Freitag, 10. August 2012

r.i.o. FEAT: U-JEAN: Summer Jam

Nein, ich verstehe immer noch nicht, warum r.i.o. so erfolgreich sind. Und ich weiß auch immer noch nicht, was das Duo Peifer/Reuter an diesem Typen namens U-JEAN findet. Wahrscheinlich hat das alles miteinander zu tun.

Was dieses Gespann ausmacht ist ein unglaublich konservativer, ich würd schon fast sagen spießiger Blick auf unsere Gesellschaft. Die Frauen in dem Video scheinen nur aus Hintern und Brüsten zu bestehen. Sie wackeln und schwenken mit diesen wie in einem sehr billigen und öden Soft-Porno. Oder eigentlich nicht mal das. Das Ganze könnte die Nachtschleife von so einem Sender wie eurosport sein. Erotisch jedenfalls ist anders. Die ziemlich einfallslosen Bewegungen sind dabei gar nicht mal das Schlimme, sondern dass diese Frauen um einen Typen herumspringen und diesen offensichtlich sexuell beglücken wollen. Dabei ist Rapper U-JEAN alles andere als ein Sexsymbol. Das ist ein völlig durchschnittlicher und langweiliger Typ, so wie er zu Tausenden an jeder Ecke rumsteht und sich nicht traut, die Angebetete anzusprechen. Denn obendrein ist U-JEAN ja auch noch ein richtiges Milchreisbübchen. Der hat noch nicht so viel in seinem Leben erlebt. Weil er nichts mit seinem Leben anzufangen weiß und auch sonst keine Ideen hat, wird er erstmal Marine. Kommt nach Deutschland (da soll's ja richtig abgehen ...) und quittiert dann auch ganz schnell den Dienst um sich im Dance-Business rumzutreiben. Als Front-Rapper scheint's irgendwie zu funktionieren. Allerdings bleibt's auch da eher halbgewalkt. Niemandem weh tun, nichts wirklich meinen … eigentlich will er doch nur spielen.

Und am liebsten spielt er den Kuschelbären. Das Video bebildert also sehr schön seine Fantasie. Eine ziemlich schlimme und traurige. Denn Mr. U-JEAN ist wahrhaftig der einzige Mann, der sich hier zeigt. Er und sein Harem also. Er, der superpotente Hengst. Allerdings ordentlich verschämt. Denn wenn es ihm um Sexualität ginge, dann würde er mit seinem Geschlechtsteil mindestens genauso freizügig herumschlackern wie die Frauen in seinem Video. Coole Acts wie LMFAO tun das und sind sich keineswegs zu schade, als Volltrottel rumzuspringen. Und damit entgehen sie dem Vorwurf des Sexismus, denn sie degradieren Frauen nicht zu Lustobjekten ohne eigenen Willen.



Aber das was U-JEAN da tut, ist natürlich enorm einfach. Muss man nicht nachdenken, macht man einfach so wie es schon immer war. Hat ja hunderte Jahre gestimmt: Frauen sind keine vollwertigen Menschen. Sie sind da, um dem Mann zu dienen und zu erfreuen. – 19. Jahrhundert. Mindestens. Gähn!

Zu dieser Einfallslosigkeit im Video passt hervorragend die Musik. Das, was da passiert, macht sich nämlich auch keinen einzigen Moment Gedanken, wie es mit aktueller Dance-Musik weiter gehen könnte. Es kopiert einfach Bestehendes und nudelt es zu Tode. Deswegen gibt es auch gar nicht so viele Unterschiede zu r.i.o.’s großem Hit aus dem letzten Herbst Turn This Club Around. Aber letztendlich haben das r.i.o./cascada noch nie anders gemacht. Lohnt sich also nicht, hier noch einen weiteren Versuch des Zerpflückens zu unternehmen.


Zu sagen wäre vielleicht noch, dass Summer Jam natürlich jedem und jeder bekannt ist. Das Original von The Underdog Project entwickelte sich im Jahr 2000 zu einem ganz veritablen Hit in Deutschland. Und drei Jahre später konnte es in einer Remix-Version sogar europaweit nochmal punkten. Genau genommen waren die Geschlechterklischees auch damals schon die selben und genauso schlimm. Frauen stehen da und wackeln mit ihren Brüsten, Männer sind coole Machos mit großen Autos und Surfbrett – langweilig! Aber wenigstens hatte die musikalische Produktion einen gewissen Schmiss. Da wurde ordentlich 2Step und 80er-Jahre Scratching miteinander verwoben, das war auf eine Art schon originell. Oder zumindest nicht ganz gewöhnlich.

Das Video allerdings ist unerträglich in noch einer Hinsicht. Es zelebriert den unsäglichsten Miami Vice-Stil, der aussieht als würde der Titel aus dem Jahr 1991 stammen … Das war auch im Jahr 2000 schon bescheuert.



Also: die Melodie gehört vermutlich in die Rubrik “Moderne Klassiker” – mit dem Erfolg der neuen Version sowieso. Der Text ist glücklicherweise meist nicht vollständig zu verstehen. Und das Video … vergesst es einfach. Da schenke ich euch lieber einen Remix ohne jede Visuals.






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