Freitag, 10. März 2017

Burak Yeter Ft. Danelle Sandoval: Tuesday



Wenn ein türkischer DJ die Top 10 der deutschen Charts erreicht, dann ist das schon was Besonderes. Bisher haben nicht so viele türkische Musiker eine solch breite Aufmerksamkeit in Deutschland erreicht. Tarkan Ende der 90er und dann noch der deutsch-türkische DJ Mousse T zu ungefähr der selben Zeit. Und das wars dann auch schon. Bis heute. Denn seit ein paar Wochen tobt Tuesday mit Coolness über die Dancefloors und spült den DJ Burak Yeter in die Verkaufscharts und zu kommerziellen Erfolg.

Allerdings hat der Mann auch eine Weile gebraucht, um diesen Glücksgriff zu landen. Seine bisherigen Produktionen waren eher sehr durchschnittliche Ware. Nicht unbedingt schlechte Produktionen, nur eben nicht besonders auffällig oder mit einem eigenen Zugriff. Das ist bei Tuesday komplett anders. Der Beat, der einen gleichzeitig antreibt und trotzdem arg gebremst daherkommt, kombiniert mit einem Gitarrenriff und sehr dezent eingesetzten Bläsersätzen. Und dann kombiniert Burak Yeter eine laszive Frauenstimme mit männlichem Falsettgesang. Gewagter Kitsch.

Das Ganze geht aber doch gut auf, weil es in dieser Reduziertheit verharrt. Kein weiterer Schmalz, kein Pomp, kein zusätzlicher Trommelwirbel. Nach den tobenden Stadiongewittern von David Guetta, AVICII und Calvin Harris und dem esoterisch-verklärten Deephouse bzw. superromantic TropicHouse wirkt diese Variante von elektronischer Tanzmusik fast schon minimal. Ein paar französische Acts wie FEDER oder The Avener haben das in den letzten Jahren bereits erfolgreich ausprobiert – könnte sein, dass sich der Sound nach Tuesday noch ein bisschen mehr durchsetzt.

Das Video geht ähnliche Wege. Es nimmt die bekannten Bilder von leicht bekleideten, tanzenden Frauen, schickt die aber durch den technischen Störfilter. Die zur Schau gestellte Körperlichkeit ist damit zwar immer noch vorhanden und explizit, aber sie ist nicht einfach nur Vordergrund. Sie muss sich eben auch zerhacken lassen, als Erinnerung (oder Traum?) aufblitzen, sie rückt zumindest ein paar Zentimeter ins Unreale. Ob dieser Zugriff weniger sexistisch ist, wage ich zu bezweifeln - zumindest von der totalen Verfügbarkeit der Bilder rückt es ein wenig ab.



Bleibt mir am Ende nur noch übrig eine atmosphärische Nähe zu KALEO's Way Down We Go auszumachen. Völlig anderes Genre, völlig andere Zielgruppe - und trotzdem spüre ich auch dort diese Gebremstheit. Auch dort geht es nicht um das wilde Hinausschreien, Ausleben, sondern eher um das Hinauszögern, den Genuss des schaurigen Gefühls davor, den Kitzel vor der Eruption. Und der kann am Ende sogar noch viel besser sein als der winzige Moment in dem man alles zerkloppt. Das könnte ich jetzt natürlich schön überhöhen so von wegen: neues Erlebnis des Zeit-Vergehens - das verlängerte Spüren des im-Moment-Seins... Oder ich zieh mir noch mal Tuesday rein.

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