Sonntag, 4. Januar 2015

Andreas Bourani: Auf anderen Wegen

Dieser Titel hat ganz schön lange gebraucht um sich so richtig durchzusetzen. Zumal wenn man bedenkt, dass Andreas Bourani gerade mit Auf uns einen satten Nummer 1-Hit einfahren konnte. Aber das hat noch nicht ganz gereicht. Da brauchte es erst die Teilnahme am Bundesvision Song Contest – zumindest war das schonmal ein Meilenstein. Aber eigentlich war es doch jetzt erst die Unterstützung durch Helene Fischer und ihre Weihnachtsshow, die Auf anderen Wegen auch wirklich bis in den letzten Haushalt gebracht hat.

Nun ist er also wirklich angekommen in der deutschen Popglitzer- und Glamourwelt. Und es gefällt ihm sichtlich. Er hat weder Probleme bei Campinos eher rock-orientiertem Band Aid 30-Projekt mitzumachen, noch im ZDF zur besten Sendezeit für die deutsche Rest-Familie aufzutreten.

Das ist ihm natürlich alles nicht zu verdenken – wer würde nicht seinen Erfolg auskosten?
Ehrlich gesagt, fallen mir dann doch die einen oder anderen Namen ein, die sich jetzt nicht unbedingt so bedenkenlos an alles verschenken, was sich so anbietet. Ist also Andreas Bourani nichts weiter als populärer Schlager, nur mit nicht ganz so flachen Texten?

Einiges spricht dafür. Bei Auf uns war schon ein gehöriger Hang zur Verkürzung und Massenkompatibiltät festzustellen, Auf anderen Wegen verzichtet wohltuenderweise auf solche Momente. Und ist dennoch ein schnell eingängiges Lied.
Es erzählt die Geschichte eines Paares, das sich auseinander gelebt hat. So etwas kommt vor. Das stellt auch Andreas Bourani fest. Es ist nichts Schlimmes dabei, auch wenn es traurig ist. Sich gegenseitig den Raum zu geben, den man zum Leben benötigt, das zeugt von Respekt und Liebe. Und so behält er die schönen Zeiten im Herzen ohne mit Gewalt an Vergangenem festzuhalten. – Eine sehr schöne, anrührende und auch kluge Geschichte.

Das passt nun aber gar nicht ins Schlagergeschäft. Und ich möchte fast schon die Versöhnungspfeife ausgraben und ihm seinen Auf uns-Ausrutscher vergeben. Er kann es doch: Klug und poetisch sein, eingängig und trotzdem einfühlsam, Pop mit etwas mehr Grips.

Aber dann gucke ich mir das Video zum Lied an und die Zweifel erwachen wieder. Ist er wirklich so toll, dieser Mann?
Er kann es sich leisten, sein Video auf Island zu drehen. An einem der schönsten Orte der Insel in Vík. Aber warum muss es dort sein? Weil die Landschaft so schön ist? Weil sich die Reynisdrangar so gut im Hintergrund machen? Weil die Wellen so hervorragend dramatisch an den schwarzen Lavastrand schlagen?
Das hat alles nichts mit seinem Lied zu tun. Das alte Fischerdorf in dem er als Tourist einem Tischler bei seinem Handwerk hilft als Gleichnis für den melancholischen Neubeginn nach einer beendeten Beziehung? Uiuiui…



Mag sein, dass es nach einer erfüllten und glücklichen Beziehung erstmal gut ist, sein Leben aufzuräumen, quasi von vorn und neu zu beginnen. Aber was wird das bewirken? Dass einem nicht noch einmal so ein Verlust, so ein Schmerz passiert? – Vermutlich kaum.

Ich bin also ratlos angesichts der Kombination dieser Bilder – auch wenn sie wirklich wunderschön sind und Kim Frank einmal mehr sein Gespür für eindrucksvolle Einstellungen bewiesen hat. Für mich ist diese Zusammenstellung beliebig. Das kann man jetzt postmodern nennen. Aber auch diese schöne (und irgendwie auch schon ordentlich altertümlich klingende) Beschreibung ändert nichts daran, dass dieses Nebeneinander all das stört, was an Poesie in den Einzelteilen vorhanden ist.

Einem ernstzunehmenden Künstler sollte das eigentlich nicht passieren.
Insofern sind die immer wieder auftretenden Ungereimtheiten bei Andreas Bourani vielleicht doch ein Zeichen dafür, dass er noch nicht wirklich seinen Weg gefunden hat. Das muss nicht zwingend schlimm sein: Ob nun das Video 100% passt oder nicht – egal. Ob nun Helene Fischer ein Duett mit ihm singt oder nicht – ist doch auch witzig, man muss nicht alles so verbissen sehen. Der Andreas führt einfach schön vor, was heute alles möglich ist und geht…
Aber es könnte gut sein, dass morgen auf der Welle des Erfolgs Frei.Wild anruft und eine Tourneebegleitung ucht, oder Heino hat mal wieder die Idee zu einem nächsten Cover-Ausflug, oder Bushido möchte gern einen Werbeclip für die Bundeswehr drehen und sucht einen Partner ... wird Andreas Bourani dann auch – bedenkenlos wie er sich bislang präsentiert – einfach dabei sein?

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