Freitag, 2. Februar 2018
Drake: God's Plan
Es sind gut anderthalb Jahre vergangen seit der kanadische Rapper Drake wie ein Blitz den Nerv der Musikkaufenden in Deutschland und aller Welt mit One Dance traf und sich so als einer der heißesten Acts des nordamerikanischen Kontinents etablierte. Das strahlt irgendwie bis heute aus. Und so ist es fast schon kein Wunder, dass in diesem Moment einer seiner neuen Songs zum ersten wirklich neuen Hit von 2018 wird.
Wobei es da schon auch eine kleine Schrägheit zu beobachten gibt. Genau genommen ist nämlich God's Plan nur im Bundle mit Diplomatic Immunity zu haben – so behaupten es jedenfalls die offiziellen Mitteilungen. Scary Hours nennt sich die Mini-EP (früher hieß so ein Zwei-Titel-Ding Single), die da seit 19. Januar erhältlich ist. Und natürlich ist es wie in früheren Zeiten: Ein Song setzt sich durch, steht in den Listen und die B-Seite interessiert eigentlich keinen. Obwohl auch das wieder nicht der vollen Wahrheit entspricht: In den USA bringt es Diplomatic Immunity parallel bis auf Platz 7 – auch in der Schweiz und Österreich hat dieser Song einige Fans gefunden. Nur in Deutschland - da gelten mal wieder gesonderte Regeln und der Titel, der da offiziell in den Charts landet ist God's Plan.
Was den Track so unwiderstehlich und einmalig macht? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Genaugenommen ist es die 1:1-Fortsetzung seines Albums More Life. Gewohnt entspannter Beat, Lyrics und Rhymes mit einem winzigen Vocoder-Effekt drauf, das Ganze auch ein bisschen vernebelt – das tuckert im besten Fall schön als Hintergrundmucke durch die Spielzimmer der Nation.
Und ja, auch die Lyrics sind dann näher besehen nichts anderes als Durchschnittsgelaber: Es gibt Leute, die wollen mir nur Schlechtes – mir egal, ich schaff's auch ohne fremde Hilfe. Liebe? Eigentlich liebe ich nur mich selbst (mein Bett - haha) und meine Mami...
Is schon immer wieder krass, wie sehr die harten Jungs – ob sie nun StraßenHipHop oder weichgespülten Mainstream-Raop machen – immer wieder und nur auf ihre Mami abfahren. Familie – das ist das große Ideal. Mami – das ist die einzige und perfekte Frau. In so einem Umfeld ist nicht viel an Freiheit möglich. Vor allem ist es nach außen hin reichlich feindselig. Alles was nicht Familie und Mami ist, das hat keinen Wert, das ist im schlimmsten Fall sogar bekämpfenswert, weil es zum Beispiel das kleine beschauliche und beschützte Leben durch seine irgendwie andere Existenz bedroht.
Bei Drake ist die Familie ein klein bisschen größer definiert. Im Video feiert er seine schwarze Community. Das sind seine Brüder und Schwestern. Da kommt er her. Und weil er um die Scheiß-Lebensbedingungen weiß, spendet er mal kurzerhand knapp 1 Million Dollar.
Das ist natürlich ein ziemlich geiler Vermarktungstrick, der auch ans Herz geht. Im Supermarkt können seine Bros und Sis endlich mal einpacken, was sie wirklich begehren, die Kids kriegen alle ein hübsches Spielzeug und in der Shopping Mall gibt es Gutscheine. Ja, es geht auch ein bisschen nachhaltiger – wenn Drake sein Geld der high School gibt, dann ist es vielleicht nicht schon nächste Woche alles verbraucht. Dennoch, es bleibt zu befürchten, dass diese Aktion nur ein kurzes Glück nach sich zieht.
All das lässt sich natürlich auch an anderen Spendenaktionen kritisieren. Deshalb muss ich hier mit Drake auch nicht allzu hart ins Gericht gehen. Zumal im Zusammenhang mit der Aktion der Text des Tracks doch nochmal eine ganz andere Bedeutung bekommt. Statt auf die Rettung durch Gott zu warten oder sich in ein vermeintliches Schicksal zu ergeben, nimmt Drake mal einfach die Sache selbst in die Hand. Und fordert damit auch alle auf, die da gerade auf der anderen Seite sitzen und auf Almosen angewiesen sind: Packt die Zustände selbst an, kümmert euch, wartet nicht auf den Retter – und in diesen Zusammenhängen ist der Verweis auf Familie und Verwandtschaft nochmal anders zu lesen. Als Gemeinschaft, egal ob durch Gene oder von außen definierte Zugehörigkeit bestimmt, ist man stärker als beim Einzelkämpfertum.
Drake macht mit seiner Aktion also auch deutlich: Dieses eine Mal kann ich euch helfen – um dauerhaft die derzeitigen Zustände zu ändern, müsst ihr aber schon selbst aktiv werden. Mehr als eine Starthilfe kann die Unterstützung von Außen nicht sein.
Und wartet bloß nicht auf Gott. Oder einen Popstar.
Das ist mal wirklich einigermaßen klug.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen