Freitag, 26. Juli 2019

KC Rebell & Raf Camora:
Neptun



Blau schimmert er vom Cover, der Eisplanet Neptun. Von der Erde aus ist er mit bloßem Auge nicht zu sehen. Neptun ist also so etwas wie ein nicht vorhandener Ort. Synonym für Weite und Unendlichkeit. Zumindest wenn man sich ein bisschen für Astronomie interessiert.

Dann weiß man auch, dass Neptun außerordentlich kalt ist. Und da kommt vermutlich der Link her, warum KC Rebell & Raf Camora den Videoclip zu ihrem Track Neptun auf Island haben drehen lassen. Da ist es auch schön kalt. Und Regisseur Shaho Cassado darf sich ausnahmsweise mal an Naturbildern versuchen, statt an urbanem Großstadtjungle. Heraus kommt ein Clip nah am Reader's Digest-Stil. Unterlegt mit fast melancholischem Sound. Und unweigerlich denke ich an den Track der letzten Woche. Da waren KC Rebell und Raf Camora dann doch einen Tick zu langsam. Wahrscheinlich reicht es deshalb auch nur bis zu Platz 2.



Zudem erinnert die Hook ''Trink bis mein Herz nicht mehr weh tut'' sehr an das Thema von Tilidin. Die deutschsprachige Rap-Gilde leidet offenbar flächendeckend an Seelenschmerz. Die isländische Vulkanlandschaft steht als Sinnbild dafür: wunderschön, schwer zu erreichen und unglaublich rauh bis lebensfeindlich. Kein Ort für ein wirklich entspanntes Leben.

Ironischerweise ist diese Lebensleere wesentlich verursacht von dem Lebensstil, der doch so verheißungsvoll schien. Den die Recken so angehimmelt haben. Nun landen die Helden langsam auf den Boden der kapitalistischen Tatsachen: Geld macht nicht glücklich. Auch wenn es so viele schöne Dinge möglich macht. Kohle und Luxus verändern die Welt dafür auf ganz andere Art: Freunde sind nicht mehr gleich Freunde. Jeden Tag Party ist auch nur langweiliger Alltag. Wie kommt man aus diesem Teufelskreis eigentlich raus?

Für KC Rebell ist die Lösung: "Droppe noch zwei Alben und dann Kamikaze und feier' bis zum Tag, an dem ich nicht mehr da bin"
In den 1980ern hatten die Nach-Punks einen ähnlichen Slogan: "Verschwende Deine Jugend" - Ist vielleicht keine Lösung aber durchaus konsequent.

Raf Camora geht ein bisschen einen anderen Weg. Er hat bereits angekündigt, dass er sich aus dem Scheinwerferlicht des Pop-Raps zurückziehen will. Als Superproduzent im Hintergrund agieren und so ganz andere Freiheiten haben um das gute Leben zu genießen. Ist also auch möglich. Und endet hoffentlich nicht im spießigen Vorort irgendeiner Großstadt so wie bei anderen Rappern.


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