Die Deep House Acts, die nicht aus Deutschland kommen, haben es irgendwie schwer sich tatsächlich hierzulande zu etablieren. Ob nun The Avener oder Klingande oder Faul & Wad Ad oder gar Klangkarussell – so richtig wurde es nach ihren einmaligen Riesenerfolgen nichts mehr mit eingängen Sounds und Melodien. Ein wenig Aufmerksamkeit von den ganz fanatischen Lounge-Abhängern und das war's.
Mit dem Norweger KYGO scheint es tatsächlich etwas anders zu laufen. Gerade noch war er mit Firestone einer derjenigen, die die kalten Wintertage vergessen ließen, schon legt er nach mit beinahe identischem Konzept und schafft es doch wieder sich ganz vorn in die Gunst der Musikkaufenden zu bringen.
Stole The Show heißt das aktuelle Werk, das derzeit aus doch recht vielen Lautsprecherboxen schallt. Und irgendwie ist es auch eine clevere Mischung aus dem musikalischen Einstieg in das Gewinnerlied des Eurovision Song Contests und dem Panflöten-Vorgänger von KYGO selbst. Bedeutet positiv ausgedrückt: Der Produzent bleibt sich treu. Mit böser Zunge könnt ich auch schreiben: Dem fällt grad nichts Neues ein.
Ja - diesen Eindruck werde ich nicht los. Zumal ich den Einsatz von Panflötenklängen beim ersten Mal zwar noch ungewöhnlich und anders empfand. Je mehr ich diesen jedoch ausgesetzt bin umso unangenehmer wird es. Der Klang liefert doch immer auch eine ganze Menge an Bedeutungen mit sich, die ich jetzt nicht so 100% im Jahr 2015 gut finden will: Die unberührte, ursprüngliche Natürlichkeit des Klangs, irgendwie ja auch eine gewisse Sorglosigkeit und Naivität. Immerhin steht dieser Sound in totalem Kontrast zum Text. Da geht es um den Abschied, die Angst vor der Zeit nach dem Ruhm, dem Spaß. Das Ganze gepackt in einen Vergleich mit Theater oder Kino: Gerade war es alles noch Superheld und Glamour, aber jetzt ist der Punkt gekommen, wo die Zuschauer den Saal verlassen, die Masken fallen und die kalte Wirklichkeit sich zeigt, die alles andere als glamourös ist.
Auch eine recht fatalistische Weltsicht, die sich hier eröffnet. Genieße diesen letzten Moment des Erfolgs, des Glanzes – immerhin: Für dieses eine Mal haben wir es gerockt.
Wie schon am Anfang beschrieben, KYGO scheint es ja mehr als einmal hinzukriegen, insofern ist diese Geschichte alles andere als autobiographisch. Jetzt können sich all die Superstars von heute also ganz fix mal einen Rat bei dem DJ und Produzenten abholen, wie man das so macht, mit dem Ruhm umgehen ohne zu sehr darauf zu vertrauen. Vielleicht ist es genau diese Herangehensweise, diese irgendwie auch demütige Art, die das Überleben im Pop-Geschäft ermöglicht. Nichts und niemand kann den Erfolg garantieren, nach jedem Auftritt im gleißenden Scheinwerferlicht beginnt es wieder bei 0. Wer kümmert sich schon um die Hits von gestern?
Das alles aufs Leben bezogen könnte einem ganz schön Angst machen. Oder auch verdeutlichen, das Erfolg und Ruhm nur Momente sind, die sicher schön und erstrebenswert scheinen, aber alles andere als der einzige Sinn des Daseins sind. Eine Art Hinweis auf die Normalität und Banalität des Alltags. Und das ist dann vielleicht auch der Punkt, an dem die arglos naiven Panflöten eine komplett andere Form von Glück versinnbildlichen. Ergib dich in die Situation, in die du gerade hineingeworfen wurdest. Woanders ist auch doof.
Für mich keine Option, die ich in Betracht ziehen möchte – ein Leben ohne den ganzen Folklore-Kram von "So war das schon immer und so wird es immer sein" gefällt mir eindeutig besser. Aber das dürfen natürlich alle selbst entscheiden, in welchem Kontext sie sich wohler fühlen.
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