenen nicht zu verlieren. Wir sind gross lässt da einiges erwarten.

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