Freitag, 8. Mai 2015

Sarah Connor: Wie schön du bist

Und damit ist sie zurück. Ein bisschen hat sie schon vor gut einem Jahr geübt. Oder getestet. Bei der Sing meinen Song-Show. Die recht unerwartet zum Publikumserfolg wurde und nicht nur die komplette Songsammlung als Album sondern tatsächlich auch einzelne Interpretationen zu kleinen Tageshits machte. Sarah Connor erlebte so ein unerwartetes Comeback. Denn wer hätte denn wirklich geglaubt, dass sie es nochmal so richtig in die Charts und in unsere Aufmerksamkeit schaffen könnte.

Ja klar, Fernsehshows der C-Sorte und trallalla. Das hat sie ja irgendwie schon immer gemacht. Sich vermarkten. Und ihr Privatleben. Da konnte man großzügig auch einfach weiterzappen. Ob da nun CC Catch sitzt oder Sarah Connor - who cares?

Ein bisschen waren wir alle auch froh, dass die 00er vorbei waren und damit irgendwie auch die Hoch-Zeit dieser Frau, die sich in enorm kurzer Zeit zu einer der erfolgreichsten deutschen Sängerinnen hochgearbeitet hatte. Denn irgendwie blieb an Sarah Connor immer auch so etwas B-Promihaftes kleben. Egal wie viele Nr.1-Hits sie ablieferte und wie viele Alben sie auch verkaufte – richtig ernst genommen haben sehr viele sie nicht. Und so kam es uns eigentlich ganz gelegen, dass sie sich in den letzten vier...fünf Jahren nicht mehr so sehr ins Musikgeschäft gedrängelt hat.

Aber tot Gesagte leben eben doch länger. Und es war wirklich überraschend und ein bisschen unglaublich, dass Sarah Connor da in dieser Bergbretterbude mit Xavier Naidoo und Andreas Gaballier plötzlich Lieder auf deutsch zum Besten gab. Das war an sich schon eine schräge Kombination, die jedes Recht auf besondere Erwähnung in den Jahresbüchern gehabt hätte. Aber dann war die Interpretation obendrein auch noch glaubhaft, nahezu sympathisch. Das, was ihr mit ihren Schaut-in-mein-Leben-Soaps nie so richtig hingekriegt hat, das funktionierte 2014 plötzlich auf Anhieb.
Der ganze, schreckliche Inszenierungslack, der immer ordentlich an ihren Auftritten klebte, war plötzlich wie weggewischt. Oder zumindest nicht mehr so wichtig oder vordergründig. Und offenbar hat das nicht nur den Zuschauenden Freude gemacht, sondern auch der Sängerin selber. Denn das neue Album kommt plötzlich genauso direkt und unvermittelt daher, sogar auf deutsch: Muttersprache. Entsprechend ist die vorab auf den Markt geworfene Single eben auch ein deutsches Liedermacherballadenstück: Wie schön du bist.

Ob ich das wirklich mag, weiß ich nicht. Zumindest kommt es aber bei sehr vielen Menschen gut an. Das ist auch kein völliger Zufall. Deutsche Balladen mit emotionalem Text haben schon eine ganze Weile Konjunktur. Neu ist hier maximal, dass es mal eine Frau ist, die sich auf der Gefühlswelle durch den sparsam begleiteten Song treiben lässt.

Natürlich erfindet Sarah Connor das Genre überhaupt nicht neu. Im Gegenteil. Sie knüpft an wohlbekannte und erfolgreiche Vorbilder an. Silbermond/Juli/Rosenstolz – von allen finden sich Versatzstücke wieder in der aktuellen Veröffentlichung. Ob es die treibenden und sehr vordergründigen Drums sind, die das Lied dann glücklicherweise nicht in der Romantik-Sauce belassen, sondern ihm einen schönen rockigen Ton geben, oder ob ich mich beim Timbre der Stimme urplötzlich an AnNa R. erinnert fühle – hätte ich nicht gewusst, dass dieser Song von Sarah Connor ist, ich hätte es auch nicht ohne Hilfe erkannt.

Das ist für mich das eigentlich Überraschende an Wie schön du bist. Ich hätte nie erwartet, dass Sarah Connor so grundsätzlich auf das verzichtet, was sie irgendwie auch groß und erfolgreich gemacht hat: Glatte, ein bisschen schmalzige und viel poplastigere Produktionen.

Respekt habe ich tatsächlich vor der Konsequenz, mit der die Sängerin diesen Imagewechsel betreibt. Deutsche Texte, Konzentration auf Inhalte, Bodenständigkeit und Direktheit – das sind die neuen Beschreibungen, die ich hier aus der Schublade ziehen würde. Und diese treffen vermutlich ganz gut auch auf eine Stimmung, die sich weiter und weiter durchsetzt. Weg vom Bling Bling Luxus der 00er hin zu den eher normalen 10ern. Das kann auch Pop sein.


1 Kommentar:

  1. PS: Der Vergleich zu Rosenstolz ist gar nicht so verkehrt. Peter Plate hat sowohl am Text mitgewirkt und ist auch als Komponist genannt.

    AntwortenLöschen