Freitag, 22. Juli 2016

GALANTIS: No Money



Ich weiß auch nicht, was alle Welt nur an diesen Katzen findet. Und da meine ich gar nicht die unselig vielen Katzenvideos auf allen möglichen Portalen. Oder vielleicht doch auch.

Mittlerweile ist die Katze nicht mehr einfach nur Trash oder Kinderzeug, sondern sogar popkulturell geadelt. Erstmal war es die Musikplattform napster, die sich so ein Fellvieh als Logo gab. Dann kam das eher im Underground beheimatete Electro-House-Label Suara auf die Idee, seine Releases allen Ernstes mit Katzengesichtern zu schmücken. Und seit gut zwei Jahren treibt sich außerdem ein schwedischer Dance-Act herum, der sich völlig dem Katzenwahn hingibt. Warum nur?

Immerhin, Galantis geben sich wenigstens Mühe, aus dem Katzentier noch was künstlerisch Verziertes zu machen. Das kann dann schon mal wie eine Orchidee aussehen oder an ein abstraktes Muster erinnern. Aber mal ehrlich: Katze bleibt Katze.

Wenn ich also schon die Covergestaltung nicht verstehe, das Video ist noch eine Nummer härter. Da sind dann also lustige Katzen- und Tierbemalungen kombiniert mit Kindergesichtern. Aua aua aua. Geht's noch debiler?



Jedes Pokémon Go-Dings ist cooler als dieses Video. Wer hat den beiden Musikern das eigentlich eingeredet? Oder wurden sie gar nicht erst gefragt?

Klar, das reiht sich ganz gut ein in die Kinderkram-Videos von Easy Love (Sigala) bis Changes (Faul & Wad Ad vs. Pnau). Das Glorifizieren der Kindheit ist gesellschaftlicher Konsens. Siehe auch Please Tell Rosie (alle farben feat. YOUNOTUS). Gesichtsbemalungen zelebriert auch DJ Snake mit seinem Video zu Middle...

Wahrscheinlich zielt auch eine Reihe dieser Produktionen nach wie vor auf die Pubertierenden als Zielgruppe. Schon ganz schön selbständig, aber immer noch ordentlich verspielt und kindisch – mit putzigen Tieren kann man hier ordentlich punkten und Geld machen.

Oder sind die Produzenten der genannten Hits allesamt völlig überfordert vom Erwachsensein? Vermissen Ihre Unbeschwertheit. Oder haben Angst sie zu verlieren, weil um sie rum alles so ernsthaft zugeht. Kein Platz mehr für verspielten Zeitvertreib.

Was erzählt denn die aktuelle Produktion No Money so ganz ohne Inszenierung? Da höre ich eine ordentlich überdrehte Stimme, die auch ganz gut einem Kind gehören könnte. Reichlich laut erklärt Sie: Vergiss es, von mir kriegst du nichts. Und selbst wenn du mich zur Strecke bringst, da ist nichts zu holen. Und übrigens steh' ich auch allein wieder auf.

Das klingt schon ganz gut nach Selbsbefreiung: Lasst mich alle in Ruhe. Ich mach' mein Ding allein.
Oder auch: Hört endlich auf mit dem Betteln. Ich kann auf eigenen Beinen stehen und für mich selbst sorgen.

Das wäre dann mal tatsächlich eine politische Botschaft, die unverblümt Kritik an unserer Gesellschaft übt. Da geht es ja permanent drum sich zu engagieren, sich einzubringen, zu spenden, für andere da zu sein. Nur für einen selbst ist vielleicht grad nichts übrig.

Die Bilder aus dem Video machen's dann doch ein bisschen deutlicher: das sind nicht die Rich Kids, die sich da vor lauter Langeweile verkleiden. Das sind eher die, die sich durch reichlich rauhe Umgebungen kämpfen müssen und die nicht ganz so viel Fun in ihrer Kindheit hatten. Das fordern sie hier endlich mal ein. Unter anderem mit Tierbemalungen. Die Katze ist dabei nicht nur das süße Kuscheltier. Die zeigt vor allem auch ordentlich ihre Krallen. Vorsicht also vor dieser albern aussehenden Guerilla!

Das wär' mal eine Interpretation mit der ich was anfangen kann. Und die sogar einen gewissen Coolness-Faktor hat. Also mit dem Dance-Sound einigermaßen mithält. Der ist vielleicht nicht das völlige Non-Plus-Ultra, aber für eine Produktion, die es in den Mainstream schafft und mittlerweile sogar bei Service-Wellen erklingt, für so eine Produktion ist das Ergebnis jetzt nicht mal die allerschlimmste Variante.

Da bin ich also schon fast versöhnt mit No Money – kann man schonmal machen.
Katzen find ich trotzdem voll daneben.

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