Freitag, 17. August 2012

Max Herre Feat. Philipp Poisel: Wolke 7

Irgendwie war ja Max Herre schon immer einer von den Guten. Und das war (und ist) auch anstrengend. So Menschen, die wissen was richtig und falsch sind. Und das dann auch noch permanent erzählen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum sich Max Herre zwar einen ganz guten Namen verdient hat, auch ganz anständig Alben verkaufte, aber mit einem richtigen Pop-Hit klappte es nie.

Nun ist natürlich auch Deutschland ein Markt, auf dem intelligenter Pop oder Musik mit (womöglich sozialkritischem) Inhalt fast gar nicht funktioniert. Es sei denn, er ist christlich verbrämt wie bei Xavier Naidoo oder Adel Tawil.

Im Jahr 2012 nun scheint irgendetwas anders zu sein. Max Herre kündigt ein neues Album an, betitelt Hallo Welt!, und wie im Business üblich gibt’s kurz vorher eine Single-Auskopplung, in diesem Fall Wolke 7. Und diese Single entwickelt sich tatsächlich zum Hit. Was läuft da eigentlich falsch?

Nun ja, da gab es ein Jahr 2011, in welchem eine ganze Schar von jungen Singer Songwritern aus Deutschland wie aus dem Nichts erschienen und eine Menge Menschen für ihren Sound begeistern konnten: Tim Bendzko, Andreas Bourani, Mark Forster … und eben auch Philipp Poisel. Gemeinsam ist diesen Sängern, dass sie auf das große Trallala lieber verzichten, sich als poetisch-einfühlsam inszenieren und in ihren Geschichten über das Gefühlsleben ihrer Generation singen. Und eigentlich nur über das. Damit kann eigentlich jede etwas anfangen. Das ist irgendwie komplex, aber nicht zu sehr wie all der andere Quatsch um uns rum. Und das kommt auch nie in den Verdacht zu politisch oder gesellschaftspolitisch zu sein, denn das ist ja eher uncool. Also beschäftigt sich diese Generation (wie eine ganze Menge Generationen zuvor auch schon) mit sich selbst. Das ist in Ordnung.

Im Fall von Max Herre bedeutet das allerdings auch, dass er so ein klein wenig auf das verzichtet, was irgendwie auch sein Markenzeichen ist. Zumindest in diesem einen Song. Da geht es wirklich nur noch darum, dass alles zu viel ist, da geht es auch um Zweifel und Versagensängste. Und es gibt keine wirklichen Antworten. “Ich schließe die Augen” – das ist das Credo. Für einen Mann, der kurz vor seinem Vierzigsten steht, klingt das fast schon ein bisschen nach Midlife Crisis. Damit’s aber nicht zu sehr zu einem Middle of Age-Drama wird, hat sich Max Herre ganz schlau Philipp Poisel zur Seite genommen. Und schon ist klar: diese Probleme und Ängste, die haben wahrscheinlich alle Menschen, egal wie alt.



Das Ganze ist in einen lauschigen Popsong gepackt. Der dudelt ganz schön auch im Hintergrund umher. Da kann ich mitsummen und muss gar nicht so sehr auf den fragenden Text hören. Auch in deutsch lässt sich gut der Verstehen-Modus ausschalten. Ob ich diese Eigenschaft als Qualität beschreiben möchte – immerhin erreicht Max Herre so ja eine Menge Leute, die ihn nie und nimmer freiwillig angehört hätten – das weiß ich noch nicht genau. Irgendwie treibt mich der Argwohn, dass man mit Beiläufigkeit niemals ernsthaft Fragen stellen kann. Aber das wird die Zeit zeigen.

Warum ich Wolke 7 dann tatsächlich beeindruckend finde, liegt an einer Coverversion, die seit ein paar Tagen ihr Unwesen im Internet treibt. Joel Brandenstein und Umut Anil haben den Song von allem Schmus befreit. Ein einfaches Klavier begleitet die beiden und plötzlich höre ich auf, nebenbei abzuwaschen, Auto zu putzen, in Zeitschriften zu blättern. Ein Titel, der solch eine Intensität entwickeln kann, kann gar nicht verkehrt sein.






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