Freitag, 24. August 2012

Taio Cruz: World In Our Hands

Was macht diesen Mann eigentlich so erfolgreich? Und hier meine ich erfolgreich im ganz schnöden kommerziellen Sinne. Seit zwei Jahren wird er in Deutschland vermarktet, neun Singles hat er in dieser Zeit veröffentlicht, acht davon gingen in die Top 10 der deutschen Verkaufscharts. Was genau macht alle so verrückt nach ihm?

OK, das ist ein ordentlich glatt gebügelter Typ. Mama wäre froh den als Schwiegersohn in ihrem Haus zu haben. Allerdings sind Schwiegermütter nicht unbedingt die Hauptkäufer von Musikprodukten. Eher sind’s die Töchter zwischen 12 und 18. Und die finden Taio Cruz ultimativ cool?

Als ich World In Our Hands zum allerersten Mal gehört habe, war ich sofort genervt. Eine öde Hymne mit “Oho-hoho-ho-ho”-Refrain. Bombastisch aufgeblasener Sound und Dance-Fanfaren als Signal. Laaaangweilig!
Als der Titel dann in einer 5 s-Variante permanent durch die Olympia-Berichterstattung des ZDF waberte, hat sich genau diese Hookline auch in meinem Kopf festgesetzt. Der Sound ist nicht besser – nein – aber er ist durch ständige Wiederholung in mein Hirn implantiert. Ich könnte das auch psychologische Kriegsführung nennen.



Und so wie mir geht es natürlich tausenden anderen Fernsehzuschauern auch. World In Our Hands mausert sich also zum Hit. Das ist nun nichts Besonderes. Wie schon erwähnt, Taio Cruz hat in den vergangenen zwei Jahren schon eine ganze Menge an Hits abgesetzt. Neu ist, dass World In Our Hands diesmal die gesamte Familie erreicht. Bisher waren die Reaktionen eher so: Taio wer? – Jetzt dürfte auch der letzte Familienvater wissen: Taio Cruz, das war doch der mit dem Olympiahit. Mittlerweile wird der Popstar ja sogar nach Usedom geflogen, um dort für den Familiensender ZDF aufzutreten. Nun kann man den Auftritt albern finden oder mäßig in Szene gesetzt. Künstlerisch nicht besonders wertvoll. Wenn dann die Kamera übers Publikum schwenkt, dann wird die ganze Tragik des Sängers klar. Komplette Familien von Kleinkind bis Oma stehen von ihren Sitzen auf und klatschen mit. Das ist jetzt wirklich nur noch zwei Stufen entfernt vom Auftritt im Einkaufspark oder zur Autohaus-Eröffnung.

Wahrscheinlich wollte Taio Cruz ja niemals die ältere Generation erschrecken. Oder irgendwie rebellieren. Seine Version von Freiheit besteht im endlosen Durchfeiern, eindeutig vorgeführt mit Hangover. Vielleicht lässt sich ja auch trotz drittklassiger Auftrittsmöglichkeiten ein Leben mit Champagner und schnellem Auto führen. Sehr wahrscheinlich braucht man genau dann auch die Flucht in’s völlig sinnfreie Vergnügen. Da wird Herr Cruz irgendwie mit sich selbst klar kommen müssen. Aber wer nicht viel will, der hat vermutlich auch keine Probleme, von anderen verramscht zu werden.

Und da sind wir bei einem Thema, welches bei Taio Cruz ziemlich auffällig ist. Die Art, wie er von seinem Label vermarktet wird. Im Dezember 2011 erschien im deutschsprachigen Raum sein Album TY.O. Ich würde sagen mit mäßigem Erfolg. Platz 28 in Deutschland, Platz 36 in Österreich, Platz 15 in der Schweiz. In den wichtigen Märkten Großbritannien und USA dagegen wird als Veröffentlichungstermin Dezmber 2012 genannt. Warum denn das? Deutschland als Testmarkt?

Abstrus auch, dass World In Our Hands nur in Deutschland als Single erschien. Wahrscheinlich auf Betreiben des ZDF. Das dann auch gleich mal die komplette Promotion übernimmt. Woanders als dort im Sender ist der Titel nämlich nicht zu finden. Ein Video gibt es zwar, aber erhältlich nur auf dubiosen Kanälen. Jedenfalls veröffentlichte UNIVERSAL nicht mal auf der Künstler-Homepage entsprechendes Material. Was probiert das Label hier eigentlich aus? Ob es auch ohne youtube und Konsorten Hits produzieren kann? – Vereinzelt: Ja. World In Our Hands ist der Beweis. Musikmanager und –promoter werden das Beispiel künftig fleißig hervor zerren, wenns drum geht Videoplattformen weitere Fesseln anzulegen. Ich fürchte allerdings, dass die breite Vielfalt von solchen Aktionen weniger profitiert. Wieviel Olympia-Songs lassen sich in Dauerrotation einsetzen? Und wird dann künftig jeder Hit nur noch mit einem Ereignis verbunden sein?

Für mich ist das eine ziemlich gruselige Version. Musik ist nichts anderes mehr, als ein Promotion-Tool. Ein paar Manager entscheiden, was ich gut zu finden habe. Und alle machen mit. Ich weiß natürlich nicht, wie ihr tickt. Mich nervt das ordentlich. Und deshalb ruf ich an dieser Stelle auf: Kids, lasst euch nicht verarschen! Und lasst euch nicht erzählen, wie es zu sein habt! Ihr habt selber einen Kopf und selber Ohren. Hört und kauft das, was euch wirklich gefällt! Meinetwegen auch Taio Cruz.







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