Freitag, 19. Juli 2019

Samra x Capital Bra:
Zombie



Ein bisschen haben Samra und Capital Bra sich vorgenommen, jetzt möglichst viele Nummer 1-Hits rauszuhauen. Strategisch gut platziert erscheint also mindestens alle drei Wochen eine neue Produktion vom anstehenden Album Berlin lebt 2. Aktuell Zombie.

Das ist nach dem schwarz-verzweifelten Tilidin ein wesentlich weinerlicher Track. Erinnert schon ganz schön an die eher schlechten Selbstmitleid-Hymnen von KC Rebell oder (noch schlimmer) MoTrip. Sogar sentimentale E-Gitarren-Harmonien werden eingesetzt. Und es auch hier geht es wieder um Drogen.

Wenn man will, kann man auch ein bisschen auf die Lyrics hören und vielleicht entdecken, dass dieser Track noch ein härterer Abgesang auf das schöne, schnelle Leben ist. Wie gewohnt konsequent in der Ich-Perspektive erzählt - natürlich frage ich mich unweigerlich: wie autobiographisch ist das jetzt? Sind die beiden wirklich so drauf und dieser Track die große Einsicht? Oder ist es der Abgrund, in den sie schonmal blicken, weil sie wissen, dass es für sie keinen anderen Ausweg gibt?

In dieser Atmosphäre der Ausweglosigkeit hat das Geständnis an die Mama "Ich bin ein Junkie" fast schon etwas Bemitleidenswertes. Wie abgrundtief muss man gestürzt sein, um der geliebten Mutter, der Heiligen, die doch über alles steht, zu sagen: Vergiss es, dein Sohn hat es zu nichts gebracht.

Natürlich tragen Samra und Bra das wie richtige Männer. Da wird heldenhaft gelitten und verklärt. Es gibt keinen Ausweg - ich habe mich zu diesem Leben entschieden und deshalb führe ich es so zu Ende. Man kann das ruhig auch pathetisch nennen.

Und völlig lebensfern. Denn natürlich gibt es immer einen Ausweg. Ich kann mich zu jedem Zeitpunkt entscheiden: Nein, das was ich hier grad mache ist Scheiße. Und ich kann umkehren, abbiegen, aussteigen. Dazu gehört allerdings eine andere Größe als die, vor den vermeintlichen Freunden und Kumpels das Gesicht zu wahren. Dazu gehört der Mut, einen Fehler einzugestehen. Oder sich selbst auch zu sagen: So wie es bisher lief war es daneben.

Das ist aber eine viel weniger kinotaugliche Geschichte. Stories, die mit dem totalen Absturz enden, klingen viel heroischer. Das Leben davor sieht viel schillernder aus. Und für diesen Spaß lohnt es sich schonmal, die Verantwortung zu übernehmen. Immerhin das: Aufrecht stehen zu dem Bockmist, den man verzapft hat - eine Eigenschaft, die auch nicht so selbstverständlich ist.

Wie schon gewohnt, erzählt der VideoClip mit seinen Bildern eine komplett andere Geschichte. Die beiden lassen sich zwar in abgeranzten Hochhausfluren und Kellern ablichten - und trotzdem sind sie die stolzen Macker. Posieren auf Luxusschlitten, hampeln sich einen ab und ziehen genußvoll den drogengeschwängerten Rauch ein. Dass, was textlich vielleicht als Reue rüberkommen könnte, wird hier noch mal ordentlich konterkariert: Rausch lohnt sich in jedem Fall. Und alle die was anderes behaupten sind Loser.



Es liegt auf der Hand, dass der Spaß irgendwie wertvoller scheint, wenn dahinter das tiefe Loch klafft. So musst du erstmal drauf sein: Genießen in der Gewissheit, dass dies dein letztes Mal sein könnte. Allerdings finde ich diese Jammerattitüde dann doch eher ätzend. Um seine Vergangenheit toll zu finden, muss man sich erstmal vergewissern, dass es jetzt gleich zu Ende ist ...

Da macht mir der selbstverliebt arrogante Luxus-HipHop aus Bietigheim-Bissingen irgendwie doch mehr Spaß. Genuss bis zum Abwinken. Egal, was danach kommt.

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