Als Superstar ermittelt zu werden heißt nicht unbedingt auch tatsächlich zum Popstar zu werden. Zumindest musste das Brian Melo erfahren, als er vor fünf Jahren die kanadische Version von Idols (entspricht so ziemlich dem, was hier DSDS heißt) für sich entschied. Nach einem Hit (Platz 11 in den kanadischen Charts) und einer nachgeschobenen Single war es dann schon fast aus für ihn. Das heisst, er produziert und singt weiterhin, nur eben der versprochene Erfolg, das Vergöttert Werden, das stellte sich nicht recht ein.
Nun ist in Kanada generell die Hysterie um Casting Formate wesentlich geringer als hierzulande oder in Britannien. Nach der sechsten Staffel im Jahr 2008 wurde die Show sogar abgesetzt. Richtig bitter dürfte es für den Gewinner aber sein, dass die damals Drittplatzierte nun zum internationalen Pop-Sternchen geworden ist. Carly Rae Jepsen hat nämlich im vergangenen halben Jahr mit ihrem Titel Call Me Maybe die USA, Neuseeland, Britannien und nunmehr auch Europa überzeugt. In Deutschland erschien die CD zwar irgendwie erst ein paar Wochen verspätet – oder vielleicht waren es in den anderen Ländern auch nur die Digitalkäufe, die den frühen Charteintritt bewirkten – aber nun ist der Titel da angekommen, wo er sich auch in allen anderen Ländern befindet. In allen Ohren und in allen Hitparaden. Nur beim Radio-Airplay läufts noch nicht so richtig gut, was enorm seltsam ist, denn einen geeigneteren Radiosong als Call Me Maybe gibt es doch eigentlich gar nicht.
Und damit wären wir auch schon beim Problem des Titels. Ja, das ist schon ordentlich eingänger Pop, eine nette Geschichte und auch ganz schön instrumentiert. Der Einsatz der Streicher ist zwar nicht explizit aufregend neu, aber im Brei der elektronisch überproduzierten Bass-und-Dance-Hits doch schon richtig angenehm. Im Radio klingt er allerdings zwischen den größten Hits aus den 80ern und 90ern und natürlich von heute dann doch ein klein wenig farblos. Oder anders gesagt: was genau macht den Titel eigentlich zu einem aus dem jahr 2012?
So wie der Sound ist auch die Geschichte schöner und einfacher Pop. Nicht mehr, nicht weniger. Carly ist angetan von einem Jungen/Mann und kann kaum an sich halten, als sie endlich ihre Telefonnummer an ihn los wird. Natürlich heißt es erstmal vorsichtig “Ruf mich an, wenn du magst”. Realität für Teens und Twens – immer wieder aufregend, immer wieder auch mehr oder weniger lustig (zumindest wenn man sich 15 Jahre später daran erinnert wie kompliziert man sich das immer gemacht hat). Normalität in ein hübsches Liedchen gepackt.
Das Video inszeniert das Ganze dann allerdings wirklich clever. Von Beginn an ist die Story mit einem Schmunzeln gedreht. Carly Rae Jepsen ist sich auch nicht zu schade die Autowaschnummer zu drehen, zu verulken und trotzdem nicht völlig zum Clown zu werden. Das ist schon eine schöne Leistung. Wenn am Ende, der von ihr angebetete hübsche Junge von nebenan seine Nummer dem Gitarristen ihrer Band gibt, dann ist klar, das wir uns im Jahr 2012 befinden. Ich würd sagen, vor 15 oder 20 Jahren wär das so nicht gedreht worden.
Überhaupt die Vermarktung per Video. Mittlerweile gibt es auf allerlei Videoplattformen Spin Off’s und Coverversionen nicht nur von Fans, sondern auch von solchen Stars wie Justin Bieber, Selena Gomez oder Katy Perry. In Deutschland sind solche Versionen ja häufig sehr schnell geblockt, in diesem Fall hat sich aber UNIVERSAL gedacht, dass sie lieber nicht ihre Anwälte und die GEMA auf die Jagd schicken. Wäre ja auch eine ziemliche Einbuße an Werbung, denn das ist klar: Wenn man erstmal all die Varianten und Versionen angesehen hat, dann spätestens hat man auch das Hit- und Spaß-Potenzial des Songs begriffen.
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