Freitag, 1. Juli 2016

IMANY: Don't Be So Shy (Filatov & Karas Remix)



Krass finde ich es jedesmal wieder, wenn sich Vorurteile völlig bestätigen. So simpel funktioniert also die Welt? Menschen geben sich so schnell mit dem zufrieden, was sie sind, schaffen es nicht oder trauen sich vielleicht auch nicht irgendeine Art von Eigenheit zu erzeugen. Für mich völlig unverständlich.

So geschehen kürzlich bei Imany und ihrem Hit Don't Be So Shy. Der läuft also in irgendeinem Zusammenhang und ich denke: Ui, das ist aber absolut russische Strandparty. Das hab ich ja zuletzt 1987 in Rumänien erlebt.
Und nur wenig später erfahre ich: Die Produktion stammt von zwei russischen DJs namens Dimitry Filatov & DJ Karas.

Boah – das tut mir jetzt aber wirklich leid. Ich mein, russische Pop-Musik, da gibt es doch bestimmt mehr als seicht-angepasste Dudelsoße vom Straßen-Imbiss. Wenn es wenigstens ordentlich kitschig-schwülstig wäre. Oder auch Eurotrash à la Verka Serduchka. Aber nein, es macht auf französisch-inspirierte Disco. Voyage Voyage hat hier wahrscheinlich Pate gestanden. Und Joe le Taxi. Obwohl – genaugenommen hatten diese Hits ja wenigstens noch den Mut, so etwas wie eine eigene Interpretation mitzubringen. Oder eine Idee davon.
Beim Remix von Dont Be So Shy denke ich nur die ganze Zeit: Hoffentlich kommt jetzt nicht noch Chris Rea um die Ecke.

Da kann dann auch Sängerin Imany gar nichts mehr retten. Vielleicht hat sie eine ausdrucksstarke Stimme. Vielleicht kann sie Nuancen betonen und hervorzaubern, die mich berühren könnten. Weiß ich alles nicht. Will ich nach diesem Remix auch gar nicht mehr wissen.

Diesen Song höre ich, wenn ich völlig betrunken bin und mir tatsächlich egal ist, was da gerade läuft. Da könnte auch Peter Maffay oder Männer aus den Boxen quellen. Da schwinge ich bei allem mit und schunkel ein bisschen. Da kuschel ich auch mit Bekannten, mit denen ich sonst maximal ein Bier trinken gehe.

Da hat Imany also wirklich keinen besonders cleveren Griff getan. Schlimm ist vor allem, dass sie gleich mehrere ihrer Songs an das russische Duo zum Aufputzen gegeben hat. Am Ende werden alle Aufnahmen mit dem selben Modern-Talking-Beat unterlegt und unterscheiden sich kaum noch. Da ist dann Don't Be So Shy sogar noch der auffälligste Track.

Spannend könnte es höchstens sein, zu ergründen, warum Filatov & Karas so stromlinienförmig daherkommen. Ist das eine Eigenschaft der aktuellen russischen Pop-Kultur: bloß nicht anecken, schön auf belanglos machen, oberflächliche Unterhaltung ohne einen Funken von Selbstironie, von Kritik ganz zu schweigen, alles gern auch mit Pseudo-Luxus aufgepeppt ... Inszenierte Selbstversicherung: Uns geht es doch gut, was brauchen wir mehr, wir sind die besten der Welt. Selbstgenügsamkeit pur.

Und das ist das eigentlich Langweilige an diesem Remix: er genügt sich völlig selbst. Er setzt sich weder mit dem Originalmaterial auseinander noch schafft er irgendeine spannende Synthese von verschiedenen Zugriffen.
Dass sich so viele Menschen damit begnügen und anfreunden können, ist irgendwie auch traurig.

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